In Bezug auf die bei der Transaktion zwischengeschalteten Banken und sonstigen Dienstleister ist mit Blick auf die Interessenlage zwischen ihren Interessen an der Durchführung der Transaktion als Kundendienstleistung und ihren davon abgesehen bestehenden Eigeninteressen zu unterscheiden.
Hinsichtlich der Durchführung der Transaktion als Dienstleistung stellen sich vergleichbare Probleme wie im sonstigen Bankgeschäft, da die an der Emission des ABS-Instruments beteiligten Banken die Funktion von Intermediären zwischen den Kreditnehmern und den Investoren einnehmen. Die ABS-Transaktion muss aus diesem Grunde so ausgestaltet sein, dass die zwischenbeteiligten Banken in hinreichendem Maße die Interessen sowohl ihrer liquiditätssuchenden als auch der liquiditätsgebenden Transaktionspartner berücksichtigen. Diese Interessen sind einander indes zum Teil entgegengesetzt. Denn die Kreditnehmer suchen Kredite zu günstigen Konditionen, und zwar auch dann, wenn ihre Sicherheiten illiquide sind oder das Ausfallrisiko hoch ist. Diesem Interesse käme prinzipiell eine laxe Kreditkontrolle ihrer kreditgebenden Banken entgegen. Dagegen haben die Investoren ein Interesse daran, die für sie mit den Kreditverbriefungen verbundenen – schuldnerspezifischen und sonstigen – Risiken genau zu kennen. Dies spricht zunächst insbesondere für ein Interesse der Investoren an einer strengen Kreditkontrolle. Allerdings ist dieses Interesse im Fall von ABS nicht überzubewerten, da diese Produkte handelbar sind und das Risiko somit im Markt weitergeleitet werden kann.169 Mit Blick auf die Möglichkeit zum Weiterverkauf dürften die Investoren zusätzlich ein Interesse daran haben, die für sie entstehenden Kosten der ABS-Transaktion niedrig zu halten. Es ist infolgedessen denkbar, dass sie letztlich eine Reduzierung der Standards für die Kreditvergabe und -kontrolle hinnehmen, um so eine Kostensenkung bei der ABS-Strukturierung zu erreichen.
Hinsichtlich der Eigeninteressen, vor allem der beteiligten Banken, schlägt zu Buche, dass ABS Banken als Kreditintermediären eine Weitergabe von Kreditausfallrisiken an die Investoren der emittierten Papiere und damit eine Reduzierung von Risiken aus ihrem Kreditvergabegeschäft ermöglichen.170 Soweit die Banken das von ihnen zu tragende Ausfallrisiko aus den zugrunde liegenden Krediten reduzieren können, vermindert der Verkauf von ABS auch die Anforderungen an das von ihnen vorzuhaltende Eigenkapital. 1 Schließlich ermöglichen ABS eine Dezentralisierung der Kreditkontrolle, da die Verantwortung für die Einschätzung der Kreditrisiken im Markt verteilt wird.
Die an ABS-Transaktionen beteiligten Banken haben aus den genannten Gründen Anreize, an liquiditätssuchende Kreditnehmer (verbriefbare) Kredite zu vergeben, und zugleich ein Interesse daran, den liquiditätsgebenden Investoren Sicherheit hinsichtlich der Risiken zu verschaffen, die mit den ABS-Produkten verbunden sind. Um die Attraktivität der ABS zu erhalten, greifen die auf Anbieterseite tätigen Banken deshalb auf verschiedene Maßnahmen zur so genannten Kreditverbesserung (credit enhancement) zurück, etwa die Übersicherung (overcollateralisation) mit den zugrunde liegenden Vermögenswerten und deren Zinszahlungen (excess spreads, oft strukturiert als Erstverlusttranche), die Einzahlung eines Absicherungsbetrags auf ein Reservekonto (spread account), die Nutzung kurzfristiger Geldmarktinstrumente mit höchster verfügbaren Bonität als Sicherheit (cash collateral) oder den Abschluss einer Kreditausfallversicherung (wrapped security insurance). Davon abgesehen gewinnt die Bewertung des ABS-Produkts durch eine Ratingagentur hohe Bedeutung, da ein solches Rating die Informationskosten der Investoren wesentlich vermindern kann.171
Besonderheiten ergeben sich bei den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen SBBS. Diese stellen nämlich kein rein privatwirtschaftliches Produkt dar. Sie ergänzen vielmehr die Refinanzierung der Euroländer über Staatsanleihen. In diesem Zusammenhang eröffnen SBBS solchen Investoren neue Anlagemöglichkeiten, die aufgrund des gegebenen Risiko-Rendite-Profils nicht in die Staatsanleihen einzelner Euro-Mitgliedstaaten investieren würden. Allerdings gestatten sie den Investoren eine Risikodiversifizierung nur im Rahmen der Vorgaben des EZB-Kapitalschlüssels, nach dem die Staatsanleihen der Euro-Mitgliedstaaten zueinander ins Verhältnis gesetzt werden.172 Vorteilhaft ist aus Investorensicht demgegenüber, dass die sonst bei ABS zu berücksichtigenden Eigeninteressen der Banken keine Rolle spielen, da bei SBBS die Euro-Mitgliedstaaten an die Stelle der Banken als Liquiditätssucher treten und es – anders als häufig sonst bei ABS – nicht um die Refinanzierung eines Basiswert-Portfolios (pools) aus von Banken vergebenen Krediten geht.
III. Risiken beim Einsatz
Die Risiken beim Einsatz von ABS sind schwieriger als bei sonstigen Fremdkapitalinstrumenten einzuschätzen, soweit es um die Risiken im bilateralen Verhältnis und die Möglichkeit von Risikoexternalisierungen geht (Abschn. 1). Die komplexe Struktur, bei der verschiedene Marktteilnehmer zusammenwirken, erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Risiken sogar marktübergreifend auswirken können (Abschn. 2). Dagegen ist die Möglichkeit, dass es zu Risikoverkettungen oder Risikobeziehungen aufgrund von gleichförmigen Anlagen kommt, ähnlich wie bei sonstigen Fremdkapitalinstrumenten einzuschätzen.
1. Risiken im bilateralen Verhältnis und Risikoexternalisierung
Die in den vorigen Abschnitten beschriebenen Interessen der Beteiligten einer ABS-Transaktion wirken sich auf die Möglichkeit und die Anreize für die Transaktionspartner aus, Zugang zu relevanten Informationen über die Transaktion zu erhalten oder weiter zu gewähren. Probleme können entstehen, wenn Beteiligte eine Informationsasymmetrie zu ihren Gunsten ausnutzen können, etwa weil eine weitergehende Informationsverschaffung für andere Marktteilnehmer mit Kosten verbunden oder aus anderen Gründen nur eingeschränkt möglich ist (z.B. durch das Bankgeheimnis bei schuldnerrelevanten Informationen). Eine Risikoexternalisierung ist dann entweder durch Negativauslese der verbrieften Kreditrisiken (Negativauslese; Abschn. a)) oder wegen eines auf die Verbriefung folgenden Aufbaus weiterer Risiken zum Nachteil sonstiger Marktteilnehmer (moralisches Risiko; Abschn. b)) möglich.
a) Negativauslese
Hinsichtlich der Möglichkeiten zur Negativauslese ist vor allem auf die Informationsasymmetrie zwischen den an der ABS-Emission beteiligten Banken und anderen Dienstleistern (Anbieterseite) und den Investoren (Nachfragerseite) zurückzukommen (Abschn. aa)). Ein weiteres Informationsgefälle besteht im Verhältnis der Kreditnehmer zu den Kreditgebern der verbrieften Kredite und auch noch darüber hinaus innerhalb der Produktions- und Vertriebskette für ABS-Produkte (Abschn. bb)).
aa) Verhältnis: Emittenten – Investoren
Aus Investorensicht ist es aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen zunächst nur geboten, sich gegen die mit den ABS-Produkten verbundenen Risiken insoweit abzusichern, als es sich um wahrnehmbare Risiken handelt und als sich die Risiken den betreffenden Produkten mehr oder minder eindeutig zuordnen lassen. Daher können die als Intermediäre tätigen Banken grundsätzlich versuchen, sonstige Risiken auf die ABS-Investoren abzuwälzen. Bei einer solchen Strategie kommt ihnen zugute, dass sie die in die Forderungsportfolios eingehenden Kredite selbst vergeben und daher die Bedingungen für die Kreditvergabe genauer als die im Übrigen an der ABS-Transaktion Beteiligten kennen. Die kreditvergebenden Banken und die übrigen Zwischenbeteiligten (Arrangeure, Treuhänder usw.) überblicken außerdem das