Vampire essen keine Pasta. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737581219
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stürmte Kurs haltend auf mich zu, und gab dabei einen schnatternd-vorwurfsvollen Ton von sich.

      »Hey, Joey. Wie fühlst du dich als Italiener?«, fragte ich den Kater, obwohl ich keinerlei Antwort von ihm zu erhalten glaubte. Aber eines kann ich dennoch von Katzen behaupten: Sie sprechen eine sehr differenzierte Sprache. Während Hunde nur ein paar Laute von sich geben können, beherrschen Katzen dagegen sicherlich Tausende. Egal ob Keckern, Fauchen, Miauen, Schnurren, oder Schreien. Und eins kann ich euch sagen: Joey ist sehr gesprächig. Mich wunderte es wirklich, dass der Kater so schnell heimisch wurde und nicht über alle Berge flüchtete. Sicherlich verbrachte er an diesem Ort seinen ersten Tag damit, anderen Katzen zu zeigen, wer denn nun die gestreiften Macker-Hosen an hatte. Zuhause war er eindeutig der Chef-Kater. Wenn man Joey etwas genauer betrachtet, kann jeder eindeutig erkennen, dass sein Lebensstil sehr anstrengend war und er dafür einige unschöne Hinterlassenschaften davontragen musste. In seinem linken Ohr trug er einen beachtlichen Knick. Keine Ahnung wie er so etwas hinbekommen hatte, aber ein richtiger Boxer trug auch schon mal ein Blumenkohlohr aus einem Kampf hervor. Obwohl Agnir immer wieder versucht, Joeys Ohr aufzurichten, blieb dieses Unterfangen bisher fruchtlos. Der Schaden ist definitiv irreversibel.

      Wie erwartet, äußerte Joey sich nicht zu der Sache mit der neuen Nationalität. Ihm war es sichtlich egal, Hauptsache er konnte herumstreunen, seinen Status als Chef-Kater genießen und wenn obendrein die Mäuse-Ernte reichlich ausfiel, umso besser.

      Er ditschte seinen Kopf gegen mein Schienbein und rieb sich daran, während ich ihm den Rücken streichelte.

      Hinter mir ertönte Malfurions Stimme: »Na, ich dachte, du magst keine Katzen? Meintest du nicht, du wärst eher ein Hunde-Typ? Da reibt sich eine Pussy an deinem Bein.«

      Ich ließ von Joey ab und blickte mich um, ob die Kleinen dabei waren. Sie waren nicht da, deshalb entschloss ich mich zu einer kleinen Dreistigkeit. »Nein, das ist keine Pussy, sondern unser Kater Joey. Er ist der Grund, weshalb ich kein Notebook habe. Und ja, ich hätte lieber einen richtigen Hund, nicht so einen wie den phlegmatischen Charlie, den man beim Gassigehen tragen muss. Außerdem, ich wäre sichtlich erfreut, wenn sich eine Pussy an meinem Bein reiben würde, wenn es nicht gerade Dynas Pussy ist!«

      Mein Schöpfer lächelte unschuldig und ging mit Joey auf Tuchfühlung. Der Kater war ein echter Opportunist, wenn´s darum ging, Streicheleinheiten zu empfangen. Er stieg sogar auf die Hinterbeine, um sich der streichelnden Klauenhand entgegen zu werfen.

      »Wo sind Agnir und Ructus?«, sah ich mich um.

      »Oh, die kommen gleich. Annie macht sie fein für´s Ausgehen und impft ihnen sicherlich einen gewissen Verhaltenskodex ein. Und du? Was soll dieses alberne T-Shirt mit der Aufschrift: ›Umgeben von Idioten‹?«, brummelte er angefressen. »Ach so, wenn du einen Computer brauchst, wir haben einen Raum, wo mehrere Workstations stehen«, unterrichtete er mich.

      »Äh, muss ich dir das mit dem T-Shirt erst erklären?«, fragte ich. »Okay, Workstations, klingt gut.«

      »Ah, da kommen die Herren Agnir und Ructus!«, stellte Malfurion fest. Annie war ebenfalls dabei, ignorierte mich aber geflissentlich, vermied mit mir den Augenkontakt, um ihre Abneigung mir gegenüber besser im Zaum halten zu können.

      Gelassen sah ich zu, wie Annie die Kinder in den Kindersitzen anschnallte. Malfurion nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Offensichtlich konnte oder wollte er nicht Auto fahren. So gesehen, würde ich mich als Fahrlehrer strikt weigern, so jemanden wie ihn, im Fahren zu unterrichten. Gleichfalls stieg ich in den Nissan. Annie kam zu Malfurion ans Fenster und klopfte. Ich drehte den Schlüssel im Zündschloss, um die Elektrik zu aktivieren, sodass er das Fenster herunterlassen konnte. »Ja?«, fragte er sachlich.

      »Versprich mir, dass du weder Agnir, noch Ructus aus den Augen lässt!«, forderte Annie. »Wenn ihr wieder zurück seid, soll Ragnor sie ins Bett bringen. Ich mache mit Vittoria, der Köchin, eine Weinverkostung und denke, bis dahin werde ich entweder total betrunken, oder bereits todmüde sein.«

      »In Ordnung, Annie. Aber sollte Ragnor dir das Ganze nicht gleichfalls versprechen?«, fragte mein Schöpfer.

      »Er hat uns schon zu viel versprochen!«, blockte Annie ab. Dann gab sie sich nochmals gluckenhaft, rang den Kindern ebenso ein Versprechen ab, dass sie sich ordentlich benähmen, winkte und ging wieder ins Haus. Joey folgte ihr mit erhobenem Schwanz. Er vermutete, wenn sie mit dieser Vittoria in der Küche herumhing, würde etwas Leckeres für ihn dabei abfallen.

      Mein Schöpfer sah mich amüsiert an. »Im Moment würde ich euer Verhältnis als sehr frostig einstufen«, schmunzelte er.

      »Ja, sehr eisig. Tiefster Südpol im Winter«, nickte ich verdrossen und startete den Motor. »Seit Annie von Cornelius zur Vampirin gewandelt wurde, nenne ich sie nur noch ›Fergus‹, weil sie sich ständig wie einer dieser dickköpfigen Highlander aufführt«, schmunzelte ich.

      Mit einem Blick in den Rückspiegel, der daraufhin direkt einen Riss bekam, sah ich zu Ructus. »Wo ist eigentlich Alice?«

      »Alice schläft schon«, winkte er ab.

      »Lass mich raten, was du von zuhause mitgenommen hast: Alice und dein Notebook, richtig?«, wollte ich wissen.

      »Jepp!«, nickte der Kleine.

      … Typisch, er konnte ohnehin nirgends ohne den Dodo Alice hingehen. Er rannte ungefragt hinter Ructus her, weil er ihn als dessen Ersatzmutter ansah. Alice ist ein Geschenk meines Sohnes Gungnir. Er schenkte mir zum Geburtstag, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Überraschungsei. Zuerst hielt ich es für einen Stein, doch er verneinte und erklärte mir, dass ein Kuriositäten-Jäger dieses Ei extra für mich von der Insel Réunion mitbrachte. Also hegten und pflegten wir dieses Mitbringsel und borgten uns sogar von Simon einen Brutkasten. Nach ein paar Wochen schlüpfte ein mega-hässliches Vogelküken, bei dem wir erst einmal einen Fachmann fragen mussten, was es denn überhaupt sei. Ructus war das erste Wesen, das unser Alice nach dem Schlüpfen erblickte, und war damit sofort auf ihn geprägt. Tja, nun gehört ein offiziell ausgestorbener Vogel zu unserer Familie...

      Wie ich mir schon dachte, fuhren wir nach Florenz. Mein Beifahrer lotste mich gekonnt durch die schmalen Gassen der Altstadt. Ohne ihn hätte ich mich wahrscheinlich hoffnungslos verfahren, weil die Altstadt aus gefühlten eintausend Einbahnstraßen bestand. Zwei Autos konnten unmöglich in so einer engen Straße aneinander vorbeikommen. Sicherlich gab es damals auch schon Kutschen, bei denen das gleiche Problem existierte. Nur herrschte damals eine ganz einfache Verkehrsregel: Der Adel genoss immer Vorfahrt.

      Sehr zu meinem Erstaunen suchte ich vergebens in unserem Wagen nach einem Navi. Auf die Frage hin, warum es keines gäbe, antwortete mein Schöpfer lakonisch, dass er keines bräuchte. Na, dann war ja alles klar. War mir ohnehin lieber, weil alles, was ein GPS beinhaltete, auch ebenso gut geortet werden konnte.

      Wir fuhren durch einen Torbogen und erreichten einen offenen Platz, die Piazza della Santissima Annunziata. Urplötzlich musste ich tierisch auf die Bremse treten, weil ein großer Hund ganz wagemutig noch vor uns die Straße überqueren wollte. »Blöder Scheißköter!«, blaffte ich ihm hinterher. So schnell wie es aufgetaucht war, war das große Tier wieder verschwunden.

      »Stimmt, da gebe ich dir eindeutig recht! Du bist eher der Hundetyp. Du bellst wirklich laut«, schmunzelte Malfurion und beschied mir, wir könnten hier unbehelligt parken.

      Agnir meldete sich empört vom Rücksitz: »Ich glaube, du hast den armen Hund angefahren! Er hinkte, ich habe es ganz genau gesehen!«, rügte er mich im vorwurfsvollen Ton.

      »Nein, habe ich nicht, du Schlaumeier! Ich bremste früh genug, ich habe ihn nicht mal mit dem Kuhfänger berührt. Wenn er hinkt, dann nicht wegen mir. Er kann froh sein, dass ich für ihn bremste, ansonsten fahre ich nämlich über alles, was nicht schnell genug von der Straße verschwindet«, gab ich zurück. Gewissermaßen bremse ich für niemanden. Barbiel regt sich immer ganz fürchterlich darüber auf, wenn ich beim Autofahren Igel jage und platt fahre. Für Katzen und Hunde gibt es Zusatzpunkte.

      Wir stellten den Wagen ab. Die Kinder ließen sich zwar immer brav von Annie anschnallen, doch frei machte sich das kleine Anarchisten-Pack