Vampire essen keine Pasta. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737581219
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parkenden Jaguar.

      Der Grauhaarige griff in seine Jackentasche, zog einen Block mit Kugelschreiber heraus und notierte eine Adresse. Dann riss er geräuschvoll das Blatt aus dem Notizblock. »Hier, geh zu dieser Adresse und sage, Cornelius schickt dich. Samuel ist ein alter Freund von mir und es steht noch ein Gefallen aus, den er mir schuldet. Sag ihm liebe Grüße von mir«, nickte er dem verdutzten Hundebesitzer zu. Dieser faltete den Zettel zusammen und verstaute ihn in seiner schmutzigen Jacke. »Danke Mann!«, strahlte er und ging mit seinem struppigen Fiffi davon.

      Cornelius fühlte sich jetzt ein wenig besser, fragte sich jedoch, wieso um diese Zeit die Pforten der Bank überhaupt noch geöffnet waren. Doch als er sich bewusst wurde, mit wem er neuerdings sein Leben teilte, fiel ihm ein, dass Cassandra selbst früh morgens um drei einen Termin bekommen könnte. Seine Frau leitete eine dubiose Finanzfirma namens Dragon Consulting, die mit Kapitalvolumen jonglierte, die so riesig waren, dass er nie wirklich die Zahl entziffern könnte, falls er sie jemals auf Papier erblicken sollte. Kein Wunder, wenn Cassandra so hofiert wurde.

      »Madame Drake! Welche eine Freude, Sie wiederzusehen!«, begrüßte der Schmierlappen Cassandra im schönsten Schwyzerdütsch und einem galanten Handkuss. Vor Cornelius machte er eine knappe Verbeugung und reichte ihm ebenfalls begrüßend die Hand, zum Glück ohne Cornelius´ dieselbige abzubusseln. »Mein Name ist Henry Frey, Madame Drakes persönlicher Betreuer.«

      »Cornelius della Monte, Madame Drakes persönlicher Ehemann«, gab er lakonisch zurück und machte keinen Hehl daraus, Herrn Frey nicht sonderlich zu mögen.

      Der Banker lachte amüsiert über Cornelius´ Bemerkung. »Oh, Sie Glückspilz, ich möchte Ihnen herzlich gratulieren. Folgen Sie mir bitte!«

      Cornelius wusste, sollte es jetzt zu regnen beginnen, würde Herr Frey sicherlich sofort einen kleinen Regenschirm zücken. Nachdem sie das Gebäude betraten, wurde zwar kein roter Teppich ausgerollt, jedoch tat der Pomaden-Kopf so, als gehöre ihm die Bank persönlich und knipste ein so strahlendes Lächeln an, welches selbst einen Vampir in Angst und Schrecken versetzen konnte. Der Graue hegte eine beinahe schon krankhafte Abneigung gegen Schweizer Banken. In seinen Augen waren sie schier unmenschliche Geldtempel, die nach Blut und Opfern gierten. Sofort dachte er an einen taktischen Rückzug, denn nicht nur der Bankangestellte, sondern auch die geräumige Schalterhalle mit ihren schwarz-weißen Bodenplatten schüchterte ihn merklich ein. Leicht neurotisch versuchte er nur auf die weißen Platten im Boden zu treten. Unsicher drehte er sich immer wieder dem rettenden Ausgang zu und dachte an eine sofortige Flucht aus der Bank des Grauens. Nur hielt Cassandra seine Hand so fest umklammert, dass er sie wahrscheinlich abnagen müsste, um frei zu kommen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als brav mitzugehen.

      Überhaupt mochte er weder den Bankier, noch Schweizer Banken schlechthin. Er billigte einfach nicht, wie die Schweiz im zweiten Weltkrieg die Grenzen vor den Nasen der Flüchtigen dicht machte. Trotz allem aber keine Scham verspürte, sich am Hab und Gut der Entrechteten zu bereichern. Fünfundsiebzig Prozent der Nazi-Geldgeschäfte wurden über »neutrale« Schweizer Banken abgewickelt. Wenn jemand Cornelius fragte, wo das ganze Nazi-Raubgold abgeblieben war, musste er sich nur umsehen, um zu wissen, wer der Nutznießer des zusammengebrochenen dritten Reiches gewesen war. Lang lebe das Bankgeheimnis. Für ihn als Humanist war es unverständlich, wie jemand neutral bleiben konnte, wenn um ihn herum Millionen Menschen starben. Wenn das nicht feige und hinterhältig war, sich gemütlich im Stübli zurückzulehnen und beim Geldzählen eine heiße Schoki zu trinken...

      Noch einmal warf Cornelius der Tür einen sehnsüchtigen Blick zu, da er aber jetzt schon so weit ins Gebäude vorgedrungen war, legte sich sein ungutes Gefühl nahezu beiläufig. Endlich kamen sie zu den Schließfächern. Herr Frey verschaffte ihnen Zutritt und begab sich diskret in eine Ecke, nachdem er Cassandra den Zugang zu ihrem Fach verschaffen konnte. Genau wie der Bankier, guckte auch Cornelius diskret woanders hin. Genauer gesagt, fragte sich, was wohl für Reichtümer in all diesen geheimen Fächern schlummerten. Cassandra entnahm dem Schließfach eine Kassette und holte ebenfalls etwas aus ihrer Handtasche heraus. Sie werkelte einen kleinen Moment in dem Kästchen herum, versenkte den Gegenstand in ihrer Handtasche und gab anschließend die Kassette an Herrn Frey zurück, welche er pflichtbewusst im Schließfach verstaute. Voller Ehrfurcht überreichte er Cassandra den Schlüssel.

      Erstaunt registrierte Cornelius, dass der Geschäftsvorgang abgeschlossen schien, denn ohne Umschweifen nahmen sie wieder Kurs auf den Gebäudeausgang. Es erfolgte eine freundliche Verabschiedung, und schon standen sie wieder auf der Züricher Bahnhofsstraße.

      »Wie jetzt?«, fragte der Graue. »War das alles?«

      Cassandra lächelte wissend. »Ja, im Moment schon. Gib zu, du bist nahezu erleichtert darüber, dass es so schnell ging. Dir standen regelrecht die Haare zu Berge. Steigen wir ins Auto, dann sehen wir weiter.«

      Und genau, wie von Cassandra prophezeit, ertönte ein ungewohnter Klingelton, gerade als sie im Wagen ihre Plätze wieder einnahmen. Mit erleichterter Miene griff Cassandra in ihre Handtasche und zog ein Handy heraus, welches man beinahe schon als antiquiert bezeichnen könnte. Sie blickte zu Cornelius. »Was ist? Nicht nur du besitzt ein konspiratives Handy«, lachte sie wissend. »Es lag im Schließfach und ich musste lediglich den von mir aufgeladenen Akku einsetzen.« Bei ihrem kehligen Lachen entwich ihr ein kleiner Rauchkringel, der durch den vorderen Teil des Wagens schwebte. Sie nahm das Gespräch ohne längeres Warten sofort entgegen.

      »Ist dort Frau Bratbecker?«, fragte eine ihr bekannte Stimme aus dem Handy.

      »In der Tat, wollen Sie vielleicht eine Acht kaufen?«, fragte Cassandra zurück.

      »Nein, geben Sie mir einen großen Becher mit Eis, aber ohne Cola!«, forderte Cassandras seltsamer Gesprächspartner. »Und alles Gute zur Trauung nachträglich.«

      Nun kann sich wohl jeder ausmalen, mit welch fragender Miene Cornelius seine Gemahlin musterte. Gelassen zwinkerte sie ihm zu. »Es ist Gungnir«, strahlte sie erleichtert.

      Eigentlich ist Cornelius ein ziemlich gesetzter Charakter, doch er gab seiner Frau keine Gelegenheit ihn abzuwimmeln, sondern brachte stattdessen blitzartig das Handy in seine Gewalt.

      »Mensch Gungnir! Du kannst mich wirklich das Fürchten lehren! Weißt du, wie verzweifelt ich wegen dir und deinem seltsamen Verhalten war?«, platzte es aus Cornelius, der immer noch ein wenig mit seiner Frau um den Besitz des Handys rangelte. Doch wie sollte es anders sein, Cassandra gab nach. Die Klügere gibt immer nach. Sie kannte Gungnir lange genug, um zu wissen, dass ein Vampir rein Alibi-technisch, ab und zu mal das Zeitliche segnen musste, um dann abermals, mit einer neuen Identität, irgendwo anders auf der Bildfläche zu erscheinen.

      Um seiner Frau nicht die Fakten des Gesprächs vorzuenthalten, ließ Cornelius es über Lautsprecher laufen.

      »Ach ja, Connie. Auch dir alles Gute zur Trauung«, beglückwünschte Gungnir seinen alten Freund.

      Der machte ärgerlich eine fahrige, wegwischende Handbewegung: »Ja, ja! Das erklärt noch lange nicht, was das alles bezwecken soll. Wo bist du? Brauchst du Hilfe?«, stürmte Cornelius fragend auf ihn ein.

      »Wenn du mir mal die Möglichkeit ließest, überhaupt mal irgendetwas zu erklären... Alles nacheinander. Zuerst muss ich dich eindringlich warnen, dass sich etwas überaus Seltsames bei Salomons Ring abspielt«, raunte Gungnir verschwörerisch.

      »Das habe ich zwischenzeitig selbst mitbekommen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie ungern ich hierher in die Schweiz gekommen bin. Leider konnte ich mein Goldstück nicht alleine ziehen lassen. So musste ich meine Spione zurücklassen, damit sie mich bei jedem noch so kleinen Zwischenfall, rechtzeitig informieren können«, berichtete der Graue. »Aber erzähle mir doch erst einmal, wieso du einen der Wächter getötet hast. Ambrosius erzählte, du hättest die coole Killer-Sau herausgelassen und den Sicherheitsmann getötet, nur weil dieser dich gegen deinen Willen anfasste.«

      Gungnir machte ein grunzendes Geräusch. »Ich würde nicht allzu viel darauf geben, was Ambrosius Pistillum erzählt, denn er scheint ein falsches Spiel zu spielen. Ich muss zugeben, ich habe mich nicht gerade friedfertig bei der Anhörung benommen, aber ich habe niemanden mit Vorsatz getötet. Ganz