Vampire essen keine Pasta. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737581219
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diese Stelle ist günstig, Harry«, meinte ich und zeigte zur Mauer.

      »Wie oft ich dir noch sagen müssen, mein Name ist Haremhab!«, schnappte er wütend. »Du bist ein Riese: Ich befehle dir hiermit, hilft deinem König über diese Mauer!«, forderte er.

      »Okay«, sagte ich, schnappte das dürre Männchen und warf es über den Zaun.

      »Argh!«, ertönte es beim Aufprall.

      Malfurion verdrehte die Augen und grunzte. »Das war mal wieder sehr feinfühlig von dir. Willst du ihm nicht folgen? Du kannst ihn nicht allein da drin lassen.«

      »Kann ich schon! Und er ist nicht mein König!«, erwiderte ich trotzig.

      »Ja, ja! Nun Palaver mal hier nicht so herum. Na, geh schon!«, schob mich mein Schöpfer von sich. Mit einem Satz setzte ich über die Mauer und wäre beinahe auf Harry gelandet.

      »Pass mal auf, du Hampelmann! Du befiehlst mir nicht noch einmal irgendwas. Du bist nicht mein König, klar?«, knarzte ich, doch Harry war wieder einmal total abgelenkt.

      »Ah, sieh doch nur! Gebetsschreine für Bastet, der Tochter des Amun Re und Mutter des Anubis. Göttin der Freude, Liebe und Fruchtbarkeit«, bemerkte er und hielt auf ein paar seltsam anmutende Hütten zu. Darin lagen träge einige Katzen und hielten ein Nickerchen.

      »Göttin der Freude, Liebe und Fruchtbarkeit?«, fragte ich neugierig, weil mich dieses Thema von jeher interessierte. Allerdings glaubte ich kaum, dass diese Katzenhütten Gebetsschreine darstellen sollten. Eher wetterfeste Unterstände, damit die Katzen, die hier im Botanischen Garten als Schädlingsbekämpfer arbeiteten, nicht nass wurden.

      »Ja, einmal im Jahr wurde der Göttin Mut zu Ehren ein Fest gegeben. Das schöne Fest der Trunkenheit«, erklärte Harry. »Dort wurde getrunken, gesungen und jeder durfte jeden lieben. Das Fest hat seinen Ursprung daher, dass Sachmet die dunkle Seite von Bastet ist. Die Vereinigung beider in einer Person, das ist die Göttin Mut. Als Amun den Menschen zürnte, weil sie über ihn haben gelästert, gab er Sachmet den Auftrag, diese Menschen zu bestrafen. Allerdings steigerte sich die löwenköpfige Sachmet zu sehr in ihre Aufgabe und löschte mehr Menschenleben als nötig aus. Um sie zu besänftigen, griff der Gott Amun zu einer List und gab ihr rotes Bier zu trinken. Sachmet glaubte, es sei das Blut der Menschen und trank, bis sie bewusstlos zusammenbrach. Deshalb ist es ein Fest der Ausschweifung und auch der Fruchtbarkeit, weil es im ersten Monat nach der Nil-Schwemme stattfand. Äh, du kennen den Begriff Bastard? Du jetzt wissen woher er kommt.«

      »Aha, man sagt auch: Das geht wie das Katzen machen. Gibt´s bei uns auch, nennt sich Kölner Karneval. Euer Trinkfest klingt wirklich interessant«, entgegnete ich. Und das war nicht nur so daher gesagt. Auch ich trinke mal ganz gerne einen über den Durst, - nicht nur, was Menschenblut betrifft - und so manches Mal blieb ich stockbesoffen irgendwo bewusstlos liegen. Dazu muss ich sagen, dass ich ohnehin unter einem leichten Schlaf leide. Meinen unruhigen Schlaf verdanke ich meinem Schöpfer und ist der Preis, den ich dafür zahlen muss, bei Tageslicht wandeln zu können. Als ehemalige Leibwache meines Erschaffers, musste ich schon beim leisesten Geräusch schlagartig wach und bei klarem Verstand sein. Im Gegensatz zu anderen Vampiren, war es mir nie vergönnt, in eine Todesschlaf ähnliche Starre zu fallen. Na ja, und wenn ich genauer überlege, trank ich seit Amandas Tod eigentlich tagtäglich einen über den Durst. Seit sie nicht mehr da ist, komme ich vor lauter Grübeln nicht mehr zur Ruhe. Da muss ich schon mit einer Flasche Whiskey nachhelfen, um die nötige Bettschwere zu erlangen.

      Unser Harry fiel auf die Knie, hob die Hände und begann in einem seltsamen Singsang zu brabbeln. Sofort riss ich ihn wieder auf die Füße, wobei ich ihn beinahe ein zweites Mal über die Mauer warf, weil er in seinem ausgedörrten Zustand leicht wie eine Feder war.

      »Hör sofort mit diesem Ohren betäubenden Lärm auf!«, keifte ich. »Du wolltest Wasser, und nicht irgendwelche Katzen ansingen! Ist dir eigentlich gar nicht aufgefallen, wie hungrig sie dich ansehen? Los, komm jetzt mit!«, packte ich ihn am dünnen Ärmchen und zog ihn mit mir. Mit einem Blick ins Schloss öffnete ich telekinetisch die Tür zu den Gewächshäusern, schob Harry hinein und drückte ihm einen Gartenschlauch in die Hand. »Hier, jetzt bekommst du genug Wasser für drei!«

      Während Harry noch immer wie gebannt in den Gartenschlauch blickte, drehte ich hämisch grinsend den Wasserhahn auf. Er gab einen Giekser von sich, weil das Wasser eiskalt aus der Leitung kam, genoss aber letztendlich die Dusche. Fasziniert sah ich zu, wie unser Harry langsam Wasser zog und nach einer Viertelstunde, sah er beinahe wieder wie ein ganz normaler Mensch aus. Sein Alter konnte ich nur schwer einschätzen; er war auf jeden Fall älter als vierzig. Aber gut gehalten hatte er sich über all die Jahre allemal. Ein wahrer Kerl von zäher Statur, er machte auf mich den Eindruck, als sei er mehr als die Hälfte seines Lebens damit beschäftigt gewesen, körperliche Ertüchtigung zu betreiben. Zwar war er kein Riese, aber klein konnte ich ihn auch nicht nennen. Seine schwarze, verdorrte Hautfarbe hatte er inzwischen gegen einen dunkel-karamell-farbigen Teint eingetauscht. Und wie mir auffiel, war der Kerl so ganz ohne seine Binden völlig nackt. So konnte er unmöglich durch die Straßen tappen. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und machte sich am Gartenschlauch zu schaffen.

      »Hey, Moment mal, Harry! Was soll das werden, wenn es fertig ist?«, fragte ich den Hirnamputierten.

      »Oh, das seien eine herrliche Erfindung. Ich will das mitnehmen, dann ich habe immer genug Wasser bei mir!«, grinste er und entblößte ebenmäßige, weiße Zähne.

      »Nein, das wird nicht nötig sein, wir haben hier genug Wasser, schließlich leben wir nicht in der Wüste«, versuchte ich ihm die Lage begreiflich zu machen.

      »Ach, ich verstehen. Bei euch tritt mehrmals im Jahr der Fluss über die Ufer?«

      »Nein, um Gottes Willen, lieber nicht, das wäre eher eine mittelschwere Katastrophe. Nein, wir haben ziemlich viel Regen und auch genug Grundwasser.«

      »Regen?«, fragte er ungläubig. »Ich vielleicht ein oder zweimal in meinem Leben erlebt«, staunte er.

      »Ja, bei euch, auf der anderen Seite des Mittelmeers, ist es schon ziemlich heiß und trocken, wie? Hier!«, warf ich ihm mein T-Shirt zu. Zum Glück trug ich noch ein Tanktop darunter. Schließlich konnte Harry nicht nackt herumlaufen. »Zieh das über, ich weiß ja, dass es bei euch so warm ist, dass man ganz gerne mal etwas unter der Gürtellinie baumeln lässt, aber hier ist es nicht erwünscht, unbekleidet durch die Straßen zu ziehen. Dadurch bekommen wir nur Ärger!«

      Mit meinem T-Shirt sah er wie eine Chica nach einer IceBuckett-Challenge aus. Es wirkte beinahe schon an ihm, als trüge er ein Minikleid. Da er jetzt kein Wasser mehr brauchte, gingen wir zurück zur Mauer. »Soll ich dir drüber helfen?«, fragte ich grinsend.

      Er schüttelte den Kopf und kletterte behände über die Mauer. Unten angekommen, knurrte sein Magen ziemlich laut, und trotz des T-Shirts sah man seinen Zipfel herum baumeln.

      »Herrje! Der blöde Hund ist ja schon wieder da!«, stellte ich verblüfft fest. Der Köter wedelte begeistert mit dem Schwanz. »Ihr habt ihn doch nicht etwa angelockt?«

      »Nein, er kam ganz von allein. Ich denke, er fühlt sich als Freak von uns angezogen. Er ist ein guter Hund«, äußerte sich Malfurion.

      Er ging vor, Harry kam hinter ihm und ich bildete das Schlusslicht. Die Kinder postierten wir links und rechts.

      »Hast wohl schlimmen Hunger, wie?«, fragte Malfurion den Auferstandenen emphatisch.

      »Ja, ich haben eine Ewigkeit nichts mehr gegessen!«, gab er zurück.

      »Geht sich scheiße, so barfüßig, wie? Vielleicht solltest du auf dem riesigen Dreibein dort reiten... Hier, nimm einen Hundekuchen«, gab ich Harry einen in die Hand.

      »Hundekuchen?«, fragte er erstaunt.

      »Ja, mit ganzen Hunden drin. Ist in Thailand eine echte Delikatesse«, frotzelte ich. Der Ex-Pharao schien überzeugt und biss herzhaft hinein. Der dreibeinige Hund stieß ein leises Jaulen aus und leckte seine Lefzen.

      Als wir an einem Hinterhof vorbeikamen, blieb mein Schöpfer abrupt stehen,