Weltenreise. Julia Beylouny. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Beylouny
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738004298
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klang wie eine Sommerbrise im Schilf.

      „Um ehrlich zu sein, kenne ich mich hier nicht aus. Wo gibt es einen Souvenirladen?“

      Er lachte, als hätte sie etwas Enttäuschendes gesagt.

      „Dort drüben sind einige Boutiquen. Ein Touristencenter, ein paar Restaurants.“ Der Wagen stoppte. Er fasste über sie hinweg und stieß die Beifahrertür auf. „Und noch was: Zurück gehst du besser über den Strand. Da sind mehr Leute, wenn du verstehst, was ich meine.“

      „Klar. Danke nochmal.“

      Kriemhild stieg aus. Ohne ein „Tschüss“ brauste er ab und hatte es geschafft, sie völlig aus dem Konzept zu bringen. Nicht einmal nach ihrem Namen hatte er gefragt.

      Sie fand einen Laden, der Postkarten verkaufte. Während sie den Ständer drehte, um ein hübsches Motiv auszuwählen, überlegte sie, wem sie schreiben sollte. Auf jeden Fall ihrer Mutter. Und ihrer besten Freundin Sara.

      Die Augen. Seine Augen gingen ihr einfach nicht aus dem Kopf.

      „Die hier ist schön, meinst du nicht?“

      Kriemhild schaute auf und sah in ein strahlendes Gesicht. Nussbraunes Haar umrahmte die zarten Züge. Das Mädchen hielt eine Karte in der Hand, auf der ein Sonnenuntergang über Martha’s Vineyard abgebildet war.

      „Hi, ich bin Brooke“, sagte sie und warf mit der Linken die Locken über ihre Schulter.

      „Hi, Brooke. Ich heiße … Nenn mich einfach Kate.“

      „Cool. Was unternehmen wir, Kate?“

      „Was meinst du damit?“

      Brooke lachte wie ein kleines Mädchen, das von daheim ausgebüxt war.

      „Na, es sind Ferien! Wer langweilt sich schon gern in den Ferien? Was ist das für ein Akzent, den du da sprichst? Du bist nicht von hier? Nun, ich wohne gleich da drüben. Meinen Eltern gehört die Pension. Wir vermieten Zimmer an Urlauber, du weißt schon. Eigentlich muss ich helfen – in den Ferien – aber, hey, die haben das Wort Ferien nicht richtig begriffen, oder?“

      „Ja, schon möglich. Lass mich schnell die Karten hier bezahlen.“

      Kriemhild bezahlte und das Mädchen wich keinen Zentimeter von ihrer Seite. Während sie auf das Wechselgeld wartete, nahm Brooke Kriemhilds Haare zu einem Zopf zusammen, strich darüber und löste ihn wieder.

      „Wow! Das ist … unglaublich. Ist die Farbe echt? Zuerst dachte ich, die Hübsche da vorne an dem Kartenständer ist aber sehr mutig, ihr Haar so knallrot zu färben! Oder sie ist ein Punk. Hey, bist du ein Punk? Ich habe nichts gegen Punks. Obwohl ich mir selbst niemals rote Haare färben würde.“

      „Brooke! Die Farbe ist echt. Übrigens sind sie nicht rot, sondern kastanienbraun. Merk dir das! Ich hasse es, wenn jemand sie rot nennt.“

      Sie verließen den Laden und Brooke hielt einen Vortrag über die natürliche Farbe von Kastanien, die nichts mit Kriemhilds Haar gemeinsam hatte.

      Wer war das Mädchen, und wieso tat sie so, als kannten sie sich schon ewig? Sie schlugen den Weg runter zum Strand ein. Vielleicht war sie von Nutzen.

      „Brooke? Darf ich dich was fragen?“

       „Sicher! Was gibt’s?“ Ihre Rehaugen funkelten vor Neugier.

      „Was weißt du über diese Typen … James und Jason? Oder Sushi-Sam?“

      Bei den Namen begann Brooke wild an ihrer Seite zu hüpfen. Ihre Stimme überschlug sich beinahe. „James und Jason? James und Jason! Oh mein Gott, sind sie wieder hier? Hast du ihren Wagen gesehen? Du musst ihren Wagen sehen! Letzten Sommer haben sie mich darin mitgenommen. Ein Gefühl wie …“ Sie seufzte. „Ich denke nicht, dass sie sich noch an mich erinnern. James und Jason sind die Söhne zweier sehr – sehr – erfolgreicher New Yorker Staatsanwälte. Sie verbringen jeden Sommer am Cape Cod. Sie sind die Adresse für Strandpartys! Ich denke, heute oder morgen werden sie die erste Party unten am Pier geben und damit die Saison eröffnen. Gehen wir zusammen hin? Bitte! Bitte, du musst mit mir hingehen!“

      Staatsanwaltssöhne also. Das erklärte so einiges. Wenn die dort irgendeinen Karren in den Dreck fuhren, kamen Daddy und Daddy und zogen sie aus der Patsche. Ein Grund mehr, sich von ihnen fernzuhalten, beschloss Kriemhild.

      „Ich weiß noch nicht, mal sehen. Vielleicht gehe ich hin. Vielleicht auch nicht. Du hast Sushi-Sam nicht erwähnt.“

      Brooke lachte, als sei die Frage nicht ernst gemeint.

      „Er ist ein Voll-Freak! Freakiger als der geht gar nicht. Und hübscher sicher auch nicht.“ Sie flüsterte, als sei es verboten, das laut auszusprechen. „Hast du seine Augen gesehen? Die glatten Umhauer, sag ich dir! Leider weiß Sam um seine Anziehungskraft. Was ihn wiederum unsympathischer macht. Seine ganze Familie ist abgehoben. Sie leben irgendwo in einer ziemlich coolen – für sie zu coolen – Villa in den Dünen. Die Dawsons sind auf ihrem Gebiet weltbekannte Meeresbiologen. Sie forschen unten in Woods Hole am MBL.“

      „MBL?”

      „Ja, das Marine Biological Laboratory. Also, wie wär’s, wenn wir in Claire’s Boutique gehen und uns angesagte Bikinis für die Strandparty kaufen?“

      Kapitel 6

      Samuel

      Er lehnte an einer Straßenlaterne und schaute zum Strand hinunter. Seit Tagen fühlte er sich, als bekäme er eine Grippe oder sowas. Vielleicht war es auch nur die Perspektivlosigkeit, die innere Leere, die ihn quälte. Für alle anderen Mitglieder seiner Familie stand die Zukunft fest. Auch seine Zukunft hatten sie längst beschlossen. Nur, dass er sich eine ganz andere gewünscht hätte. Was, wenn er einfach in den Ozean springen würde? Schlimmer als sein momentanes Leben konnte es nicht werden.

      Ein kurzer Blick in die Boutique zu seiner Linken verriet ihm, dass Amy noch lange nicht die richtigen Schuhe gefunden hatte. Frauen! Doch bei seiner Schwester konnte er verstehen, wieso das Thema Schuhe sie besonders faszinierte.

      Ob sie das letzte Paar mitnehmen würde? Als Souvenir?

      Sein Blick schwenkte zum Strand zurück und blieb an einer schmalen Gestalt hängen, die zwischen den Dünengräsern hockte. Sie war nicht allein. Ihre neue Freundin und sie hielten einen Coffee-to-go in Händen und schwatzten lebhaft miteinander. Wenigstens würde die Quasselstrippe Brooke das rothaarige Mädchen vor James und Jason beschützen. Obwohl er sich da nicht allzu sicher war … Wer wusste das schon; vielleicht lockte Brookes viel zu kurzer Rock sie am Ende sogar an?

      „Sam? Komm her und berate mich! Das alles ist so verwirrend.“

      „Ja, das ist es in der Tat.“

      Amy stakste aus der Boutique und torkelte unsicher auf den pinkfarbenen Highheels über das Straßenpflaster. „Was sagst du?“

      „Ma’am? Entschuldigen Sie …“ Eine aufgeregte Verkäuferin folgte seiner Schwester aus der Tür. „Sie dürfen nicht einfach mit den Schuhen da rauslaufen, ohne sie vorher zu bezahlen.“

      „Oh … Ich bin sofort zurück. Ich wollte meinen Bruder nur um Rat fragen. Also, Sam?“

       Er lachte und schüttelte den Kopf. „Ich sage, dass Cassina keine Schuhe mehr braucht. Zumal du genug in deinem Schrank hast. Was soll aus denen werden? Wegschmeißen?“

      „Sehr witzig. Du missgönnst mir aber auch alles!“

      „Ma’am?“ Die Verkäuferin schaute ungeduldig.

      „Ich nehme die Schuhe, nur eine Sekunde.“

       „Ich missgönne dir gar nichts“, sagte Sam. „Im Gegenteil. Was gäbe ich drum, mit dir zu tauschen!“

      Sie schaute ihn mitleidig an und schloss ihn in die Arme.

      „Versuch