Wenn die CLN sich auf mehrere Anleihen als Referenzwerte bezieht, kann es bei jedem Ausfall im Referenzportfolio zu einer anteiligen Minderung des Anleihebetrags kommen (Simple basket CLN).321 Es kann aber auch wie bei Basket CDS festgelegt werden, dass nur bei bestimmten Ausfällen ein Kreditereignis vorliegt (z.B. first-to-default). Das Risiko des Investors entspricht in diesen Fällen dem Risiko eines Kredits an die definierte Referenzeinheit. Das Risiko ist insofern auf den Anlagebetrag und noch nicht ausgezahlte Zinsen begrenzt.322 Eine weitere Möglichkeit ist die Definition eines Betrags, unter den der Kurswert des gesamten Portfolios nicht absinken darf, ohne ein Kreditereignis auszulösen (Principal guaranteed basket CLN). In diesem Fall ändert das Kreditereignis nichts daran, dass der Investor zwar am Laufzeitende den Anlagebetrag zurückerhält; allerdings enden die Zinszahlungen mit dem Kreditereignis. Derart ausgestaltete CLN müssen typischerweise eine längere Laufzeit aufweisen, um für Investoren attraktiv zu sein.323
Die Strukturierung von CLN erfordert keine Dokumentation auf Basis eines internationalen Modellvertrags. Allerdings können die relevanten Kreditereignisse in Anlehnung an die ISDA Credit Definitions definiert werden.324 Eine genauere Definition des Kreditereignisses ist im deutschen Recht wegen § 796 BGB erforderlich.325
2. Wirtschaftliche Funktionen
CLN haben primär – wie andere Anleihen auch – Finanzierungsfunktionen. Die derivative Komponente hat keine isolierte Funktion. Ihr Sinn besteht vielmehr darin, dass die CLN – anders als eine Standard-Anleihe – es dem CLN-Emittenten gestattet, über den hineinstrukturierten CDS einen Schutz gegen das eigene Ausfallrisiko (TRS: ökonomische Risiko) aus der von ihm emittierten Anleihe zu erwerben. Für den Investor ist eine CLN mit dem Vorteil verbunden, dass er gegen einen entsprechenden Aufschlag auf die Anleiheverzinsung allein das Risiko eines Ausfalls des Emittenten und nicht das Gegenparteirisiko eines weiteren Sicherungsgebers übernehmen muss.326 Dieser Vorteil wird allerdings mit dem Verzicht auf Risikostreuung erkauft. Denn wenn es tatsächlich zu einem Ausfall kommt, kann der Investor sich allein an den CLN-Emittenten halten.
Als Anleihen können CLN an der Börse gehandelt werden. Auch diesem Handel steht nicht entgegen, dass ein Kreditderivat in das Finanzinstrument eingebettet ist, da der Referenzwert hinreichend liquide ist.327 Der Anleihekäufer tritt hinsichtlich des Kreditderivats jedoch in die Stellung als Sicherungsgeber ein. Bei der Platzierung müssen der Emittent der CLN und die emissionsbegleitenden Institute deshalb auch im Prospekt auf die Besonderheiten einer CLN als Anleihe mit integriertem Kreditderivat eingehen.328
3. Risiken beim Einsatz
CLN weisen die Risiken von Anleihen auf, allerdings modifiziert durch das hineinstrukturierte Kreditderivat. Dabei wird die Risikosituation nicht zuletzt dadurch beeinflusst, ob die CLN bilateral oder über die Börse gehandelt wird. Auf die spezielle Situation bei CLN, die über eine Zweckgesellschaft emittiert wurden, ist nachfolgend im Abschnitt zu SCDO einzugehen.
a) Risiken im bilateralen Verhältnis und Risikoexternalisierung
Im bilateralen Verhältnis gilt für CLN grundsätzlich zunächst dasselbe wie für sonstige Anleihen. Anders als bei diesen ist der Emittent der CLN wegen der Vorfinanzierung durch den Investor allerdings keinem Ausfallrisiko ausgesetzt. Bei einem Kreditereignis reduziert sich lediglich der Anleihebetrag, der dem Investor zurückzuzahlen ist.329 Demgegenüber trägt der Investor (Sicherungsgeber) bei CLN-Transaktionen ohne Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft zusätzlich zum Ausfallrisiko des Referenzwertes auch das Gegenparteirisiko des Emittenten (Sicherungsnehmer).330 Der CLN-Investor übernimmt also ein doppeltes Ausfallrisiko, einerseits aus dem Referenzwert (Anleihe) und andererseits aus dem Kreditderivat (sog. double default risk).
Ob Risiken zum Nachteil des Investors und (bei einem Weiterverkauf) seiner Abnehmer externalisiert werden können, hängt von der Ausgestaltung und Handelbarkeit der CLN ab. Angesichts der Tatsache, dass der Investor das Gegenparteirisiko des Emittenten übernimmt, besteht bei CLN grundsätzlich eine Gefahr, dass der Emittent zum Nachteil der Investoren Risiken übernimmt, durch die sich die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls erhöht (moralisches Risiko). Denn anders als bei einem isolierten CDS, bei dem ein Sicherungsgeber einen von ihm getrennten Kreditgeber (als Sicherungsnehmer) gegen den Ausfall des Kreditnehmers absichert, kommt der Schutz des Kreditderivats bei einer CLN dem Anleiheemittenten und damit dem Kreditnehmer selbst zugute. Das dürfte sich zwar bei direkt emittierten und börsengehandelten CLN nicht ohne Weiteres auswirken, da der Anleiheemittent hier ein Eigeninteresse daran hat, die Handelbarkeit von ihm emittierter Wertpapiere nicht zu gefährden und daher keinen Ausfall bewusst herbeiführen wird.
Anders kann die Situation aber sein, wenn die CLN nicht börsengehandelt ist. In einem solchen Fall wird ein risikoerhöhendes Verhalten des Emittenten nicht durch den Markt sanktioniert. Ein Beispielfall, in dem es infolgedessen zu größeren Problemen kam, waren die Transaktionen, die Gegenstand der Gerichtsverfahren und Vergleiche unter Beteiligung der Banken Citigroup und J.P. Morgan im Enron-Skandal waren.331
b) Hebelung und Risikoverkettung
Mit dem Handel von CLN ist außerdem die Möglichkeit verbunden, dass sich Risikoketten ausbilden, weil und soweit der Börsenhandel zu einer Weiterübertragung des mit dem Kreditderivat abgesicherten Risikos führt. Dieses Risiko erscheint allerdings geringer als bei bilateral (OTC) gehandelten Produkten. Bei OTC gehandelten Produkten gehen Risikoketten für einen Investor, je mehr verbindende Glieder (= andere Investoren) die Kette bereits aufweist, mit einem um so höheren Risiko einher und sind um so schwerer zu überblicken.332 Dagegen ist bei einer CLN der Referenzwert (Anleihe) direkt mit dem Kreditderivat verbunden und relativ stark standardisiert, damit sich die CLN überhaupt als handelbares Produkt am Markt platzieren lässt. Ein Investor muss deshalb in geringerem Umfang als bei OTC-Derivaten darauf achten, wie hoch das Ausfallrisiko des Handelspartners ist, von dem er im Einzelfall die CLN erwirbt. Außerdem dürfte eine Bewertung des mit dem Derivat verbundenen Risikos einfacher sein als bei vielen bilateral gehandelten und relativ komplexen Kreditderivaten.
c) Auswirkungen auf das Gesamtrisiko
Als Kombination von Anleihe und Kreditderivat dürften CLN in einem geringeren Umfang als isoliert eingesetzte Derivate oder die zuvor beschriebenen Kreditderivate zu einer signifikanten Erhöhung des Gesamtrisikos im Markt beitragen. Dies gilt zumindest, wenn man von der angesprochenen Möglichkeit von Risikoexternalisierungen absieht. Denn als Anleihen erfüllen CLN, wie gesagt, normalerweise Finanzierungsfunktionen. Das hineinstrukturierte Kreditderivat dient der Absicherung eines konkreten Ausfallrisikos und lässt sich nicht isoliert zu spekulativen Zwecken einsetzen.