Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente. Thomas Weck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Weck
Издательство: Bookwire
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783800593309
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können. So können etwa Forderungen, anstatt dass ein Kapitalgeber Derivate zur Absicherung gegen Kreditrisiken einsetzt, zu Zwecken eines Risikotransfers auf einen Sicherungsgeber übertragen werden. Dies kann sowohl unverbrieft (z.B. durch Forfaitierung, Kreditsyndizierung; bei Forderungspools auch z.B. durch Factoring) als auch verbrieft (durch Anleihegeschäfte; bei Forderungspools auch z.B. durch ABS-Strukturen) erfolgen. Alternativ kann lediglich das Kreditrisiko übertragen werden, etwa mittels Bürgschaft bzw. Garantie (Avalgeschäfte) oder über Kreditversicherungen.227 Umgekehrt stehen auch einem Kapitalnehmer, sofern er Derivate einsetzt, Alternativen in Form von nicht-derivativen Geschäften zur Befriedigung seines Liquiditätsbedarfs zur Verfügung (z.B. Kreditaufnahme/Begebung einer Anleihe).

      Die isolierte Risikoverschiebung über ein Differenzgeschäft bedeutet ferner, dass Risiken über entsprechend strukturierte und hinreichend standardisierte Derivate zum Handelsgegenstand gemacht werden können. Die meisten Derivate werden zur Absicherung gegen transaktionsbedingte Risiken aus sonstigen Transaktionen entwickelt, gegen die sich ein Transaktionspartner absichern möchte, ohne auf deren Verwirklichung Einfluss zu haben (also z.B. nicht das eigene Liquiditätsrisiko). Insbesondere Ausfall- und Marktrisiken werden über Derivate handelbar gemacht.

       III. Wirtschaftliche Funktionen

       1. Absicherung

      Der Abschluss eines Derivatkontrakts zu Absicherungszwecken wirkt hinsichtlich des Gesamtrisikos des betreffenden Transaktionspartners und des Gesamtrisikos im Markt risikomindernd. Allerdings ist es im Fall von Industrieunternehmen üblich, Derivatkontrakte im Rahmen von pauschalen Preissicherungsgeschäften abzuschließen. Es handelt sich bei Derivatkontrakten aber auch sonst häufig nicht um absolut passgenaue Gegengeschäfte zu bestehenden Risiken (sog. perfect hedges). Deshalb kann es auch unabhängig von Fehlbewertungen sein, dass Derivate die Risiken im Rahmen von Absicherungsgeschäften nur begrenzt neutralisieren.

       2. Spekulation

      Bei einem Einsatz zur Spekulation werden Derivate im Wesentlichen als Anlageinstrument eingesetzt. Spekulation erfolgt typischerweise zwischen Transaktionspartnern, welche die Transaktion auf Basis unterschiedlicher Annahmen eingehen oder unterschiedlichen Risiken ausgesetzt sind. Der Transaktionspartner, der einen Derivatkontrakt zu Spekulationszwecken abschließt, versucht typischerweise, bestehende oder vermeintliche Informationsvorsprünge gegenüber anderen Marktteilnehmern auszunutzen. Ein Beispiel ist der Abschluss eines Währungsswapvertrags auf Basis einer eigenen Marktanalyse, um auf eine bestimmte Wechselkursentwicklung zu wetten.

       3. Arbitrage

      Der Einsatz von Derivaten zu Arbitragezwecken stellt sich als Spekulation auf die Konvergenz der tatsächlichen und der angenommenen zukünftigen Entwicklung eines Referenzwerts dar. Die Arbitrage geschieht über Derivatkontrakte, die exakte Gegengeschäfte zur Kursentwicklung bei einem Referenzwert darstellen. Der Einsatz von Derivaten zu Arbitragezwecken wird gemeinhin positiv beurteilt, weil der Arbitrageur durch die Ausnutzung von Informationsvorsprüngen eine Korrektur von Fehlbewertungen im Markt herbeiführt.

      Die Arbitrage erhöht zwar als Spekulation das vom Arbitrageur zu tragende Risiko, reduziert aber zugleich das Gesamtrisiko im Markt. Allerdings übernimmt der Arbitrageur auch Risiken, die durch die Transaktion selbst bedingt sind (z.B. das Risiko einer eigenen Risikofehlbewertung). Deshalb können auch Arbitragegeschäfte mit Derivaten im Einzelfall aufsichtsrechtlich relevant werden.

       4. Kombination der Einsatzzwecke

       IV. Rechtliche Einordnung

      Derivate haben sich im internationalen Finanzmarktgeschäft zu einer bedeutenden Kategorie von Finanzinstrumenten entwickelt. Die Entwicklung von Derivaten erfolgt allerdings jeweils innerhalb eines nationalen Rechtsrahmens. Die rechtliche Einordnung von Derivaten bereitet Schwierigkeiten. Die Probleme beginnen bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts (dazu Abschn. 1). Innerhalb des deutschen Privatrechts ist ferner umstritten, ob es sich bei Derivaten um eine einheitliche Kategorie von Finanzinstrumenten handelt und welche Rechtsnatur die Verträge haben, die Transaktionen mit Derivaten zugrunde liegen (dazu Abschn. 2).

       1. Anwendbares Recht

      Die meisten an den Finanzmärkten bedeutenden Derivate sind nicht nach deutschem Recht strukturiert oder gehen zumindest auf Muster zurück, die nicht für die deutsche Rechtsordnung entwickelt wurden. Das internationale Geschäft mit Derivaten wird mittlerweile von Kontrakten nach anglo-amerikanischem Recht beherrscht. Die Ausgestaltung von national gehandelten Derivatkontrakten in Deutschland ist zumindest