Das Baustellenhandbuch VOB und BGB. Matthias Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783865869708
Скачать книгу
target="_blank" rel="nofollow" href="#fb3_img_img_5191c2cf-e05c-5b7e-88ff-f74662a509ab.png" alt="Dreieck"/> Förmliche Abnahme

      Gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B ist eine fiktive Abnahme bei einem gekündigten VOB/B Vertrag ausgeschlossen (vgl. BGH BauR 2003, 689).

      Fiktive Abnahme {Abnahme, fiktive} beim BGB-Werkvertrag?

      Vor dem 01.01.2018 war die fiktive Abnahme im BGB nicht geregelt. Oftmals versuchten Auftragnehmer, in AGB durch entsprechende Klauseln diese Art der fiktiven Abnahme auch in den BGB-Bauvertrag zu übertragen.

      So fanden sich oftmals in Fertighausverträgen, bei denen die VOB/B nicht wirksam vereinbart war, folgende Klauseln: „Bezieht der Bauherr das Gebäude vor der Abnahme, so gilt das Werk mit Ablauf von zwölf Werktagen als abgenommen.“

      Derartige Klauseln sind jedoch AGB-widrig {AGB-widrig} und daher unwirksam. Sie verstoßen gegen das Klauselverbote §§ 309 Nr. 8b ff. BGB, weil es beim BGB-Vertrag bislang gerade keine Abnahmefiktion durch Inbenutzungnahme {Inbenutzungnahme} gab. Sie haben das Ziel, das gesetzliche Leitbild des BGB zulasten des Auftraggebers einseitig abzuändern. Hierdurch wird der Auftraggeber jedoch unangemessen benachteiligt (vgl. OLG Hamm, Az. 12 U 29/93).

      Nunmehr ist die fiktive Abnahme allerdings auch im BGB-Vertrag in § 640 BGB geregelt. Mit dem 01.01.2018 wurde hier der neue Abs. 2 eingeführt. Demnach gilt das Werk als abgenommen, wenn der Unternehmer dem Besteller eine angemessene Frist zur Abnahme setzt und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser – angemessenen – Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert.

      Ist der Besteller ein Verbraucher {Verbraucher}, so ist weitere Voraussetzung, dass der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat. Dieser Hinweis muss in Textform {Textform} erfolgen, kann also nicht mündlich geschehen. Für die Mitteilung ist der Unternehmer im Zweifel beweispflichtig.

      

Förmliche Abnahme

       {Abnahme, förmliche}

      Die förmliche Abnahme ist oftmals in Bauverträgen ausdrücklich vereinbart. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist jedoch die VOB/B Grundlage des Bauvertrags, ergibt sich die Verpflichtung zur förmlichen Abnahme aus § 12 Abs. 4 VOB/B, wenn eine Vertragspartei dies verlangt. Im BGB ist eine förmliche Abnahme nicht vorgesehen, aber unter Nachweisgesichtspunkten anzuraten.

      Über die förmliche Abnahme wird ein Protokoll gefertigt, in dem die festgestellten Mängel aufgeführt werden. Eine Vertragsstrafe muss ebenso vorbehalten werden, wenn sie nicht verfallen soll. Ein Anerkenntnis der vorbehaltenen Mängel oder der Vertragsstrafe ist durch die Aufnahme in das Abnahmeprotokoll {Abnahmeprotokoll} nicht gegeben – selbst dann nicht, wenn der Auftragnehmer das Abnahmeprotokoll vorbehaltlos unterschreibt.

      Der Auftragnehmer sollte dennoch Mängel, die er nicht anerkennt, entsprechend im Protokoll vermerken (§ 12 Abs. 4 Nr. 1 Satz 4 VOB/B).

      Oftmals findet eine förmliche Abnahme nicht statt, weil sie vergessen wird oder der Auftraggeber auf das Verlangen des Auftragnehmers nicht reagiert. Das Schweigen des Auftraggebers kann als Verzicht {Verzicht, auf Abnahme} auf die förmliche Abnahme gewertet werden. Dies gilt auch dann, wenn im Vertrag für Vertragsänderungen die Schriftform vorgesehen ist. Es müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen.

      Beispiele für einen solchen Verzicht: Der Auftragnehmer reicht die Schlussrechnung ein, der Auftraggeber prüft sie, Sicherheiten werden ausgetauscht, es wird bezahlt. Mängel werden nicht gerügt.

      In vielen Subunternehmerverträgen {Subunternehmerverträge} ist geregelt, dass der Nachunternehmer {Nachunternehmer} die Abnahme erst verlangen kann, wenn das Gesamtvorhaben fertiggestellt ist oder der Nachunternehmer eine Mangelfreiheitsbescheinigung {Mangelfreiheitsbescheinigung} beibringt – die Abnahme im Nachunternehmerverhältnis wird also von der Abnahme im Verhältnis Auftraggeber zu Hauptunternehmer {Hauptunternehmer} abhängig gemacht. Beide Klauseln sind AGB-rechtlich unwirksam, da die den Nachunternehmer unangemessen benachteiligen.

      Auch eine Klausel, die als Abnahmevoraussetzung {Abnahmevoraussetzung} eine behördliche Gesamtabnahme verlangt, ist unwirksam. Auf derartige Klauseln sollte bereits bei der Vertragsverhandlung geachtet werden.

Hinweis
Rechtsprechung: Wird eine förmliche Abnahme trotz Vereinbarung nicht durchgeführt und übersendet der Auftragnehmer die Schlussrechnung, ist von einer konkludenten Abnahme der Parteien abzusehen, wenn der Auftragnehmer erst mehrere Monate nach Erhalt der Schlussrechnung die Rechnung prüft, ohne auf die förmliche Abnahme einzugehen. Hierin ist die konkludente Erklärung zu sehen, von der förmlichen Abnahme Abstand zu nehmen. Ob sich die Parteien hierüber bewusst sind, spielt keine Rolle (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.09.2003; Az. 17 U 234/02).

      

Konkludente Abnahme

       {Abnahme, konkludente}

      Häufig wird die konkludente Abnahme auch als stillschweigende Abnahme {Abnahme, stillschweigende} bezeichnet. Gibt der Auftraggeber durch sein Verhalten – konkludent – zu erkennen, dass er die fertige Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß und mangelfrei anerkennt, so liegt auch ohne explizite Erklärung eine rechtsgeschäftliche Abnahme vor. Dies kann beispielsweise durch Inbetriebnahme des Bauwerks bzw. der Anlage oder durch Erteilung der Schlussrechnung durch den Auftragnehmer und deren anstandslose Bezahlung durch den Auftraggeber erfolgen. Eine konkludente Abnahme scheidet jedoch i. d. R. aus, wenn ausdrücklich eine förmliche Abnahme vereinbart oder der Auftraggeber beim VOB-Vertrag diese ausdrücklich verlangt (Ausnahme: siehe

Förmliche Abnahme). Auch bei einer ausdrücklichen Abnahmeverweigerung {Abnahmeverweigerung, ausdrückliche} auf ein Abnahmeverlangen {Abnahmeverlangen} hin scheidet eine konkludente Abnahme aus (vgl. OLG Stuttgart, BauR 2011, 1824). Der Auftraggeber hat hier seinen entgegenstehenden Willen klar zum Ausdruck gebracht.

Hinweis
Rechtsprechung: Auf die förmliche Abnahme kann auch konkludent verzichtet werden. Wenn der Auftragnehmer auf sein Verlangen nach einer förmlichen Abnahme längere Zeit nicht besteht, eine abnahmereife Leistung vorliegt und der Auftraggeber die Werkleistung ohne Mängel zu rügen nutzt, stellt dies einen konkludenten Verzicht auf die förmliche Abnahme verbunden mit einer konkludenten Abnahme dar (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 2007, 1254).

      Im Rahmen von Leistungsketten (Bauherr – Bauunternehmer – Subunternehmer) stellt die rechtsgeschäftliche Abnahme {Abnahme, rechtsgeschäftliche} zwischen Bauherrn und Bauunternehmer nicht automatisch die Abnahme zwischen Bauunternehmer und Subunternehmer dar – auch nicht stillschweigend. Dies gilt auch dann, wenn der Bauherr die Gesamtleistung eines Generalunternehmers {Generalunternehmer} abnimmt. Alleine der Einzug in ein mit Mängeln behaftetes Einfamilienhaus stellt noch keine stillschweigende Abnahme dar, wenn der Bauherr ausdrücklich die Ablehnung der Abnahme erklärt. Zu so einem Fall kann es kommen, wenn der Bauherr etwa seine Mietwohnung gekündigt hat und quasi einziehen musste. Aus diesem Zwang kann kein Abnahmewille des Auftraggebers hergeleitet werden.

      Die Rechtsprechung billigt dem Bauherrn hier auch eine gewisse Prüfungsfrist zu. Die Länge dieser Frist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Komplexität der Werkleistung. Eine stillschweigende Abnahme durch Inbenutzungnahme {Inbenutzungnahme} liegt auch dann nicht vor, wenn der Auftraggeber