Stadt ohne Licht. Ernst Meder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Meder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737526371
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haben Elisabeth so viel zu verdanken, dass ihr jeder auf seine Art helfen würde, wenn er von ihrer Notlage erführe. Soweit zu der Beziehung zu Elisabeth und als Erklärung weshalb sie mich angerufen hat«.

      »Natürlich bin ich zuerst zu ihr gefahren, da sie am Telefon sehr unglücklich geklungen hat. Sie hat mir dann ihre Geschichte erzählt, dann hat sie gesagt, weshalb sie überzeugt ist, dass Du nicht an dem Tod dieses Roger Winter schuld bist. Dabei hat sie mir auch erzählt, dass Du ihn bereits vorher bei einem Einbruch ertappt hast. Dumm ist nur, dass ihr den Einbruch nicht angezeigt habt, genau wie die anderen Einbrüche, die Elisabeth nicht anzeigte. Kommen wir jetzt mit so einer Geschichte, sieht es so aus als wäre uns die gerade eingefallen, als ob wir diese zum passenden Zeitpunkt erfunden hätten«.

      Er wollte bereits aufbegehren, als er die Logik der soeben gehörten Aussage nachvollziehen konnte. »Aber«, begann er, wusste nicht, ob er alles sagen konnte, dann setzte er den Satz fort, »wir haben noch seine Lederjacke sowie den darin gefundenen Zettel, auf dem die Adresse von Elisabeth stand«.

      »Elisabeth hat mir davon erzählt, wir können mit einem DNA-Abgleich bestimmt nachweisen, dass die Jacke dem Toten gehört«. Er zögerte kurz, »aber wie sollen wir nachweisen, wie Du zu der Jacke gekommen bist«. »Es gestaltet sich leider etwas schwieriger als anfänglich gedacht. Als Nächstes werde ich zum Staatsanwalt gehen, anzeigen, dass ich Dein Verteidiger bin und mir die Beweise vorlegen lassen«. Damit zog er eine Vollmacht aus seiner Jackeninnentasche, damit Johann diese unterschrieb.

      Sebastian Marquard erhob sich langsam, »wenn ich mir Überblick verschafft habe, werde ich Dir Bescheid sagen, wie wir weiter verfahren werden. Bis dahin gilt das Gleiche wie bisher, Du verweigerst die Aussage«.

      »Mach Dir keine Sorgen, ich habe nicht vor auszugehen, Du kannst mich hier erreichen«. Der Versuch witzig zu sein misslang, die Bitterkeit in seiner Stimme war unüberhörbar. Erneut fragte er sich, in was für eine Verschwörung er da geraten war. Die Geschichte, die Elisabeth ihm erzählt hatte, musste noch erhebliche Lücken aufweisen, denn nichts schien miteinander zu korrespondieren.

      Es war bereits später Nachmittag, als Sebastian mit ernstem Gesicht zurückkam. Der Gesichtsausdruck ließ nicht gerade auf ein erfolgreiches Treffen mit dem Staatsanwalt schließen, so verkniffen wirkte sein Mund.

      »Sie haben eine Aussage von einem alten Mann, der genau gesehen haben will, wie Du diesen Roger Winter unter den gerade ankommenden Bus gestoßen hast«. Sebastian redete nicht drum herum, die Aussage des Zeugen war zu eindeutig.

      »Aber das ist nicht wahr«.

      »Wir haben noch ein zweites Problem, welches für uns noch gravierender ist. Wir haben einen jungen Staatsanwalt der sich diesen Fall auserkoren hat, um Karriere zu machen. Er hat mir eindeutig zu verstehen gegeben, dass sein Klageantrag auf Mord lauten wird, deshalb wird er einer Freilassung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zustimmen«.

      »Das kann doch nicht sein, es muss doch Zeugen geben die gesehen haben, was tatsächlich geschehen ist. Der alte Mann muss sich irren, ich kann mir nicht vorstellen, weshalb er so etwas sagt«.

      »Leider hat die Polizei geschlampt, für sie war der Unfallhergang eindeutig, sodass sie keine weiteren Zeugenaussagen aufgenommen hat. Es gab wohl Aussagen, die Deine Version bestätigen, die Polizei hat allerdings versäumt, deren Namen und Anschrift zu notieren. Der alte Mann, der jetzt als Zeuge auftaucht, ist erst einen Tag später bei der Polizei erschienen, um seine Aussage zu machen. Er habe sich nicht wohlgefühlt, nachdem er das schreckliche Verbrechen habe mit ansehen müssen, so seine Erklärung, weshalb er dies nicht sofort der Polizei mitgeteilt hat«.

      Johann fuhr sich mit beiden Händen durch seine Haare, dann vergrub er sein Gesicht in seinen Händen. »Ich verstehe nichts mehr, irgendjemand hat es auf mich abgesehen«, klang es dumpf hinter seinen Händen.

      »Ich glaube Dir«, die Stimme von Sebastian klang ruhig. Trotzdem habe ich noch eine Frage, kennst Du einen Walter Vohberg.

      Johann schüttelte verständnislos seinen Kopf, »nein wer soll das sein«?

      »Das ist der Zeuge, der die Aussage gemacht hat. Er ist übrigens schon älter als achtzig Jahre alt, vielleicht ist er Dir schon mal über den Weg gelaufen«.

      »Nein, im Übrigen bin ich erst vor drei Monaten aus München nach Berlin umgezogen, so viele Bekannte habe ich noch nicht«. »Vor allem nicht in dem Alter« ergänzte er bitter lächelnd.

      Sebastian beugte sich jetzt nach vorne, blickte ihm ruhig in die Augen dann sagte er dass, was sein Gesichtsausdruck bereits bei seiner Ankunft ausgedrückt hatte. »Ich werde so schnell als möglich einen Haftprüfungstermin beantragen«. »Allerdings«, er machte eine Pause. »Allerdings möchte ich Dir keine Hoffnung machen, dass wir damit durchkommen«.

      »Sage mir ehrlich, wie groß sind meine Aussichten, dass ich in naher Zukunft entlassen werde. Kann es sein, dass ich verurteilt werde, was ist mit meinem Studienplatz, kann ich weiter studieren. Ich habe keine Ahnung, wie es weiter gehen soll«.

      »Ich möchte Dir nichts vormachen, wenn der Haftprüfungstermin scheitert, wirst Du wahrscheinlich Weihnachten in U-Haft verbringen müssen. Einen Termin für einen Prozess werden wir nicht vor sechs Monaten erhalten, da wir uns bereits in der Vorweihnachtszeit befinden und die Gerichte ausgelastet sind. An eine Verurteilung glaube ich nicht, bis dahin werden wir herausbekommen, weshalb dieser alte Vohberg Dich belastet. Zu Deinem Studium kann ich nichts sagen, aber Du kannst mir mal Deinen Studiengang sowie den zuständigen Professor aufschreiben«.

      Er erhob sich mit einem leichten Stöhnen, »es tut mir leid, dass es nicht besser gelaufen ist, ich werde jetzt noch zu Elisabeth fahren und ihr erzählen, dass es nicht so gut gelaufen ist«. »Vielleicht kann sie etwas zu dem Zeugen sagen, schließlich wohnt er nur zwei oder drei Häuser von ihr entfernt«.

      Johann lag nachdenklich auf dem Bett seiner Einzelzelle, hörte unterbewusst die nächtlichen Geräusche aus den anderen Zellen. Ein Blick auf die Uhr, scheiße die hatten sie ihm abgenommen. Dann erinnerte er sich vage an den Spruch eines Beamten, dass abends ab zehn Uhr das Licht erlöschen wird. Den Geräuschen nach zu urteilen schien dieser Zeitpunkt unmittelbar bevorzustehen, als auch schon das Licht erlosch.

      Ohne sich zu bewegen, versuchte er, zum wievielten Mal eigentlich, den roten Faden zu finden, der ihm erklären würde, weshalb er nun in dieser Zelle lag. Begonnen hatte alles mit diesem Einbruch sowie der Erkenntnis, dass der Einbrecher einen Schlüssel gehabt haben musste. War der Diebstahl der Tasche nur deshalb erfolgt, um erneut in den Besitz der Schlüssel zu gelangen, oder weshalb hatte dieser Roger Winter sich die Handtasche von Elisabeth ausgesucht.

      Die Handtasche hatte keinen besonders hohen Wert, der Inhalt von jemand, der nicht sonderlich kostspielig gekleidet ist, ließ auch auf keine großen Reichtümer schließen. Da gab es durchaus lukrativere Ziele für jemand, der Geld benötigte. Geld konnte also nicht der Antrieb für den Diebstahl sein.

      Dann fiel ihm sein erster Gedanke ein, als er ihn beim Durchsuchen der Dokumente beobachtet hatte. Es waren nicht materielle Beweggründe, die ihn bewogen hatten die Unterlagen zu durchsuchen, es musste sich um ein Dokument handeln. Was für Dokumente befanden sich im Besitz von Elisabeth, dass ein derartig krimineller Aufwand betrieben wurde, in deren Besitz zu gelangen.

      Seine Gedanken kreisten immer wieder um diesen Begriff Dokument, bis er irgendwann vor Erschöpfung eingeschlafen sein musste.

      Die Überraschung am Morgen wurde durch einen übergewichtigen Beamten hervorgerufen, als dieser ihn aus der Zelle abholte, um ihn den Besucherraum zu führen, wo seine Tante auf ihn warten würde. Da der Beamte vor ihm ging, konnte er die Verblüffung in seinem Gesicht nicht sehen, er schluckte die Frage nach dieser ominösen Tante jedoch hinunter. Eigentlich kannte er nur eine weibliche Person in Berlin, die als seine Tante durchgehen konnte, Elisabeth Schlüter.

      Es war Elisabeth, die ihn anlächelte, als er den Raum betrat, sie hatte sich also als seine Tante ausgegeben.

      »Hallo Tante Elisabeth, ich freue mich über Deinen Besuch«, ging er auf das Spiel der alten Dame ein.

      »Na