Vampire essen keine Pasta. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737581219
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schon lange kein Kind mehr, falls er überhaupt jemals eines war. Wie ein Teufelchen dazu kam, unser Familienmitglied zu werden? Er war damals das Helferlein des Dämonen Zaphiel, der ein wenig über die Stränge schlug und einen Atomschlag anzetteln wollte. Ructus wurde von seinem Herrn angewiesen, Satan nicht darüber in Kenntnis zu setzen. Als Satan das erfuhr, entließ er Ructus wegen Hochverrats und spießte ihm eine fristlose Kündigung in aramäischer Schrift ans Horn. Nun stand er ganz schön dumm da. Und wegen seines Analphabetentums, wurde das Teufelchen von Cornelius unterrichtet, um nach abgeschlossener Ausbildung, einen Job bei Salomons Ring annehmen zu können. Da der kleine Kerl an und für sich ein verträglicher Zeitgenosse ist und dazu der Klassenkamerad meines Sohnes, schlug meine inzwischen verstorbene Frau Amanda vor, ihn mit in unseren Familienurlaub fahren zu lassen. Traurigerweise wurde Amanda dann erschossen und Ructus half meinen Kindern dabei, die Trauer ein wenig besser zu verarbeiten. Schwiegermonster Annie beschloss daraufhin, Ructus solle bei uns wohnen. Vermutlich war es nicht ihre eigene Idee, sondern sehr wahrscheinlich auf dem Mist von Cornelius gewachsen. Und seitdem ist Ructus unser Dauergast. Zum Glück bremst er meinen Sohn ein wenig dabei aus, zu viel Unfug anzustellen. Und wenn mal jemand seinen Schlüssel vergaß, oder schnell irgendwo ohne ein Passwort in einen PC kommen wollte, brauchten wir nur Ructus zu fragen, denn der kam seltsamerweise überall hinein, was ich als äußerst praktisch erachte. Nur sein Aussehen machte uns ein wenig zu schaffen, weil er knallrot wie ein Gummiboot ist. Zuerst mussten wir ihn aufwändig mit einer neumodischen Verkleidung aus Kunsthaut maskieren, um mit ihm überhaupt unter die Leute gehen zu können. Doch mittlerweile brachte Cornelius ihm einen sinnvollen Tarnzauber bei, der jeden blendet, der nicht weiß, dass es sich bei ihm um einen Teufel handelt. Für andere sieht er wie ein ganz normaler Sechsjähriger mit braunen, welligen Haaren aus...

      So gesehen, befand sich eigentlich nur ein Kind bei uns, nämlich mein Sohn Agnir. Aber wenn er weiter so rasant wuchs, würde er recht bald keines mehr sein. Er entwickelt sich verdammt schnell und wächst in einem Monat, wie ein normales Kind in einem ganzen Jahr. Vampir-Hybriden sind eben etwas Seltsames. Weder ganz Mensch, noch ganz Vampir. Agnir scherzt des öfteren, er sei ein Kartoffelkloß halb und halb.

      Mein Sohn ergriff routiniert meine Hand. Manchmal frage ich mich, wer von uns beiden eigentlich versucht, den anderen vor Schaden und Dummheiten zu bewahren.

      Ructus lief neben meinem Schöpfer brav bei Fuß.

      »Echt, ihr solltet nicht nebeneinander laufen«, witzelte ich. »Davon bekomme ich Augenkrebs«, grinste ich vor mich hin. »Ein roter Teufel und ein grüner Vampir, das sticht sich total!«

      Wir sahen uns auf der Piazza um. Tagsüber schien dies ein gern frequentierter Platz zu sein. Die Stufen der Basilica luden tagsüber zum Hinsetzen und Verweilen ein. Doch nun, da die Sonne schon seit Stunden untergegangen war, blieb der Platz leer und verwaist. Inmitten des Platzes befanden sich ein Reiterdenkmal und ein Brunnen. Und wer gänzlich die Orientierung zu verlieren drohte, brauchte lediglich die Augen zu heben, um nach der Domkuppel Ausschau zu halten, die alle Gebäude überragte und beinahe von jedem Standpunkt aus zu erspähen war.

      Um zum Museo Acheologico Nazionale di Firenze zu kommen, brauchten wir bloß gemütlich die Via della Colonna entlang zu schlendern. Ein Pärchen, das uns lachend entgegenkam, nahm uns wahr und ignorierte uns des Weiteren. Das fand ich äußerst merkwürdig und der Situation nicht angemessen.

      »Malfurion? Warum laufen diese Menschen nicht mit wehenden Haaren vor uns davon?«, fragte ich, weil ich meine Neugier nicht länger im Zaum halten konnte.

      »Warum sollten sie vor einem alten Herren mit seinen Enkelkindern und dessen Begleitung davonlaufen? Das ist alles eine Frage des Könnens. Aber du warst ja in solchen Dingen nie besonders begabt. Ich schätze, du weißt bis heute noch nicht genau, wie man andere geistig beeinflusst. Du warst eben schon immer der Mann für´s Grobe«, erklärte mein Schöpfer.

      »Wenn du mich fragst, ist dieser ganze Psycho-Quark eine unehrliche Sache. Täuschen, Trügen und Gaukeln, das ist nichts für einen Mann von Ehre!«, gab ich zurück.

      »Aber Ärger, wie?«, schmunzelte Malfurion amüsiert.

      »Nicht zwangsläufig. Bei einer klaren Auseinandersetzung steht wenigstens hinterher fest, wer der Stärkere ist«, gab ich mein Statement ab.

      »Ja, das vielleicht, nur deinen Frieden wirst du mit dieser Taktik wohl kaum finden«, erklärte er nüchtern. »Wir wollen in aller Ruhe ins Museum und uns eine schöne Zeit machen, und nicht in die Arena gehen, um andere zu verkloppen. Ob du dieses Tarnfeld richtig oder falsch findest, ist mir völlig egal, aber es hilft, nicht aufzufallen. Noch Fragen?«

      »Äh, ja... Wie wollen wir um diese Zeit ins Museum kommen? Und wie reagiert der Nachtwächter auf unseren Besuch?«

      Agnir drückte meine Hand. »Papa, ich weiß, wie wir ins Museum kommen!«, grinste er wissend.

      »Ach ja? Du bist ja ein ganz Schlauer, wie? Na, dann erzähl doch mal, wie wir nachts ins Museum kommen wollen?«

      Noch immer strahlte Agnir vergnügt. »Ganz einfach! Durch die Tür!«

      Daraufhin verdreht ich grunzend die Augen. »Das war eigentlich keine Scherzfrage. Gut, wir sind schon da. Dann bin ich jetzt mal außerordentlich gespannt! Moment mal, wo ist eigentlich Ructus abgeblieben?«, drehte ich mich suchend um. In der Hitze der Diskussion, war uns dieser kleine Heimlichtuer irgendwie abhanden gekommen.

      Mir verschlug es beinahe den Atem, als ich ihn dabei ertappte, wie er einen riesigen schwarz-braun gestromten Hund mit irgendetwas fütterte. Der sitzende Hund war beinahe so groß wie der stehende Ructus. Eine hässliche Kreatur, irgend so ein dahergelaufener Molosser-Mischling mit einem hängenden Gesicht. Jedes Mal, wenn ihm Ructus etwas zum Futtern zuwarf, machte es »Wapp!« wenn der Köter es auffing und darauf herumkaute. Wenn der Kleine nicht aufpasste, würde der Riesenköter ihn mit Haut und Haaren verspeisen. Schnell zog ich Ructus aus dem Aktionsradius des fremden Hundes.

      »Sag mal, hast du deinen Verstand verloren?«, schnauzte ich das kleine Teufelchen an.

      »Aber Ragnor, guck doch mal, er hat Hunger!«, wehrte der Kleine ab, warf einen Hundekuchen, der wieder mit einem »Wapp!« vom Köter aufgefangen wurde.

      »Ja, er hat Hunger auf Teufelssalat, oder was? Ist das nicht der Streuner von vorhin, der mir vor den Wagen lief? Was fällt dir eigentlich ein? Du kennst diesen Hund doch überhaupt nicht. Er könnte bösartig, oder gar tollwütig sein und zubeißen, oder Würmer haben. Und warum schleppst du Hundekuchen in deiner Tasche mit dir herum?«, beendete ich meine Moralpredigt.

      Reumütig blickte der Kleine zu mir auf. »Wenn ich mit Charlie Gassi gehe, muss ich immer welchen dabei haben, ich kann ihn schließlich nicht tragen, dafür bin ich zu klein«, gab er zur Antwort und zeigte auf diesen hässlichen Hund. »Er ist aber ganz brav, kann ich ihn nicht behalten?«

      »Was? Nee, er ist ein Streuner, die werden nie heimisch. Außerdem ist das ein halbes Kalb, wie willst du den satt bekommen? Zudem ist der hässlich wie die Nacht, mit seinem Hängegesicht. Hunde mit so einem Gesicht, sabbern ganz fürchterlich. Guck ihn dir mal an, ihm fehlt sogar eine Vorderpfote! Aha, das erklärt auch, wieso er hinkt. Komm jetzt, die anderen warten schon auf dich!«, schob ich Ructus vor mich her. »Behalten!«, brummte ich verstimmt. »Aber sonst geht es dir gut, oder was?«

      Endlich waren wir wieder vollzählig. Im Grunde genommen, sogar übervollzählig, denn der hässliche Köter hatte sich uns angeschlossen. Ich ließ mir von Ructus einen Hundekuchen geben und warf ihn so weit ich konnte. Der hässliche Köter jagte ihm hinkend hinterher. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

      »So, jetzt bin ich wirklich gespannt, wie wir ins Museum kommen wollen!«, frotzelte ich.

      Mein Schöpfer fackelte nicht lang, sondern klopfte laut an die Museumstür. Sehr zu meinem Erstaunen, öffnete der Nachtwächter mit entnervter Miene.

       »Che cosa vuoi ancora? Oh, ho pensato che fosse mio fratello. Signore, abbiamo chiuso!« (Was willst du schon wieder? Oh, ich dachte, es sei mein Bruder. Mein Herr, wir haben geschlossen!)

      Nun wurden wir alle Zeugen, wie Malfurion seine Psychotricks