Die drei Zuhörer schwiegen, weil sie das Ausmaß dieser Gedanken noch nicht ganz nachvollziehen konnten, wiederum nach einer passenden Formulierung einer Frage suchten.
„Don, ich kann sehr wohl nachvollziehen, dass die Gedanken Energiefelder bilden, die dann durch irgendwelche Transformatoren materialisiert werden, ich meine irgendwo und irgendwann. Was ich nicht verstehe, ist das Verhältnis des Gedankenemittenten, sprich Händler, zu der gewaltigen Mehrheit der Menschen. Ich meine damit, dass ein kleiner Prozentsatz an Händlern ein gewaltiges Energiefeld entwickeln kann“, versuchte Alida ihre Gedanken in Worte zu fassen.
„Alida, Händler üben eine wichtige Funktion aus, die mit Wahlzetteln zu vergleichen sind. Damit meine ich unterschiedliche Händler, nicht nur die der Diamanten. Das Universum wimmelt von vielen möglichen Überlegungen, Ideen und Traumvorstellungen aller Lebewesen, nicht nur der Menschen.
Die Traumvorstellungen gruppieren sich nach dem Grad der Zugehörigkeit zum jeweiligen gemeinsamen Nenner. Es ist eine permanente Kristallisierung der Traumvorstellungen im Gange und dadurch eine permanente Entwicklung und Veränderung der Kräfte. Die Händler sind die Wahlzettel und zugleich die Ermittler des Wahlsiegers. All diese Traumwahlzettel landen in einer Wahlurne. Anschließend kanalisiert man sie entsprechend der Potenz dieser Wunschvorstellungen entweder zu einem Erfinder, wenn es sich um eine noch nicht existierende Ware handelt, oder zu dem Hersteller der gewünschten Ware.
Die Darwinisten bezeichnen diesen Prozess als ,Evolution’. Sie gehen davon aus, dass ein Veredelungsprozess zum Positiven, was auch immer darunter verstanden wird, unausweichlich ist. Jeder, der ein Schema anwendet um die Zukunftsentwicklung vorhersagen zu können, wird eines Besseren belehrt.
In unserem konkreten Fall signalisieren die Händler ein wachsendes Potential des Marktes und dadurch eine härtere Gangart zwischen den Konkurrenten. Für die Händler mit denen wir zusammenarbeiten wollen, ist es von großer Wichtigkeit, die eigenen Reihen dicht zu halten. Die Konkurrenz wird früh genug erfahren, dass ein neues Produkt am Markt ist, das alles andere in den Schatten stellt.
Daher liegt es an euch Dreien, zusammen mit Samuels Söhnen, ein langfristiges tadelloses operierendes Transport- und Verteilungsnetz aufzubauen. Das ist eure primäre Aufgabe. Sobald wir diese Aufgabe mit Samuels Söhnen heute und morgen erläutert haben, sind die 30 Millionen Startkapital gesichert. Danach seid ihr sechs auf eure eigene Initiative angewiesen.
Ich gehe meinen Weg und nehme nur Kontakt zu euch auf, wenn weitere Liefertermine angekündigt werden. Wir kommunizieren danach nur über Anzeigen in Yachtmagazinen. Wie das im Detail funktioniert, darüber reden wir später. Es ist durchaus denkbar, dass ich euch unerwartet aufsuche, wenn es erforderlich sein sollte. Dass ich euch sehr vermissen werde, brauche ich nicht noch extra zu erwähnen.“
„Auf welchem Wege wird uns Kapital zugewiesen?“ fragte Edy, der dabei war eine lange Einkaufsliste zu entwerfen.
„Eine Stiftung aus der Schweiz“, antwortete Don knapp.
„Über welche Gesamtsumme reden wir für dieses Jahr?“ wollte Erol wissen.
„Etwa 300-400 Millionen Australische Dollar. Die Summe hängt davon ab wie schnell ihr geeignete Marinas, Werften und für den Anfang geeignete Schiffe am Markt findet. Deswegen solltet ihr euch zuerst unter-einander einigen, wer welchen Aufgabenbereich übernimmt. Darüber können wir erst reden, wenn wir die Söhne von Samuel befragt haben.“
Don unterbrach das Gespräch und ging zur Brücke. Auf der Steuerbordseite passierte die Yacht mit 17 Knoten und prallen Segeln Green Island. Die Moreton Bay eignete sich bestens um ein Schiff solcher Bauart auf Geschwindigkeit zu trimmen. Die vorgelagerten Inseln, North Stradbroke und Moreton, wirkten wie die Flügel einer brütenden Henne, die schützend die Bucht gegen die Wellen des Pazifiks verteidigte. Nur eine schmale, etwa drei Meilen breite Öffnung, ließ die Strömung für Ebbe und Flut spürbar werden. Aber auch die Winde, die in diesem Abschnitt mit Böen überraschten, sollte man nicht außer Acht lassen. Die Inseln Green, St. Helena und Mud waren nur Sandbänke. Sie boten kaum Schutz vor Böen.
Don errechnete schnell, dass sie etwa um zehn Uhr ihren Zielhafen erreichen würden. Der Wind drehte etwas, deshalb gab er die Anweisung, die Segel für den optimalen Raumwind zu trimmen. Danach bekam die Yacht eine kaum spürbare Kränkung nach Backbord und rauschte mit 18 Knoten dahin. Für ihn und seine Freunde war dieses Gleiten über die Wellenkämme eine völlig neue Erfahrung. Sie hätten sich gerne länger diesem berauschenden Vergnügen gewidmet, aber die verbliebene Stunde bis zum Hafen wollten sie für wichtigere Dinge nutzten.
Alida meldete sich nachdenklich zu Wort.
„Don, bis jetzt warst du derjenige, der alles geplant und in die Wege geleitet hat. Vermutlich hast du damit viel Zeit verbracht, um diese komplexe Vorgehensweise auszutüfteln. Wir drei sind erst seit einer Woche in diese für uns neue Welt eingetreten. Woher bist du dir sicher, dass wir diese Aufgaben ohne deine Hilfe schaffen?“
„Ihr seid doch auch, genau wie ich, von unserer Uroma auf die Stirn geküsst worden. Ich werde meine Wege träumen und ihr die euren. Nehmt eure Träume ernst, dann werdet ihr alles zum gegebenen Zeitpunkt fertig bringen. Die Uroma wird euch diese Gewissheit vermitteln.“
„Diese Zuversicht überkam mich schon, obwohl sie mir nur einmal im Traum erschienen war“, bestätigte Alida mit einem tiefen Seufzer.
Don wechselte das Thema, wandte sich Edy zu und erläuterte ihm, wie er vorgehen sollte:
„Bevor du an Land gehst, wechselst du deine Kleidung. Such dir etwas aus das typisch für Brisbane ist. Ich weiß, dass du die kniehohen Strümpfe nicht magst und die dreiviertel langen Shorts, die deine knochigen Knie zum Vorschein bringen. Sei beruhigt, die Maskerade ist nur von kurzer Dauer. Du sollst einfach in der Menge nicht auffallen.“
„Don, du bist vielleicht der einzige, der mir glauben wird, dass ich das in der letzten Nacht geträumt habe, bevor Erol und ich zum einkaufen gingen“, bestätigte Alida mit einem lauten Lachen.
„Und du hast dich im Traum über Erol köstlich amüsiert, weil er mit seinen dicken Waden und kniehohen Wollstrümpfen wie ein Ringkämpfer durch die Straßen marschierte“, konterte Edy und alle lachten.
„Edy vergiss nicht deine Clubkrawatte umzubinden. Sie ist auch in der Tüte dabei“, ergänzte Alida, deren Lachen im Wind verhallte.
Edy eilte in seine Kabine um sich neu zu kleiden. Die Yacht steuerte Bexter Jetty an. Don signalisierte Erol, die Vorsegel zu reffen, indem er mit den Händen einige Bewegungen machte. Dann rief er laut:
„Erol, komm mal bitte und lass uns die hydraulischen Muskeln ausprobieren. Du wirst die Yacht demnächst steuern müssen. Versuch mal die Segel mit den Hydraulikwinschen zu reffen. Ich steh bei der Winsch und greife ein, wenn es nicht richtig klappen sollte.“
„Ich schalte die Motoren und den Generator an, damit wir genug Strom haben. Dann drehe ich in den Wind, um die Segel zu entlasten. Das wird dann ungefähr der Kurs, den wir beim Anlegen brauchen. Ehe die Motoren warm sind, sind wir schon am Wendepunkt.“
„Aye, Aye, Kapitän, so soll es sein.“
Don schaute auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass es inzwischen Viertel vor zehn geworden war.