Einen Sonderfall stellt die außerordentliche Kündigung {Kündigung, außerordentliche} wegen mangelhafter Leistungen dar: Der Auftraggeber ist in diesem Fall nicht zu Abnahme der mangelhaften Leistung verpflichtet. Die Fälligkeit des Werklohns ist dennoch gegeben – jedenfalls in der Höhe des Werts der Leistung –, da dem Auftragnehmer ja kein Recht mehr zusteht, die Abnahmereife durch Mangelbeseitigung herbeizuführen (vgl. BGH BauR 2006, 1294, 1296).
Da die Abnahme von grundsätzlicher Bedeutung ist – siehe Abnahmewirkungen –, empfiehlt es sich, die Abnahme gewissenhaft vorzubereiten und durchzuführen. Sie sollte – auch wenn die förmliche Abnahme nicht notwendig ist (hierzu später) – schriftlich dokumentiert werden. Besonders unter Nachweisgesichtspunkten ist dies zu empfehlen, da es insbesondere bei späterem Streit problematisch werden kann.
Es ist darauf zu achten, dass zur Durchführung der Abnahme im Grundsatz nur der Auftraggeber berechtigt ist (siehe hierzu auch
Abnahmebefugnis). Planende und bauleitende Architekten, Sachverständige oder andere für den Auftraggeber am Bau beteiligte Personen sind nicht ohne besondere Vollmacht zu Abnahmen berechtigt. Erklärt ein nicht bevollmächtigter Vertreter des Bauherrn die Abnahme, treten die Abnahmewirkungen nicht ein. Es muss also geklärt werden, ob die Person, die die Abnahme erklären soll, auch dazu bevollmächtigt ist. Im Zweifel sollte sich der Auftragnehmer eine schriftliche Vollmacht vorlegen lassen, wenn es sich nicht um den Auftraggeber handelt. Er darf sich nicht einfach auf die Bevollmächtigung verlassen.Auch sollten die Unterlagen, die der Auftragnehmer dem Auftraggeber bei der Abnahme vorzulegen hat, vollständig sein. In der Praxis sind fehlende Unterlagen ein häufiger Grund für eine Abnahmeverweigerung (Beispiel: Dokumentationsunterlagen).
Ausdrückliche – formlose – Abnahme
{Abnahme, ausdrückliche}
VOB/B-Vertrag
Hierfür enthält § 12 Abs. 1 VOB/B eine Regelung. Demnach ist der Auftraggeber verpflichtet, nach Fertigstellung des Werks auf Verlangen des Auftragnehmers binnen zwölf Werktagen eine formlose Abnahme zu erklären. Da bei der formlosen Abnahme kein Abnahmeprotokoll {Abnahmeprotokoll} gefertigt wird – sie ist ja schließlich formlos –, bestehen allerdings Nachweisprobleme hinsichtlich während der Abnahme des Werks gemachter Mangelvorbehalte. Es ist also immer zu empfehlen, ein schriftliches Abnahmeprotokoll zu fertigen. Es gilt: Wer schreibt, der bleibt!
BGB-Vertrag
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch § 644 Abs. 1 BGB. Kommt der Auftraggeber seiner Pflicht zur Abnahme – Hauptpflicht des Auftraggebers – nicht nach, gerät er in Gläubigerverzug. Dies hat zur Folge, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung des Werks auf den Gläubiger übergeht. Die Vorschrift des § 644 BGB ist durch das neue Bauvertragsrecht, welches zum 01.01.2018 in Kraft getreten ist, unangetastet geblieben.
{Abnahme, behördliche}
Die behördliche Abnahme ist nicht mit der rechtsgeschäftlichen Abnahme zu verwechseln, sie ist von ihr unabhängig. Bei der behördlichen Abnahme geht es einzig und allein darum, ob das Bauvorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften in Einklang steht. Sie führt gerade nicht dazu, dass zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer irgendwelche Abnahmewirkungen eintreten. Sie wird auch nicht vom Auftraggeber, sondern von der zuständigen Behörde vorgenommen. Oftmals herrscht in der Praxis die Ansicht, die behördliche Abnahme führe dazu, dass im Verhältnis Auftraggeber zu Auftragnehmer das Werk ebenfalls mangelfrei abgenommen werden müsse bzw. als mangelfrei zu betrachten sei. Es können ja keine Mängel gegeben sein, da die Behörde ja abgenommen hat.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Die anerkannten Regeln der Technik {Anerkannte Regeln der Technik} werden von der Baubehörde nicht geprüft. Es geht bei der behördlichen Abnahme lediglich darum, die Vereinbarkeit mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu überprüfen. Die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften schließt jedoch das Vorliegen anderer – gravierender – Mängel nicht aus.
Wird allerdings eine vorgeschriebene behördliche Abnahme nicht durchgeführt, kann dies einen wesentlichen Mangel des Werks darstellen, der zu Recht zur Abnahmeverweigerung des Auftraggebers führen kann.
Die Notwendigkeit einer behördlichen Abnahme richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften der Landesbauordnungen – also nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
Um Missverständnissen oder Problemen vorzubeugen, sollte der Auftragnehmer bereits im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung prüfen, welche behördlichen Abnahmen vorgeschrieben sind bzw. durchgeführt werden müssen. Sonst besteht die Gefahr, dass behördliche Abnahmen zur Fälligkeitsvoraussetzung {Fälligkeitsvoraussetzung} in den jeweiligen Bauverträgen gemacht werden, die von den Behörden im Nachhinein gar nicht durchgeführt werden. Streit ist vorprogrammiert, insbesondere wenn sich während der Bauphase das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verschlechtert.
{Abnahme, fiktive}
Die fiktive Abnahme ist in der VOB in § 12 Abs. 5 VOB/B geregelt. Gemäß § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B ist die Abnahme erfolgt, wenn keine Abnahme verlangt wird und zwölf Werktage nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung abgelaufen sind. Es muss also eine abnahmereife, fertiggestellte Leistung {Leistung, abnahmereife} gegeben sein, die Fertigstellung {Fertigstellung} muss schriftlich angezeigt sein, und es darf kein ausdrückliches Verlangen nach einer Abnahme i. S. v. § 12 Abs. 1 VOB gegeben haben. Die Zusendung der Schlussrechnung kann als konkludente Fertigstellungsmitteilung {Fertigstellungsmitteilung} angesehen werden (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1997, 842; BauR 2011, 118).
Der Auftragnehmer sollte neben der Schlussrechnung {Schlussrechnung} eine gesonderte schriftliche Fertigstellungsmitteilung versenden. Es empfiehlt sich die Schriftform, um im Streitfall besser Beweis führen zu können. Wer schreibt, der bleibt!
Eine fiktive Abnahme liegt auch dann vor, wenn der Auftraggeber eine abnahmereife Leistung in Gebrauch genommen hat. Wird keine Abnahme verlangt und ist nichts anderes vereinbart, gilt die Leistung nach Ablauf von sechs Werktagen als abgenommen. Von einer fiktiven Abnahme kann nicht ausgegangen werden, wenn der Auftraggeber die Abnahme berechtigterweise – ausdrücklich – verweigert. Hier hat der Auftraggeber seinen entgegenstehenden Willen eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Gemäß § 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B gilt die Weiterführung der Arbeiten für sich noch nicht als Abnahme. Beginnt der Generalunternehmer also nach Fertigstellung des Rohbaus mit dem Innenausbau, liegt darin noch keine Abnahmefiktion {Abnahmefiktion} gem. § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B vor. Auch bei der fiktiven Abnahme müssen Mängel vorbehalten werden. Dies muss spätestens zwölf Werktage nach schriftlicher Fertigstellungsmitteilung oder sechs Werktage nach Inbenutzungnahme {Inbenutzungnahme} erfolgen (§ 12 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 VOB/B). Zwar ist der Vorbehalt nicht formgebunden. Es empfiehlt sich jedoch die Schriftform {Schriftform} (Nachweisprobleme). Wiederum gilt: Wer schreibt, der bleibt!
Die fiktive Abnahme kann durch Regelungen im Vertrag (etwa durch Vereinbarung der förmlichen oder schriftlichen Abnahme) abbedungen werden. Auf eine vereinbarte, förmliche Abnahme kann jedoch stillschweigend