Die Laufzeit des Derivats ist frei vereinbar und kann mit der Laufzeit des Referenzwertes (Kredits) übereinstimmen, aber auch kürzer sein.265 Die Absicherung durch das Derivat wird dann relevant, wenn ein Kreditereignis eintritt, bei dem sich das übertragene Kreditrisiko realisiert. Die vereinbarten Kreditereignisse orientieren sich zurzeit üblicherweise an den Definitionen der ISDA. Diese Definitionen haben den Vorteil, dass sie einerseits leicht überprüfbar und nicht zu breit definiert sind und dass ihre Standardisierung andererseits das Risiko von Rechtsstreitigkeiten vermindert.266 Für den Fall, dass ein vereinbartes Kreditereignis eintritt, kann als vom Sicherungsgeber zu leistender Ausgleichsbetrag entweder ein Festbetrag oder die Wertdifferenz zwischen der ursprünglichen und der durch das Kreditereignis verminderten Position vereinbart werden.
Wenn bis zum Ende der Laufzeit hingegen kein Kreditereignis eintritt oder der Ausfallschutz aus anderen Gründen nicht mehr benötigt wird, erfolgt üblicherweise eine Glattstellung. Dazu wird ein gegenläufiges Geschäft zum gültigen Marktpreis abgeschlossen. Solche Gegengeschäfte sind auch mit Dritten möglich, ebenso der Eintritt einer Gegenpartei ins bestehende Geschäft (assignment). Eine Aufhebungsvereinbarung ist dagegen unüblich.
Bezüglich der näheren Ausgestaltung von Kreditderivaten ist in mehrerlei Hinsicht zu unterscheiden. Sie hängt zum einen von den abgesicherten Risiken ab (Ausfallrisiken, Bonitätsrisiken usw.) und zum anderen davon, ob es sich um Derivate für Einzelrisiken oder solchen für Portfoliorisiken handelt. Als Kreditderivate für Einzelrisiken lassen sich Credit Default Swaps (CDS; Ausfallschutz), Credit spread-Produkte (Schutz vor Bonitätsveränderungen), Total Return Swaps (TRS; Schutz vor dem gesamtem ökonomischen Risiko) und Credit Linked Notes (CLN; zweiseitiger Ausfallschutz)267 unterscheiden. Als Kreditderivate für Portfoliorisiken sind Varianten der zuvor genannten Kreditderivate zu nennen, zusätzlich kommen komplexere Strukturen wie insbesondere so genannte Collateralized Synthetic Obligations (CSO) zum Einsatz.
Eine weitere – speziell für das Risikoprofil relevante – Unterscheidung lässt sich danach treffen, ob die betreffenden Kreditderivate eine Zahlung vorab erfordern, also „gedeckt“ sind (funded), oder ob sie eine Zahlung erst nach Eintritt eines Kreditereignisses auslösen, also „ungedeckt“ sind (unfunded).268 Diese Unterscheidung ist für das Risikoprofil der Kreditderivate deshalb relevant, weil die eine Risikoabsicherung suchende Partei (Sicherungsnehmer = protection buyer, risk seller) über den Abschluss des Derivatkontrakts das Ausfallrisiko der Gegenpartei (Sicherungsgeber = protection seller, risk buyer) jedenfalls dann übernimmt, wenn das Kreditderivat nicht vorausbezahlt ist. Zu einer Übernahme des Ausfallrisikos kommt es grundsätzlich bei CDS und TRS (unfunded), aber nicht bei CLN und CSO (funded).
Nachfolgend sollen die oben genannten Arten von Kreditderivaten genauer hinsichtlich ihrer Funktionen und ihres Risikoprofils dargestellt werden.269 Dabei ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass von diesen Produkten vor allem CDS und CLN in zahlenmäßig größerem Umfang gehandelt werden, während Credit spread-Produkte und TRS vor allem in Kombination mit anderen Produkten auftreten und im Gesamtmarkt nur eine geringe Rolle spielen.270
2. Risiken beim Einsatz
Die Einschätzung der Risiken, die mit dem Einsatz von Kreditderivaten verbunden sein können, hängt stark vom Einzelnen Instrument ab. Kreditderivate sind stets komplexe Produkte, denn ihre Ausgestaltung erfordert eine relativ schwierige Prognose sowohl in Bezug auf die künftige Leistungspflicht aus dem derivativen Instrument als auch in Bezug auf den Referenzwert (Kredit = Dauerschuldverhältnis). Die Struktur des Kreditderivats und die des darin abgebildeten Kreditrisikos beeinflussen den Umfang, in dem das Instrument gehandelt und die Zwecke, zu denen es eingesetzt werden kann.
a) Risiken im bilateralen Verhältnis
Für die Frage, mit welchen Risiken eine Transaktion mit Kreditderivaten im bilateralen Verhältnis einhergeht, sind – wie bei anderen Derivaten – die mit der Transaktion verfolgten Zwecke besonders bedeutsam. Indem Kreditderivate eine Abwälzung von Kreditrisiken auf andere Marktteilnehmer ermöglichen, erlauben sie es Kreditgebern im Rahmen von Absicherungsgeschäften, sich einen Schutz vergleichbar dem Schutz aus einer Versicherung zu verschaffen. Insofern bieten sie den Kreditgebern eine Alternative zur Risikostreuung über eine Kreditvergabe in Konsortien (Kreditsyndizierung) und zu Kreditverbriefungen. Im Gegensatz dazu können aber auch Kreditnehmer auf Kreditderivate zurückgreifen. Das können sie tun, indem sie sich den Charakter von Kreditderivaten als Differenzgeschäften zunutze machen und ihr eigenes Kreditrisiko an einen Sicherungsgeber verkaufen. Hierauf greifen z.B. die Emittenten von strukturierten Anleihen mit Kreditrisikoschutz (CLN) zurück.
b) Risikoexternalisierung/Risikoverkettung
Bei Kreditderivaten ist denkbar, dass – im Vergleich mit vielen sonstigen sonstigen Derivaten – weitergehende Möglichkeiten zu einer Risikoexternalisierung bestehen. Denn bei Kreditderivaten kommt unter anderem das Informationsgefälle zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber zum Tragen, das sich im Rahmen des Derivatkontrakts zwischen den Gegenparteien des Kontrakts fortsetzt. Damit kann es zur Abwälzung von Risiken aus der Sphäre des Kreditnehmers auf den Kreditgeber/Sicherungsnehmer und – über diesen – auf den Sicherungsgeber aus dem Derivatkontrakt kommen. Ansonsten ist zu berücksichtigen, es sich erneut um Hebelgeschäfte handelt, bei denen Dritte, zu denen ebenfalls Geschäftsbeziehungen bestehen, durch die Hebelung verketteten Risiken ausgesetzt sind, bis die Transaktion vollständig abgewickelt ist.
c) Auswirkungen auf das Gesamtrisiko
Abhängig vom verfolgten Zweck haben Transaktionen mit Kreditderivaten nicht nur Auswirkungen auf das Risiko, dem die Transaktionspartner persönlich ausgesetzt sind, sondern auch auf das Gesamtrisiko im Markt. Ebenso wie für andere Derivate gilt für Kreditderivate, dass die Transaktionspartner künstliche Risiken vereinbaren, die zu einem tatsächlichen oder auch nur hypothetischen Kreditrisiko gegenläufig sind. Kreditderivate eignen sich infolgedessen dafür, auf Bonitätsverschlechterungen oder einen Ausfall eines Unternehmens zu spekulieren, ohne dass der Spekulant tatsächlich einem solchen Risiko ausgesetzt ist. Ebenso ist es möglich, Arbitrage bei Unterschieden zwischen tatsächlicher und wahrgenommener Bonität zu betreiben.271 Der Einsatz von Kreditderivaten in solchen spekulativen und Arbitragegeschäften beruht gerade auf der Tatsache, dass die Kreditrisiken neu in Bezug auf einen Referenzwert definiert werden. Dies ermöglicht es, Kreditderivate „nackt“, d.h. ohne tatsächliches Absicherungsinteresse, einzusetzen.272
II. Kreditausfall-Swaps (Credit Default Swaps – CDS)
1. Merkmale und Arten
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