Shandra el Guerrero. Rudolf Jedele. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rudolf Jedele
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737577434
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ihnen bei den Übungen zusehen, dann wusste man, dass mit diesen Leuten nicht zu spaßen war. Selbst die abgebrühtesten Totschläger unter den Ausgestoßenen redeten nur voller Respekt von den Leistungen, die sie bei Shandras Kriegerinnen und Kriegern gesehen hatten. Und dann war da ja noch ein Grund, weshalb man seine Finger von Shandras kleinem Heer ließ:

      Man war ja auch noch befreundet. Sagten jedenfalls die Oberen der Geister der Sierra.

      Aus welchem Grund auch immer, Shandras Escadrons wurden schnell, sicher und mit der bestmöglichen Bequemlichkeit durch die Berge gelotst und erreichten nach neunzehn dennoch anstrengenden Reittagen die weite Ebene von Osuna, die sie durchqueren mussten, ehe sie erneut in eine – noch wildere . Bergwelt eintauchen würden, über deren Wege und Pfade sie zum Torqual de Antequera und zuletzt nach Antequera selbst gelangen sollten.

      In der kleinen Ansiedlung Osuna hatte Shandra noch einen längeren Aufenthalt geplant, denn Minaro und Celina waren schlicht und einfach damit überfordert, für die drei neuen Escadrons die notwendigen Waffen in einer vertretbaren Zeit herzustellen. Shandra hatte deshalb vor, die Schmiede von Osuna um ihre Hilfe zu bitten.

      Nach Rücksprache mit den Kundschaftern waren für die Überquerung des westlichen Teiles der Ebene mindestens fünf Tagesmärsche einzuplanen und Shandra war darüber nicht böse, denn damit gewann er fünf Tage, an denen die Escadrons relativ locker voran marschieren würden und seine Anwesenheit nicht ständig erforderlich war. Shaitan brauchte dringend Auslauf. Und nicht nur er. Auch Shandra war die ständige Kletterei, die vom Morgen bis zum Abend durch Berge und Felsen eingeschränkte Fernsicht und die permanente Unsicherheit, ob man nicht doch plötzlich in einen wie auch immer gearteten Hinterhalt geriet gründlich satt. Auch er wollte sich wieder einmal den Reitwind durch die Haare wehen lassen, den Geruch eines Graslandes atmen und die mächtigen Muskeln seines Hengstes unter sich spüren. Zu erleben, wie sie sich streckten und zusammen zogen, wie die Hinterbeine den Hengst mitsamt seinem Reiter in enormen Sprüngen nach vorne katapultierten und wie die Schwalben und die Falken neidisch auf ihn herab starrten, wenn Shaitan mit dem Sturmwind um die Wette lief.

      Seinen ersten Galopp trat Shandra allein an. Es gab ohnehin kein Pferd im Heer, der Shaitans Tempo hätte mithalten können und Shandra brauchte einfach eine bestimmte Zeit mit sich allein.

      Es war beileibe keine leichte Aufgabe, ein Heer wie das seine durch raues Land zu führen und es durch ständigen Drill, durch ununterbrochene Übungen in einen immer höheren Stand der körperlichen Überlegenheit über jeden normalen Menschen zu heben und dennoch niemals die Kontrolle zu verlieren.

      Es gab niemand in den vier Escadrons, der bei einem Wettlauf mir Shandra oder Rollo innerhalb eines Tages schlapp gemacht hätte. Fast alle konnten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang das Tempo der Wölfe laufen und erst Mitte der ersten Nacht begannen sich die ersten Krieger von einem langen Lauf zu verabschieden. Ihr Können mit den Waffen war längst auf eine Ebene entwickelt, die jedem Krieger aus einem anderen Heer das kalte Grauen eingeflößt hätte und auch als Reiter vollbrachten sie Leistungen, die Yodha stolz machte und ihn die Behauptung aufstellen ließ, dass selbst die beste Reiterbrigade Lanceros oder eine zehnfache Übermacht maurischer Reiterei gegen diese vier Escadrons nicht siegen könnte.

      Solche Kriegerinnen und Krieger immer und zu jedem Zeitpunkt soweit zu zügeln, dass sie nicht aus lauter Übermut und Stolz auf einander losgingen, war harte Arbeit und gelang den Hauptleuten zusammen mit Shandra nur, weil sie eben noch besser waren, als der beste ihrer Krieger.

      Shandra war längst zum Idol aller geworden und wenn er mit dem Finger schnippte war jeder bereit sein Leben für ihn zu geben. Rollo war der Held der Escadrons und ihm in einer Leistung nahe zu kommen, war gleichbedeutend mit dem Gewinn eines Fürstenthrons. Minaro, Dagge und Tigran, Celina und Akitha, Siegbart und Sanhild, sie alle wurden respektiert und geliebt und dennoch verging kaum ein Tag, an dem nicht einer von Ihnen mit einer Herausforderung konfrontiert wurde. Keine Kämpfe mit tödlichem Ausgang, das hätte Shandra niemals geduldet, dazu waren ihm seine Krieger zu wertvoll, aber es ging immer hart zur Sache.

      Aus all diesen Gründen heraus war Shandra froh, dass sie das Grasland der Ebene von Osuna erreicht hatten und nun war er mit Shaitan unterwegs, obwohl die Sonne erst ankündigte, dass sie demnächst aufgehen wollte.

      Der Hengst flog nur so über die Steppe und selbst Geri und Freki – mittlerweile längst ausgewachsen und absolut kapitale Vertreter ihrer Rasse – hatten Mühe, mit dem schwarzen Geschoß auf vier Beinen mitzuhalten.

      Shandra ließ zu, dass der Hengst das Tempo selbst bestimmte. Er wusste, was sein Freund brauchte, er ahnte, wie verspannt die Muskeln, wie verklebt Sehnen und Bänder nach der endlos lang erscheinenden Zeit in Ronda und der endlosen Kletterei in den letzten Tagen sein mussten. Sollte der Hengst doch laufen, er, Shandra konnte jeden einzelnen Galoppsprung genießen, egal in welcher Rasanz es voran ging.

      Gegen Mitte des Vormittags hin erreichte Shandra eine Gruppe junger Pappeln, die als dichter, kleiner Hain das Knie eines Bachs säumten und einen schattigen Platz zum Rasten boten. Shaitans Bewegungsdrang hatte sich soweit normalisiert, dass er auch wieder in einem ruhigen Kanter zu reiten war und in diesem Tempo strebte Shandra dem Pappelhain zu, denn der Hengst und die Wölfe brauchten Wasser.

      Er sprang von Shaitans Rücken, nahm den Sattel und das Zaumzeug ab und ließ den Hengst frei laufen. Übermütig warf der schwarze Kerl sich in das Wasser, wälzte sich ausgiebig im Schlamm des Ufers und tobte dann bockend und wiehernd mit den beiden Wölfen auf einer Wiese im Innern des Pappelhaines herum. Sie alberten wie kleine Kinder und Shandra saß am Bach, hatte die Mokassins ausgezogen, hielt seine Füße ins Wasser und sah seinen drei vierbeinigen Freunden beim Spiel zu.

      Er staunte selbst immer wieder, welche Freiheiten die beiden Wölfe sich bei Shaitan heraus nehmen durften und mit welcher Vertrautheit und Selbstverständlichkeit die beiden mit dem Hengst umgingen. Shaitan war ein Kumpan, keine Beute und umgekehrt sah Shaitan in Geri und Freki keine Jäger und keine Feinde.

      Die Wiese war groß genug, als dass Shaitan die beiden Wölfe in wildem Tempo durch das Gras jagen konnte, mal links herum, mal rechts herum und es war Platz genug, dass die beiden dem Hengst ausweichen, ihn aber auch stellen konnten. Sie tobten sich aus und dennoch vergaßen sie niemals, dass es auch noch anderes auf der Welt gab, als sie drei.

      Urplötzlich, aus einem wilden Galopp heraus zog Shaitan die Hinterbeine plötzlich tief unter seinen Körper, schlidderte durch das Gras und blieb dann wie angewurzelt stehen. Er richtete sich hoch auf, sein Kopf richtete sich nach Nordosten und auch seine Ohren stellte er pfeilgerade in diese Richtung. Er stand noch nicht ganz, da hatten die Wölfe schon an den Flanken des Hengsts Stellung bezogen und auch sie windeten und lauschten in dieselbe Richtung wie Shaitan. Einen Moment später registrierte es auch Shandra.

      Von Nordosten her ertönte das dumpfe Pochen von Hufen, ein Pferd näherte sich ihnen im Galopp.

      Dort konnte es aber kein Pferd geben. Zumindest keines, das zum Heer gehörte. Wenn man aber hier draußen fremden Reitern begegnete, war auf jeden Fall Vorsicht angesagt, denn die Chance war groß, dass diese Reiter zu den Anglialbion gehörten.

      Shandra sprang auf, schlüpfte in seine Mokassins und lief über die Wiese, durch den Baumgürtel des Hains und drang zu dessen nordöstlichem Saum vor, um in die Ebene hinaus zu schauen. Er sah sich um, doch vom Boden aus war kein Reiter zu sehen, also kletterte Shandra auch noch rasch auf eine der kräftigeren Pappeln. Als er etwa drei Mannslängen hinauf gestiegen war, konnte er eine weite Fläche der Ebene überblicken und da sah er auch den einzelnen Reiter, dessen Hufschlag er gehört hatte.

      Ein dunkles Pferd kam in einem elegant und leicht anzusehenden Galopp über die Ebene auf den Hain zu und würde diesen ziemlich genau an der Stelle erreichen, an der Shandra auf den Baum geklettert war. Die Entfernung zwischen Hain und Reiter betrug ungefähr noch eine Meile und Shandra hatte noch etwas Zeit, den Ankömmling zu betrachten.

      Es handelte sich um einen guten Reiter, das war selbst auf die Entfernung hin mühelos erkennbar, denn er saß locker und entspannt auf dem Pferderücken, seine Haltung war aufrecht wie es sein soll, wenn sich das Pferd vom Reitergewicht ungestört bewegen soll. Als der Reiter ein paar Felsbrocken auf seinem Weg umrunden