Shandra el Guerrero. Rudolf Jedele. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rudolf Jedele
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737577434
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und die Säure, die diese kleinen Tierchen in die Bisswunden spritzen können äußerst unangenehm sein, aber umgebracht haben sie noch kaum jemanden. So hatten die vier seltsamen Gestalten zwar so rote Füße, dass die Farbe sogar durch die Dreckschicht auf diesen Füßen erkennbar war, doch wirkliche Schädigungen hatten sie nicht davon getragen. Trotzdem fluchten sie auf die beiden Weiber, die wahre Teufelinnen sein mussten, denn nur solche benahmen sich so schamlos wie es diese beiden getan hatten und sie beschworen sich gegenseitig, alles zu tun um diese Weiber einzuholen und sie in den rechten Glauben und zu wahren Zucht und Ordnung zu überführen.

      Einer der vier trug eine braune Kutte, die drei anderen waren schwarz gekleidet und alle vier waren unsagbar schmutzig und stanken zehn Meilen gegen den Wind. Verkünder, Prediger Chrianos und Spione der Anglialbions waren bis in die Berge vor Granada vorgedrungen und signalisierten damit, dass es nicht mehr weit bis zu Thomas Shiffords Angriff sein konnte.

      Für diesen Tag aber war der Spionageauftrag für die vier Stinktiere vergessen. In Windeseile machten sie sich an die Verfolgung der beiden Reiterinnen und, obwohl sie zu Fuß waren, verloren den Anschluss in dem unwegsamen und schwierigen Gelände den ganzen Tag nicht. Sie lagerten in der Nacht in sicherer Entfernung vom Feuer der beiden Reiterinnen und am nächsten Morgen waren die vier schon lange vor Sonnenuntergang auf, umgingen das Lager der beiden Frauen, schlugen einen weiten Bogen und legten sich in einer engen Schlucht auf die Lauer. Diese Schlucht stellte den einzigen, mit Pferden nutzbaren Zugang zum Mulhacen dar, die Reiterinnen mussten also diesen Weg benutzen.

      Ganz still lagen sie hinter ihren Felsen versteckt und warteten auf den Hufschlag von vier Pferden, der die Ankunft ihrer vermeintlichen Beute ankündigte. Alle ihre Sinne waren auf den Weg voraus gerichtet, so bemerkten sie nicht, dass sie längst selbst zu Beute geworden waren. Sie registrierten die großen gelben Augen mit den schmalen, senkrecht stehenden Pupillen nicht, die sie mit gefühlloser Kälte seit geraumer Zeit beobachteten. Sie hörten nicht das leise Rascheln der krallenbewehrten Füße im dürren Gras, selbst den ätzenden Gestand, der plötzlich von einem wechselnden Wind von hinten an sie heran getragen wurde, nahmen sie nicht als störend zur Kenntnis. Sie glaubten vermutlich, es handle sich um ihren eigenen Gestank. Erst als sie ein tiefes, schnüffelndes Geräusch hinter sich hörten und als einer der schwarz gekleideten plötzlich eine lange, schwarze und weit hinein gespaltene Zunge zwischen seinen Füßen herum zucken sah, begriffen die vier, dass sich etwas weitaus schlimmeres, als sie selbst es waren, hinter ihnen befand.

      Die Hölle kam über sie und verschlang sie, noch ehe sie begriffen hatten von welcher Art ihr Tod war.

      Shakira und Jelena schlichen aus der Felsgruppe gut dreißig Schritt oberhalb des Todesortes der vier Spione weg und huschten lautlos und unbemerkt an der Bestie vorbei, die sich an den vier toten und im Tod noch mehr stinkenden Anglialbions den Wanst vollschlug.

      Als sie wieder auf ihren Pferden saßen und nach Norden ritten, um wieder auf den Weg zu kommen, der sie hinunter nach Almunecar führen musste, meinte Shakira zu Jelena:

       „Der Berg der Götter. Er trägt seinen Namen nicht zu unrecht. Für uns war er heute tatsächlich ein Geschenk der Götter. Hoffen wir, dass es so bleibt. Aber es ist doch erstaunlich, dass unser vierbeiniger Freund ebenfalls den Weg bis hier her gefunden hat.“

      Jelena schnaufte erbittert und raunzte ihre Freundin an:

       „Nenn diese Bestie bloß nicht unseren Freund. Er hat meinen Bruder ermordet und bei uns war er auch schon dicht davor. Aber wie hast du gewusst, dass er in der Nähe war?“

       „Ich kenne sein Gehirn ziemlich gut, seit er uns damals in den Ruinen von Barcelona verfolgt hat. Dadurch wurde ich rechtzeitig gewarnt, als er plötzlich auf unserer Spur auftauchte und da passte es ja nicht schlecht, dass die vier komischen Lüstlinge sich für uns geopfert haben. Hast du eigentlich bemerkt, dass einer der vier versucht hat, uns mental zu attackieren?“

      Jelena schüttelte den Kopf, sie hatte nichts bemerkt. Stattdessen machte sie sich Gedanken darüber, wieso Shaktar nun plötzlich wieder so nahe vor ihnen sein konnte, wo sie doch eine so lange Reisepause eingelegt hatten.

      Was immer in dieser Zeit geschehen war, jetzt war die alte Situation wieder hergestellt und schon drei Tage später wurden sie auch wieder mit den überfallenen Dörfern, den zerstörten Hütten und vergifteten Menschen konfrontiert. Die Menschen in diesem Land hatten forthin unter zwei Drachen zu leiden, denn die Anglialbions tauchten ebenfalls immer häufiger auf und gemeinsam mit dem Waran sorgten sie für reichlich Zerstörung im Land.

      War es da ein Wunder, dass die Legende vom Todesboten, der Höllenbestie und den Todesengeln neue Nahrung bekam und wieder auflebte?

      Doch was hatten die Menschen von Al Andalus denn verbrochen, dass sie vom Schicksal gleich mit zwei schlimmen Ereignissen bestraft wurden?

      Shifford

      Almeria konnte – wie so viele Städte an der Küste des Mar Mediterano – auf eine glorreiche Vergangenheit zurück blicken. Doch von dieser Glorie war nicht mehr viel übrig geblieben.

      Das Hinterland der Stadt war einstmals ein Garten Eden gewesen. Fruchtbares Schwemmland, von mehreren Flüssen aus den Bergen herunter gespült, lag dieser Garten Eden am Fuß der Sierra Nevada und des Berges der Götter, des Mulhacen. Durch die Kombination Meer, fruchtbarer Boden, ausreichend Süßwasser und mächtige Berge war eine Situation entstanden, die jedes Wachstum enorm begünstigte.

      Die Morgensonne heizte das Massiv der Sierra Nevada mächtig auf und wenn die Sonne weiter nach Süden und Westen gewandert war, gaben die Felsen die gespeicherte Wärme wieder ab. So entstand ein Klima des nahezu ganzjährigen Frühsommers. Die Bauern am Golf von Almeria hatten zu früheren Zeiten zwei oder gar drei Ernten im Jahr einholen können.

      Dann aber waren die heißen Kriege gekommen und Almeria als eines der wichtigsten Versorgungszentren für Nahrungsmittel war mit am stärksten angegriffen worden. Von der großen Stadt und den alten Häusern war nichts mehr übrig, die Stadt war praktisch eingeebnet worden. Dort, wo die vier größeren Flüsse einstmals ins Meer gemündet waren, hatten die Flammen der Kriege fast unzerstörbare Erdwälle aufgehäuft und sie mit einer glasharten und oft bis zu drei Ellen dicken Schicht aus geschmolzenem Gestein überzogen. Die Flüsse waren angestaut worden und verwandelten das gesamte Hinterland Almerias in einen üblen Sumpf, durch den man nur noch mit Stakbooten oder Flößen zu den Bergen kommen konnte.

      Im Osten das Meer, im Süden und Westen der sich viele Meilen weit ausdehnende Sumpf, im Norden die Felswände der Sierra Nevada und nur ein einziger Zugang zur Bucht, eigentlich war Almeria zum Sterben verurteilt gewesen. Nein, falsch, es war schon tot gewesen, bis die Anglialbions kamen.

      An den wenigen bewohnbaren Stellen entlang der Küste hatten sich ein halbes Dutzend kleiner Dörfer halten können und die Bewohner dieser Dörfer lebten vom Fischfang und einem eigentlich nicht nennenswerten Handel mit Verwandten, die am Fuß der Sierra Nevada mit ihren Ziegen- und Schafherden und ein paar wenigen Rindern lebten. Sie alle lebten ein ruhiges Leben in großer Abgeschiedenheit und das war in Ordnung für sie.

      Eines Tages aber tauchte ein halbes Hundert riesiger Schiffe auf dem Meer auf, segelten in die Bucht und ankerten dort, wo schon in vergangenen Jahrtausenden zahllose Schiffe geankert hatten, innerhalb des Riffs, das ein riesiges, natürliches Hafenbecken bildete.

      Fast ein Drittel der gesamten Wasserfläche der Bucht lag innerhalb des Riffs und in diesem Bereich gab es weder bei Sturm noch während der kurzen Wintermonate unruhiges Wasser. Durch das Riff abgeschottet wirkten sich in diesem Becken selbst die Gezeiten nur mäßig stark aus und die Seeleute auf den großen Schiffen mussten das gewusst haben. Wie sonst hätten sie so zielstrebig die Bucht von Almeria ansegeln können?

      Die Schiffe stammten von den nebligen Inseln, vom Königreich Anglialbion und sie waren gekommen, um Iberia zu erobern. Jedes der Schiffe trug in seinem Bauch gut tausend Menschen und diese Menschen standen unter dem Kommando eines gnadenlosen Schinders namens Thomas Shifford. Nur ein kleiner Teil der Menschen von den Schiffen waren Krieger. Die allermeisten waren Handwerker