Punk Justiz. Uli Zey. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uli Zey
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847665663
Скачать книгу
aber auch ein Ort, den viele Zeitgenossen einfach nur als wilde Deponie benutzten. Jedes Mal, wenn Jannik hier vorbei ging, kam ihm die kalte Kotze hoch, denn diese Stelle, die eigentlich sehr idyllisch am Fuße eines kleinen Hanges gelegen war, hatte es einfach nicht verdient, so missbraucht zu werden. Die klassische Nacht der Müllentsorgung war Samstag auf Sonntag. Samstag, der traditionelle Tag der Schwarzarbeiter. Da wurde gerödelt was das Zeug hält, und anschließend, nachdem man ein paar Bierchen gelutscht hatte, schwang man sich noch mal in den alten Kombi und eierte im angenehmen Halbrausch über einsame Feldwege hierher zu diesem Platz, an dem dann der ganze Baustellenmüll im Schutze der Dunkelheit im Grünen entsorgt wurde. Dachpappe, Bauschutt, Styroporreste, ausgepresste Silikonkartuschen, leere Zementsäcke und dergleichen lagen hier weit verstreut in der Landschaft.

      Dieser Missstand ging Jannik schon lange auf den Sack, und heute Nacht würde er zurückschlagen. Wenn nicht er, wer sonst ? Niemand schien sich ernsthaft für diesen Dreckstall hier zu interessieren. Den meisten Menschen schien es egal zu sein, was hier geschah. Zwei Gründe waren nach Janniks Meinung ausschlaggebend dafür.

      Erstens gingen die, denen die Natur scheißegal war, auch kaum spazieren. Die Jogger und Radfahrer blieben lieber auf den besser ausgebauten und geteerten Feldwegen.

      Außerdem, die meisten hier aus dem Kaff hatten wohl selbst schon ihre Abfälle hier abgekippt und waren froh, dass es eine stillschweigend geduldete Stelle gab, an der man ungestört seinen Müll entsorgen und die ansonsten anfallenden Entsorgungsgebühren sparen konnte.

      „Entsorgung“, alleine der Begriff sagte doch schon alles. Etwas macht mir Sorgen und ich schaffe es mir vom Hals, damit ich nicht mehr daran denken, mich nicht mehr sorgen muss. Ich entsorge mein Problem, das Problem ist zwar noch da, aber halt für mich nicht, ich habe es entsorgt. Ich kippe meine Sorgen einfach ins Grüne, einfacher geht es nicht, interessiert ja eh kaum jemanden.

      Jetzt hat halt die Natur die Sorgen am Arsch, die Pflanzen und Tiere können sich ja jetzt mit diesem Müll auseinandersetzen oder einfach einen Bogen darum machen oder einfach daran verrecken oder was weiß ich, ist doch auch egal, ich jedenfalls bin meine Sorgen los.

      Ekelhaft oder ?

      Jannik zog seine Remington 870 Kurz-Schrotflinte aus dem Rucksack, geladen mit 6 Flintenlaufgeschossen Kaliber 12.

      Irgendwie konnte er sich gar nicht daran erinnern, woher diese geniale Knarre stammte.

      Auch Erinnerungen an Schießübungen oder dergleichen fehlten komplett in seinem Arbeitsspeicher. Aber das spielte jetzt alles keine Rolle. Hauptsache war, das Ding war da. Und was sollte an Zielen und Abdrücken schon so schwer sein. Die Waffe lag schwer und beruhigend in seiner Hand. Egal was kommen würde, mit diesem Teil würde Jannik eindeutig auf der sicheren Seite sein.

      In der Ferne tauchte ein Scheinwerferpaar auf. Langsam kam das Fahrzeug näher und schon kurz darauf konnte Jannik das typische untertourige Tackern und Klackern eines alten Dieselmotors hören.

      Das Warten schien sich gelohnt zu haben, ein alter, verrosteter Benz 711 D mit Pritsche holperte die letzten Meter zum Ziel. Der Wagen stoppte kurz darauf und Jannik hörte das Schnarren der Handbremse, als sie angezogen wurde.

      Jannik war total cool und wunderte sich darüber noch nicht einmal. Er hatte das Gefühl, solch einen Einsatz zum hundertsten mal zu machen, er fühlte sich wie ein Profi.

      Die Türen des Pritschenwagens flogen auf und zwei dunkle Gestalten schwangen sich unter der blechern klingenden Begleitung von Nino de Angelos „Jenseits von Eden“ die aus dem Lautsprecher des billigen Radios im LKW plärrte hinaus aus dem alten Benz. Die Männer gingen direkt zur Pritsche und begannen die Bordwand zu entriegeln.

      In diesem Moment trat Jannik hinter dem Schutthaufen hervor und bewegt sich sicheren Schrittes auf die Szenerie zu. Die beiden Männer, zweifellos gut angetrunken, sich laut am unterhalten und in einer Wolke aus Schlager-Musik stehend, hatten Jannik im Rücken und merkten nicht, welche Gefahr aus dem Hinterhalt auf sie zu kam. Als Jannik noch sieben, acht Meter entfernt war, blieb er stehen. Noch immer hatten die Typen nichts bemerkt, doch das sollte sich jetzt schnell ändern.

      „Ganz langsam die Hände hoch und umdrehen ihr Wichser“ rief Jannik zu ihnen hinüber.

      Keine Reaktion, die beiden schienen ihn überhaupt nicht gehört zu haben. Jannik lud durch und schoss einmal in die Luft. Ein ohrenbetäubender Knall zerriss brutal alles, was an Geräuschen da war.

      Die beiden Männer erstarrten in ihren Bewegungen und drehten sich langsam zu Jannik um, der bereits die Remington wieder durchgeladen hatte. Jetzt war ihm die Aufmerksamkeit der beiden sicher. Jannik genoss diesen Augenblick der Macht, endlich konnte er jemanden bestrafen für den Frevel, den er der Natur angetan hatte, und er war fest entschlossen, dies auch zu tun.

      „Was machen wir den da für Schweinereien“ sagte er ruhig während die beiden ihn immer noch wie ein Wesen aus einer anderen Welt anstarrten.

      Einer von den beiden löste sich jetzt aus der Starre und erwiderte „hau bloß ab Du Penner bevor ich Dir in Deinen dreckigen Punker-Arsch trete“. Der Typ machte einen Schritt nach vorne. Jannik ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Er zielte kurz und drückte ab. Die Remington bellte gewaltig und der Kopf des Typen der eben noch flotte Sprüche geklopft hatte explodierte förmlich. Blut, Gehirn und Knochensplitter verteilten sich im Umkreis von fünf Metern. Der Torso des Mannes blieb noch einen Moment stehen, drehte sich dann langsam zur Seite und fiel in sich zusammen. Für einen Moment herrschte eine absolute Stille. Nur das Radio dudelte weiter fröhlich vor sich hin. Plötzlich drehte der zweite Dreckspatz sich um und begann zu rennen. Jannik lud seelenruhig durch und nahm sein nächstes Opfer ins Visier.

      Doch ausgerechnet in dem Moment, wo er abdrücken wollte, durchzuckte ein Schmerz in seiner Bauchgegend ihn wie ein heller Blitz. „Scheiße, was war das“ dachte er und schaute an sich herab um zu sehen was ihm da so zusetzte aber er konnte nichts außergewöhnliches an seinem Bauch erkennen. .

      Der zweite Penner war schon fast außer Reichweite und er musste sehen das er die Sache hier zu Ende brachte.

      Im selben Moment durchfuhr ihn ein noch heftigerer Schmerz, so als hätte jemand ihm eine Handvoll brennender Zigarettenkippen ins T-Shirt gesteckt. Jannik ließ die Waffe fallen und schlug wie besessen auf seinen Bauch ein. Er schmiss sich zu Boden und drehte und wälzte sich wie wild. Da bekam er etwas zu packen und er riss fest daran, sofort hatte er auch starke Schmerzen in der Hand. Er riss noch fester, so fest es ging und wunderte sich darüber das er etwas pelzig-weiches und warmes zwischen seinen Fingern spürte. Er stutzte, und starrte nach unten, um zu sehen was das wohl war und war vollkommen überrascht als er erkannte, dass es Woodstock war, den er da am Kragen hatte und der ihn mit vorwurfsvollem Blick und laut miauend anschaute. Plötzlich lag er auch nicht mehr auf einem Schutthaufen sondern zuhause auf seinem Bett. Er entspannte sich und lies den Kater los.

      „Was für eine Scheiße“ dachte er.

      Kapitel 5

      Julia Franke und Jannik Mechtel kannten sich schon von der frühesten Kindheit an. Janniks und Julias Eltern waren eng miteinander befreundet und ihre beiden Väter arbeiteten zusammen in der selben Baufirma und spielten zusammen im selben Fußballclub, Germania Limburg.

      Zusammen mit ihren Müttern standen sie unzählige Male, Sommer wie Winter, in Regen und Schnee am Rande des Fußballfeldes und bewunderten den bescheidenen Ballzauber ihrer Papas, der für die beiden damals High-End-Fußball der Extraklasse bedeutete.

      Sie rannten um die Wette, um den Ball zurückzuholen, wenn dieser mal wieder in weitem Bogen über das Tor in das angrenzende Waldstück geflogen war und sie jubelten frenetisch, wenn ab und zu mal einer im Tornetz zappelte.

      Auch sonst trafen sich die beiden Familien häufig zum gemeinsamen Grillen oder an Weihnachten und Ostern sowie an allen Geburtstagen. Jannik und Julia, die bis auf drei Tage Unterschied gleich alt waren, hingen immer wie zwei Kletten beieinander. Sie spielten zusammen Nachlauf und Verstecken (manchmal auch heimlich Mann und Frau oder „Onkel Doktor“), schauten