Hat der Auftragnehmer trotz Fristsetzung vorhandene Mängel nicht beseitigt und ist der Auftraggeber berechtigt, die Mängel selbst auf Kosten des Auftragnehmers zu beseitigen, wird der Werklohnanspruch des Auftragnehmers trotz fehlender Abnahme fällig, da das Nachbesserungsrecht {Nachbesserungsrecht} des Auftragnehmers entfallen ist. Der Werklohn ist allerdings entsprechend gemindert.
Siehe auch:
Ersatzvornahme
Das BGB-Werkvertragsrecht kennt die Teilabnahme {Teilabnahme} nicht. Daran hat sich auch durch das neue Bauvertragsrecht zum 01.01.2018 nichts geändert.
Hingegen ist in § 12 Abs. 2 VOB/B ein Anspruch auf eine Teilabnahme für in sich abgeschlossene Teile der Leistung enthalten. In sich abgeschlossene Teile sind dann gegeben, wenn sie als funktional selbstständig und unabhängig anzusehen sind und sich in ihrer Gebrauchsfähigkeit beurteilen lassen. Da hierfür die Anforderungen sehr hoch sind, ist nur in Ausnahmefällen eine „in sich abgeschlossene Teilleistung {Teilleistung}“ anzunehmen. In der Regel sind Leistungsteile innerhalb eines Gewerks keine in sich abgeschlossene Teile der Leistung {Leistung, in sich abgeschlossener Teil}.
In sich nicht abgeschlossene Teile der Leistung können abgenommen werden, wenn sie durch die weitere Ausführung der Nachprüfung entzogen werden und so eine spätere Abnahme nicht möglich ist (§ 4 Abs. 10 VOB/B).
Liegen in sich abgeschlossene Teile der Leistung vor, kann eine „echte Abnahme“ mit allen rechtlichen Folgen verlangt und durchgeführt werden. In den Fällen des § 4 Abs. 10 VOB/B handelt es sich hingegen nicht um eine „echte Abnahme“. Es erfolgt lediglich eine technische Abnahme, die zu Beweissicherungszwecken {Beweissicherungszweck} erfolgt und sich auf die tatsächlichen Gegebenheiten bezieht, die für die spätere Prüfung der Leistung von Bedeutung sind.
Die rechtlichen Wirkungen der Abnahme treten im Falle des § 4 Abs. 10 VOB/B erst ein, wenn entweder nach § 12 Abs. 1 VOB/B das Gesamtwerk oder nach § 12 Abs. 2 VOB/B ein in sich abgeschlossener Teil der Leistung, in welchem die vorzeitig technisch abgenommene Leistung liegt, abgenommen wird.
Siehe auch:
Technische Abnahme
Eine Heizungsanlage ist ein in sich abgeschlossener Teil eines Bauwerks, nicht jedoch ein Stockwerk eines mehrgeschossigen Gebäudes. Die Heizungsanlage ist – im Gegensatz zu einem Stockwerk – funktional selbstständig und unabhängig. Sie lässt sich auch – selbst wenn das Hauptgewerk noch nicht abgeschlossen ist – in ihrer Funktionsfähigkeit prüfen. Gleiches gilt beispielsweise für Klimaanlagen, Aufzüge etc.
{Abnahme, technische}
Die technische Abnahme ist ebenfalls von der rechtsgeschäftlichen Abnahme {Abnahme, rechtsgeschäftliche} zu unterscheiden. Es handelt sich um eine Prüfung unter technischen Gesichtspunkten zur Vorbereitung der rechtsgeschäftlichen Abnahme und damit lediglich um eine Vorbereitungshandlung. Die Abnahmewirkungen {Abnahmewirkung} treten durch sie nicht ein. Es ist also immer noch eine eigenständige rechtsgeschäftliche Abnahme erforderlich. Eine technische Abnahme erfolgt meist im Rahmen der Objektüberwachung des Architekten unter Mitwirkung anderer an der Planung und der Überwachung fachlich Beteiligter.
Wichtig für die Praxis: Die Abnahmewirkungen treten erst mit der rechtsgeschäftlichen Abnahme ein. Dies gilt auch für die Fälligkeit der Vergütung {Vergütung, Fälligkeit der} sowie für den Lauf der Verjährung der Mängelansprüche. Eine anderslautende – falsche – Ansicht ist leider in der Baupraxis weit verbreitet.
Oftmals finden sich auf Protokollen Vermerke wie „Begehung zur technischen Abnahme“ o. Ä. Sollte es sich tatsächlich um eine rechtsgeschäftliche Abnahme handeln, so ist darauf zu achten, dass dies auch entsprechend auf dem Protokoll vermerkt ist. Ansonsten ist Streit vorprogrammiert.
{Abnahmebefugnis}
Grundsätzlich muss der Auftraggeber die Abnahme selbst durchführen. Nur er ist abnahmebefugt, da die Abnahme eine Hauptpflicht {Hauptpflicht, des Auftraggebers} des Auftraggebers darstellt. Er kann sich jedoch durch andere Personen vertreten lassen. Der Auftragnehmer muss unbedingt sicherstellen, dass die Person, die die Abnahme auf Auftraggeberseite durchführen will, auch dazu bevollmächtigt ist. Eine Abnahme durch eine nicht bevollmächtigte Person ist unwirksam. Die Abnahmewirkungen {Abnahmewirkung} treten nicht ein. Dies hat für den Auftragnehmer weitreichende Folgen, da der Werklohn nicht fällig wird und auch die Gefahrtragung und die Beweislast für die Mangelfreiheit beim Auftragnehmer verbleiben.
Relevant in der Praxis sind die Abnahmen durch den Architekten, den Bauleiter, die Behörden und öffentliche Auftraggeber.
Siehe hierzu:
Abnahme durch Architekt oder Sachverständigen
Abnahme durch Architekt oder Sachverständigen
{Abnahme, durch Architekt}
Wie einen Architekten kann der Bauherr auch einen Sachverständigen mit der Abnahme {Abnahme, durch Sachverständigen} beauftragen. Es ist jedoch darauf zu achten, und dies sollte ggf. schriftlich nachgewiesen werden, dass der Sachverständige auch zur Abnahme bevollmächtigt ist. Idealerweise nimmt der Auftragnehmer eine Kopie der Vollmacht {Vollmacht} zu seinen Akten – wiederum unter Nachweisgesichtspunkten –, um für einen eventuellen späteren Streit „gerüstet“ zu sein, da die Beweispflicht {Beweispflicht} hier beim Auftragnehmer liegt.
Hinweis | |
Rechtsprechung: Oftmals werden Bauverträge durch den bestellten Architekten namens und in Vollmacht des Bauherrn abgeschlossen. Sieht dann ein solcher Bauvertrag eine förmliche Abnahme durch den Architekten vor, hat dieser auch Vollmacht, die rechtsgeschäftliche Abnahme zu erklären (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.11.1996, Az. 21 O 68/96). |
Ist der Architekt mit der Bauüberwachung {Bauüberwachung} (Leistungsphase 8) beauftragt, stellt dies nicht zugleich eine Vollmacht zur rechtsgeschäftlichen Abnahme für den Auftraggeber dar. Hierzu bedarf es einer ausdrücklichen gesonderten Vollmacht. Der Auftragnehmer muss hierauf achten und sich ggf. Nachweise vorlegen lassen.
Entsendet der Bauherr zu einer förmlichen Abnahme seinen Architekten, bringt er damit zum Ausdruck, dass der Architekt bevollmächtigt ist, die Abnahme zu erklären. Die entsprechende Vollmacht kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Um späteren Streit zu vermeiden, sollte sich der Auftragnehmer jedoch auch hier vergewissern, dass eine entsprechende Vollmacht gegeben ist.
Der Bauherr kann sich nicht auf die fehlende Vollmacht {Vollmacht} und die fehlenden Abnahmewirkungen berufen, wenn der Architekt während der Bauphase die Aufsicht führte und er für den Auftraggeber die gesamte Vertragsabwicklung übernommen hat. Hat sich die Tätigkeit des Architekten nicht