Vampire essen keine Pasta. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737581219
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die inzwischen wieder aufgetaucht ist. Ein Teil geht an Jule und der letzte Teil an mich«, entschied ich spontan. »Dann bleibt immer noch genügend übrig, um meiner jetzigen Familie ein sorgenfreies Leben zu finanzieren.

      »Gut, hier ist eine Aufstellung deines Nachlasses. Lies alles in Ruhe durch, dann können wir sehen, wie wir es nach deinem Gusto aufteilen«, nickte Edwin, klappte seinen Koffer zu und verabschiedete sich. »So, Ragnor. Ich bedanke und empfehle mich und wünsche euch eine Gute Nacht. So eine laue Toskana-Nacht, darf man nicht in geschlossenen Räumen verbringen«, machte er vor meinem Schöpfer und mir eine knappe Verbeugung. Wir wünschten ihm ebenfalls eine gute Nacht und der lange totgeglaubte Edwin von Weyden trollte sich.

      … Und ich überlegte, wenn ich mich schon zur Ruhe setzen sollte, warum nicht eine Karriere als Porno-Darsteller anzustreben? Da verdient man quasi sein Geld im Schlaf... äh, im Beischlaf. Das wäre doch was für mich. Ragnor, der rote Rammler. Ha, ha, ha!...

      »Jule?«, fragte mein Schöpfer erstaunt. »War sie nicht gestorben? Wie kann das sein?«

      … Mein Luftschloss zerplatzte mit einem lauten Knall...

      »Was? Oh, ja, das ist wahrlich eine haarsträubende Geschichte... Ach, du hast ja gar keine Haare!«, griente ich hämisch. »Die erzähle ich dir ein anderes Mal. Sehr kompliziert, mit Zeitreise und so. Jedenfalls habe ich Jule zurückgeholt. Und damit hab ich Volltrottel, sie gleichzeitig in Gefahr gebracht. Sie ist in der Zentrale von Salomons Ring«, meinte ich von Selbstvorwürfen geplagt.

      »Du wirst doch deshalb nichts Unüberlegtes unternehmen, oder?«, fragte Malfurion skeptisch.

      »Doch! Ich werde meine Töchter retten, den Laden aufräumen und anschließend mein Leben wieder so leben, wie ich es geplant habe. Meinst du etwa, ich gebe abermals ein Haus auf, das ich gerade erst abbezahlt habe?«, schnaufte ich verärgert.

      »Du wirst gar nichts dergleichen tun!«, fiel mir mein Schöpfer ins Wort. »Denn genau solche Pläne sind es, die dich jedes Mal ins Unglück stürzen. Cornelius wird schon darauf achten, dass deinen Töchtern nichts Schlimmes widerfährt!«, beendete er die Diskussion.

      »Aber...«, wollte ich einwerfen, doch er hob drohend die Pranke, und wer von ihm schon mal eine ordentliche Backpfeife kassierte, weiß was er davon hat. Nämlich einen Handabdruck auf der Wange, für mindestens eine Woche, in den schillerndsten, psychedelischen Farben. Dieser alte Vampir war beinahe allmächtig - mächtiger als alle meine Feinde zusammen.

      »Gut, dann wäre das also erledigt«, brummte er im ruhigen Tonfall.

      »Deine Regeln. Ja, so einfach ist das, nicht wahr?«, maulte ich beleidigt. »Wenn ich mich hier so umblicke, warst du wohl viel unterwegs, wie?«

      Er wirkte wieder amüsiert. »Du weißt doch, das Reisen erweitert den Horizont. Es ist seit unserem letzten Treffen viel Zeit vergangen, und wir Vampire sollten nie zu lange an einem Ort verweilen. Also reiste ich mit Edwin, wenn er nicht gerade die Winter in Skandinavien verbrachte, durch die Weltgeschichte. Sehr interessant, ich habe viel gesehen«, breitete er die Pranke aus und deutete mit einer Handbewegung auf die vielen exotischen Gegenstände.

      »Und was sind das für Leute, die hier im Haus wohnen? Mir ist nicht entgangen, dass es Menschen sind. Sind das deine Langschweine?«, fragte ich voller Neugier.

      Mein Schöpfer machte ein verächtliches Geräusch. »Langschweine! Lass das nur nicht deine Freunde von Salomons Ring hören. Deine Meinung über Menschen ist noch immer eine sehr herablassende. Nein, ich halte mir hier kein Vieh, jedenfalls kein menschliches«, schüttelte er sein Haupt. »Eigentlich kann ich mir selbst nicht erklären, wie es dazu kam. Aber jeder der hier wohnt, hat seine eigene Geschichte und Gründe für seinen Ausstieg, um hier zu leben. Und lass dir eins gesagt sein, meistens keine angenehmen. Frauen auf der Flucht vor ihren prügelnden Ehemännern. Männer, die in ihrem vorherigen Leben schlimme Fehler machten und so weiter. Zuerst kamen sie nur, um hier einen Sommer lang entweder bei der Viehzucht, oder in den Weinbergen oder Olivenhainen zu arbeiten. Doch es blieben immer ein paar von ihnen, weil sie das Leben hier als angenehm empfinden. Wir sind eine friedliche Gemeinschaft, die sich an die aufgestellten Regeln hält«, erklärte er, während ich vor mich hin grinste. »Scherze nicht, aber wir haben hier unser eigenes Utopia erschaffen - und es funktioniert. Löchere nicht die Leute, was der Grund für ihren Ausstieg ist. Entweder sie erzählen es dir von allein, oder sie schweigen darüber.«

      »Es ist mir doch völlig wurscht, was ihre Beweggründe sind, solange sie mir nicht auf den Sack gehen!«, schnaufte ich. »Wer ist Cesare?«, fragte ich daraufhin. Schließlich musste ich ihn durchleuchten, da er meine Kinder unterrichtete.

      »Cesare ist seit zwei Jahren bei uns, er ist vertrauenswürdig, intelligent und ansonsten gern das Mädchen für alles. Ich würde ihn dir gerne vorstellen, aber er hat im Moment seine freien Abende. Drei im Monat, direkt hintereinander.«

      »Okay, morgen nehme ich ihn in Augenschein.«

      »Ach, übrigens, ich habe Ructus und Agnir versprochen, mit ihnen ins Museum zu gehen«, griff er in die Hosentasche und warf mir einen Autoschlüssel zu. »Du fährst! Für gewöhnlich chauffiert mich Cesare, aber wie gesagt, er hat heute Abend frei.«

      »Wie? Ich fahre? Und was soll das heißen, du versprachst, mit ihnen ins Museum zu gehen? Du kannst nicht einfach mit meinen Kindern mitten in der Nacht in einem Museum herumspazieren!«

      »Natürlich, wieso denn nicht?«, schmunzelte er.

      »Weil ich da auch noch ein Wörtchen mitzureden habe! Ich bin schließlich ihr Erziehungsberechtigter!«, machte ich meinem Unmut Luft.

      »Annie ist es auch, und sie hat nichts dagegen«, konterte er. »Eine meiner ersten Regeln lautet: Nicht auffallen!«

      »Klugscheißer, ich bin zwei Meter fünf groß, wie soll ich nicht auffallen? Agnir und Ructus werden sich fürchterlich langweilen!«, hielt ich dagegen.

      »Nicht da, wo wir hinfahren. Dort gibt es keine langweiligen Gemälde.«

      Grunzend verdrehte ich die Augen. »Nicht? Na gut, überredet. Wir treffen uns vor dem Haus, ich muss mich umziehen!«

      Ein lebendiger Hund ist besser als ein toter Löwe.

      (Bibelweisheit)

      Hah! Nicht auffallen! Wie will´s dieser Kerl mit seiner Monsterfresse fertig bringen, nicht aufzufallen?«, brummelte ich angepisst vor mich hin, erwischte den offensichtlich falschen Ausgang, der auf einen weitläufigen Hof führte und den Blick auf einen passablen Garten mit gepflegten Hecken und Zypressen freigab. Wenn hier ein Vehikel entlangfuhr, dann nur ein Aufsitz-Rasenmäher. Für einen PKW waren die Wege eindeutig zu schmal. Ich fragte mich, ob mein Schöpfer neuerdings unter die passionierten Gärtner gegangen war. Ohnehin waren die Dimensionen dieses Gartens so riesig, dass sicherlich nicht nur ein einziger Gärtner für dessen Pflege verantwortlich sein konnte. Ein Grienen huschte über meine Lippen, als ich mir Malfurion auf einem Rasenmäher sitzend vorstellte, oder wie er gar auf einer Leiter stehend, mit der Heckenschere herum fuhrwerkte.

      Da ich hier eindeutig den falschen Weg eingeschlagen hatte, suchte ich den vorderen Ausgang. Aus Orientierungsgründen umrundete ich zur Hälfte den Palazzo in östlicher Richtung. Nachdem ich die Vorderseite des Hauses erreichte, fand ich einen geparkten Nissan Pathfinder. In meiner Hosentasche wühlte ich nach dem Zündschlüssel, blickte drauf und erkannte das Nissan-Logo. Ich drückte den Knopf im Schlüssel, der Wagen blinkte und die Zentralverriegelung öffnete. Aha, das war also unsere neue Familienkusche. Ein wenig fremd wirkte der mächtige Kuhfänger, der die Funktion der normalen Stoßstange übernahm. Und wieder fiel mir ein, dass angeblich Malfurions oberste Devise lautete, nicht aufzufallen. Halleluja, wie passte der Stoßfänger zu dieser Aussage?

      Der feine Kies knirschte unter meinen Schuhsohlen, als ich auf den Wagen zuging. Etwas Seltsames fiel mir auf. Die Grillen zirpten, doch sobald ich in ihre Nähe kam, verstummten sie abrupt. Das muss wohl an meinem äußerst schlechten Karma liegen. In meiner Gegenwart wird frische Milch sauer, Spiegel gehen zu Bruch (passierte mir vorhin beim Rasieren) und nun auch noch die Grillen, die