Stadt ohne Licht. Ernst Meder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Meder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737526371
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»Im Februar konnte ich die erste Vertrauensperson an einer Planstelle unterbringen, im Mai die Zweite. Damit fehlt nur noch eine dritte Person an entsprechender Stelle, um alle Eventualitäten abzudecken«.

      »Da der politische Verband in Nordrhein-Westfahlen der größte Verband ist, bin ich sicher, dass ich in der ersten Hälfte des neuen Jahres diese Position besetzen werde«. Er grinste in die Runde, »manchmal ist es doch ganz gut in einer Partei zu sein, auch wenn man deren Ziele nicht immer für richtig hält«.

      Otto winkte ab, Walter prustete kurz, Friedrich starrte ihn nur an, während Heinrich ihn gänzlich ignorierte. Die Diskussion fand alljährlich statt, da er der Einzige war, der in einer Partei versuchte einen Teil seiner Vorstellungen umzusetzen. Inzwischen kannten sich alle lange genug, um sich über eine derart lachhafte Aussage aufzuregen. Sie gestanden ihm jedoch zu, dass, wie Alfred Kant es einmal gesagt hatte, trotz seiner inhaltsleeren politischen Schwafelei, in der Partei auf ihn gehört wurde. Die abfälligste Aussage kam jedoch von Heinrich, dieser war der Ansicht bei den Spenden, die er ihnen jedes Jahr zukommen lasse, hätte er längst gekrönt werden müssen.

      Heinrich Schwarz hatte bisher reglos zugehört, hatte die minimalen Erfolge seiner Freunde zur Kenntnis genommen, hielt sich jedoch mit einem Kommentar zurück. Aus seiner Sicht gab es nichts zu feiern, seit Jahren versuchten sie bereits Fortschritte bei ihren Vorhaben zu erzielen, allein die Erfolge blieben aus. Dass er seinen Part in diesem Vorhaben bereits erledigt hatte, befriedigte ihn nur zum Teil, da dieser Teil der Aufgabe nur verzahnt mit den anderen Aufgaben möglich war. Nun richtete er sich in dem Sessel auf, plötzlich wirkte er noch größer, der Unterschied zu Dieter, der neben ihm saß, hätte einem unbedarften Zuschauer ein Lächeln abgerungen.

      »Alfred und ich sind Ende März nach Islamabad geflogen, wo wir einen Termin mit unserem angekündigten Gesprächspartner hatten. Alfred hatte über seine Kontakte in Teheran diesen Termin bereits im Januar vereinbart, sodass wir unsere Gespräche mit den richtigen Leuten führen konnten. Nachdem wir unsere Vorstellungen über die Ziele vorgebracht hatten, hat man uns zu unserem Hotel zurückgebracht«.

      »Man wolle sich unsere Wünsche durch den Kopf gehen lassen, außerdem wollte man sich mit Sheikh Kermani beraten. Man war ziemlich offen zu uns, hat uns zu verstehen gegeben, dass die Zustimmung von Sheikh Kermani aber auch der ausgehandelte Betrag darüber entscheiden würde, ob es zu einer Einigung kommt«.

      »Man ließ uns zwei Tage warten, dann holte man uns in einer Großraumlimousine vom Hotel ab um uns zu Kermani zu bringen. Nachdem wir Islamabad verlassen hatten, wurde uns eine schwarze Kapuze über den Kopf gestülpt, da wir nicht sehen sollten, wohin die Reise geht. Bei der Abfahrt hatte ich noch auf meine Uhr geblickt, als wir endlich angekommen sind waren wir fast zweieinhalb Stunden unterwegs«.

      »Auf dem Rückflug habe ich mich mit Alfred über diese Fahrt unterhalten und ihn nach seinen Eindrücken gefragt. Er bestätigte im Wesentlichen das, was mir die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war, wir waren wieder zurück nach Islamabad gefahren, wo man mit uns eine Stadtrundfahrt veranstaltet hat. Dafür spricht auch, dass ich mehrfach das Gefühl hatte, die Geräusche an dieser Stelle kommen dir bekannt vor«.

      »Man führte uns, immer noch mit der Kapuze auf dem Kopf, in ein Gebäude, wo ich unterschiedliche Geräusche wahrnahm. In der Etage über uns waren zum Teil schrille Frauenlaute, so als ob sich mehrere Frauen gestritten hätten. Von weiter vorne hörte ich eine tiefe autoritäre Stimme, die bedrohlich zu irgendjemandem etwas sagte«.

      »Als man uns die Kapuze abgenommen hat, blickten wir auf das bärtige Gesicht von Sheikh Kermani, der ein arabisches Tuch auf dem Kopf trug. Ich hatte vor geraumer Zeit ein Bild von ihm gesehen, obwohl er älter wirkte, war ich mir sicher, es ist Kermani. Hinter ihm standen vier martialisch wirkende Krieger mit Maschinengewehr vor der Brust. Als er uns begrüßte, erkannte ich die Stimme wieder, die ich beim Betreten des Gebäudes gehört hatte«.

      »Die gastfreundschaftliche Zeremonie dauerte fast eine Stunde, bis er endlich zum Thema kam. Wenn der Preis stimmt, würde er den Auftrag annehmen, ich bräuchte mir keine Sorgen machen, der einmal angenommene Auftrag würde in jedem Fall ausgeführt«.

      »Dann kam er zu dem Betrag, den er sich vorstelle, er wollte für den Auftrag fünfzig Millionen Dollar«.

      »Den Zahn hast Du ihm doch hoffentlich gezogen«, der Einwurf von Dieter wurde mit einem Lächeln begleitet.

      Heinrich nickte nur, dann fuhr er fort, »wir haben uns auf einen Betrag von fünfundzwanzig Millionen geeinigt, allerdings nur deshalb, weil der Ruf von Alfred so hervorragend war. Dieser exzellente Ruf von Alfred in Teheran war es letztendlich, der Kermani bewog, unsere Anfrage überhaupt in Erwägung zu ziehen«.

      »Wir sind so verblieben, dass die Hälfte der vereinbarten Summe spätestens vier Wochen nach Erteilung des Auftrages auf einem bestimmten Konto eingezahlt werden muss. Danach können wir den genauen Termin abstimmen, wann unser Auftrag erledigt werden soll«.

      Er lehnte sich in dem Sessel zurück, dann entrang sich ein leises Seufzen seinem leicht zusammengesunkenen Körper. »Als ich von dem Tod Alfreds hörte, habe ich mir Vorwürfe gemacht, ob es die Anstrengungen der Reise waren, die zu seinem Tod beigetragen haben. Aber ohne seine Mithilfe wäre die Vereinbarung nie zustande gekommen, er war es, dem sie vertrauten«.

      »Du solltest Dir keine Vorwürfe machen«, die Stimme von Otto klang abwehrend, ja fast kalt, so als läge die Schuld an dem Tod von Alfred ausschließlich bei ihm selbst. »Er hat sich und seinen Körper zu sehr vernachlässigt«.

      Es klang wie Hohn, wenn man sich seinen übergewichtigen Körper vor Augen führte. Dessen Abneigung gegen Treppen hatte in seiner Firma zu Schweißausbrüchen geführt, wenn der Aufzug in dem Verwaltungsgebäude auszufallen drohte.

      Dann jedoch änderte sich die Tonlage, als er erleichtert das Ergebnis kommentierte. »Gut, sehr gut, endlich ist der erste Schritt getan. Nun müssen wir noch dafür sorgen, dass die weiteren Schritte möglich werden, dazu müssen wir innerhalb der nächsten sechs bis sieben Monate unbedingt das Versteck auffinden«.

      Es war ein fließender Prozess, keiner hätte es an einem bestimmten Zeitpunkt oder einer bestimmten Aktion festmachen können, aber Otto drängte immer mehr in den Vordergrund. Obwohl alle die gleichen Interessen verfolgten, obwohl alle mit gleich viel Herzblut ihr Vorhaben verfolgten, war Otto immer mehr in die Position des heimlichen Führers gerutscht.

      Vielleicht zum Beginn unbewusst, hatte er die sich bietende Gelegenheit genutzt und mit bisher nicht bei ihm gekannter Sensibilität diese Position nach und nach ausgebaut. Heute war er unbestritten zu ihrer Führungsfigur avanciert, der Geschwindigkeit und erforderliche Maßnahmen vorgab.

      »Friedrich« wandte er sich nun an den Reeder aus Hamburg, »wir hatten in unserem Treffen im vergangenen Jahr über die Erfordernisse des Transports diskutiert, wobei Personen und Material gleichermaßen unbehelligt hierher gebracht werden sollen. Hast Du inzwischen eine Lösung gefunden«.

      Bedächtig nickte dieser, »ja wir haben eine Lösung gefunden. Allerdings wird das nur an drei Terminen im Jahr möglich sein, im März, im Juli und im September. Wenn der Transport zu einem dieser Termine stattfindet, kann ich gewährleisten, dass Mensch und Material unentdeckt nach Hamburg gebracht werden können«.

      Jetzt richteten sich alle Blicke auf ihn, die Diskussion vor einem Jahr war weniger zuversichtlich verlaufen, da für jede vorgeschlagene Reiseroute einer von ihnen eine Lücke oder Gefährdungspotenzial entdeckte. Jedoch bestand Einigkeit in ihrer Gruppe, dass der Schiffbauingenieur Friedrich Kroeger der Einzige von ihnen war, der dieses Problem lösen konnte. In Vorbereitung auf ihr Treffen in diesem Jahr sollte er deshalb Vorschläge unterbreiten, wie der sichere Transport gewährleistet werden kann.

      »Nachdem sichergestellt war, aus welcher Gegend der Transport erfolgen soll, habe ich mir unsere Frachtschiffe vorgenommen, die auf dieser Route verkehren«. Als er nun fortfuhr, klang seine Stimme jovial, fast schon überheblich. »Ich habe mich an mein Studium erinnert, an den Aufbau, daran, dass das Schiff als Grobblechkonstruktion ein komplexes Gefüge aus Flächentragwerken darstellt«.

      »Unter