Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joachim R. Steudel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738074062
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ich es die­sem be­deu­ten­den Mann ge­gen­über an Re­spekt habe feh­len las­sen. Aber mir sind die Fol­gen, die die­ses Fehl­ver­hal­ten nach sich zie­hen kön­nen, nicht klar. Au­ßer­dem ver­ste­he ich nicht, wie es dir ge­lun­gen ist, die­se we­nigs­tens für den Mo­ment ab­zu­wen­den.‹

      Er hol­te tief Luft.

      ›Die Fol­gen ei­ner sol­chen Be­lei­di­gung, denn das ist dein Ver­hal­ten für ihn ge­we­sen, wä­ren in die­sem Au­gen­blick im güns­tigs­ten Fall mit Schlä­gen ab­ge­gol­ten wor­den. Da du aber als Aus­län­der er­kannt wur­dest, hät­te es auch mit dei­nem Tod en­den kön­nen.‹

      Ich schluck­te. Das hat­te ich nicht er­war­tet.

      ›Ich konn­te das durch mein Ein­grei­fen erst ein­mal ver­hin­dern. Der Met­su­ke, Sa­na­da Ma­sa­no­ri, will das aber nicht auf sich be­ru­hen las­sen.‹

      ›Met­su­ke?‹

      ›Der Hol­län­der Cor­ne­lis van Neyen­ro­de über­setz­te es als Po­li­zei­prä­fekt, doch bin ich mir nicht si­cher, ob das die Po­si­ti­on rich­tig um­schreibt. Die Met­su­ke ste­hen näm­lich über der Po­li­zei, also den Si­cher­heits­kräf­ten, die für die öf­fent­li­che Ord­nung zu­stän­dig sind. Sie sind für weit mehr zu­stän­dig. Selbst mein Herr muss sich ih­nen ge­gen­über vor­sich­tig ver­hal­ten und darf sie sich nicht zum Feind ma­chen.‹

      Oje, das war kein Fett­napf, in den ich ge­tre­ten war, das war sie­den­des Öl. Doch es kam noch schlim­mer.

      ›Sa­na­da Ma­sa­no­ri ist der Met­su­ke von Edo und als ein her­vor­ra­gen­der Schwert­kämp­fer be­kannt. Ge­rüch­te be­sa­gen, dass er jede Ge­le­gen­heit zu ei­nem Zwei­kampf nutzt. Die Aus­sicht auf einen sol­chen hat ihn dann auch da­von ab­ge­hal­ten, dich zu be­stra­fen.‹

      ›Ein Du­ell mit dir, neh­me ich an?‹

      ›Ja, ich den­ke, so könn­te man es aus­drücken.‹

      ›Aber ich war es doch, der ihn, wenn auch aus Un­wis­sen­heit, be­lei­digt hat.‹

      ›Und ich bin für dei­ne Si­cher­heit ver­ant­wort­lich. Ich konn­te es nicht zu­las­sen, dass du Scha­den nimmst, und habe ihn da­von in Kennt­nis ge­setzt, dass du Gast von Date Ma­sa­mu­ne bist, dass ich für dich ver­ant­wort­lich bin und für dei­nen Feh­ler ein­ste­he. Dar­auf­hin hat er Ge­nug­tu­ung ge­for­dert und woll­te sich zu die­sem Zweck mit mei­nem Herrn in Ver­bin­dung set­zen.‹ Sei­ne Mie­ne wur­de noch be­trüb­ter. ›Der Fürst hat mir vor­hin mit­ge­teilt, dass dies be­reits ge­sche­hen ist. Ich wer­de also mit ihm kämp­fen und mein Bes­tes ge­ben.‹

      Das klang über­haupt nicht zu­ver­sicht­lich. Ich sann über das wei­te­re Vor­ge­hen nach, doch Date Ma­sa­mu­ne zeig­te im­mer mehr Un­ge­duld.

      ›Gut, über­setz jetzt dem Dai­myo al­les ge­nau so, wie ich es sage. Frag nicht nach, und un­ter­brich mich bit­te nicht.‹

      Er nick­te, und ich be­gann:

      ›Ich wer­de nicht zu­las­sen, dass ein an­de­rer für mei­ne Feh­ler bü­ßen muss!‹

      Shi­ge­na­ga schau­te mich mit großen Au­gen an und schwieg. Erst nach­dem ich eine auf­for­dern­de Hand­be­we­gung ge­macht hat­te, be­gann er sto­ckend zu über­set­zen.

      ›Also, ich wer­de die­sem Mann zur Ge­nug­tu­ung zur Ver­fü­gung ste­hen.‹

      Ma­sa­mu­ne setz­te zu ei­ner Ant­wort an, da­her sprach ich schnell wei­ter:

      ›Ich den­ke, dass wir in die­sem Zu­sam­men­hang auch das an­de­re Pro­blem lö­sen kön­nen.‹

      In die­sem Mo­ment hat­te ich sei­ne vol­le Auf­merk­sam­keit.

      ›Der Kampf, den der Met­su­ke zur Her­stel­lung sei­ner Ehre wünscht, soll­te im Bei­sein des al­ten und des neu­en Sho­gun statt­fin­den. Date Ma­sa­mu­ne wür­de da­mit die For­de­rung des Sho­gun er­fül­len, und ich kann mei­ne Ehre ver­tei­di­gen.‹

      Ich be­dien­te mich die­ses Schach­zugs, da ich be­merkt hat­te, wie hoch die Ehre ei­nes Man­nes in die­ser Ge­sell­schaft ein­ge­stuft wur­de, und der Er­folg blieb nicht aus.

      ›Wie­so dei­ne Ehre?‹, frag­te Shi­ge­na­ga nach, ohne vor­her zu über­set­zen.

      ›Denkt ihr denn, dass es eh­ren­voll für mich ist, wenn ein an­de­rer für mei­ne Feh­ler ein­ste­hen muss?‹

      ›Ich wuss­te nicht, dass es in dei­ner Hei­mat so ...‹

      ›Bit­te, über­set­ze es und dis­ku­tie­re jetzt nicht mit mir!‹

      Re­si­gnie­rend kam er mei­ner Auf­for­de­rung nach.

      Beim Dai­myo er­reich­te ich ge­nau das, was ich be­ab­sich­tigt hat­te. Ich schi­en in sei­ner Ach­tung zu wach­sen, ob­wohl er ei­ni­ge Be­den­ken hat­te. Er er­kun­dig­te sich so­fort, ob ich Er­fah­run­gen im ja­pa­ni­schen Schwert­kampf hät­te. Als ich das ver­nein­te, mach­te er ein be­denk­li­ches Ge­sicht, doch ich hat­te zwei Ar­gu­men­te, die ihn über­zeug­ten.

      Zum Ers­ten frag­te ich ihn, ob er in Chi­na den Ein­druck ge­won­nen hät­te, dass ich mich nicht ver­tei­di­gen kön­ne. Das ver­nein­te er so­fort, und ich wies zum Zwei­ten dar­auf hin, dass der Sho­gun et­was von den Kampf­fer­tig­kei­ten der Shao­lin se­hen woll­te. Das über­zeug­te ihn, und wir be­gan­nen so­fort mit der Pla­nung.

      Ich bat den Fürs­ten, mir mehr über die Re­geln und den Ver­lauf ei­nes sol­chen Kamp­fes mit­zu­tei­len. Auf­merk­sam lausch­te ich den Aus­füh­run­gen und for­der­te ihn dann auf, mir einen Übungs­part­ner zur Ver­fü­gung zu stel­len. Er be­nann­te Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga, der nach sei­ner Rüs­tung schi­cken ließ, denn ich woll­te, dass es mög­lichst rea­lis­tisch statt­fand.

      Bei nä­he­rer Be­trach­tung der Um­stän­de wur­den uns ei­ni­ge Pro­ble­me be­wusst. Der Dai­myo heg­te Zwei­fel, dass es über­haupt zu ei­nem Kampf kom­men wür­de. Da ich kein Sa­mu­rai war, wür­de es der Met­su­ke ver­mut­lich für un­ter sei­ner Wür­de er­ach­ten, sich auf einen Zwei­kampf mit mir ein­zu­las­sen. Ich über­leg­te kurz und frag­te dann:

      ›Was bin ich denn in sei­nen Au­gen?‹

      ›Nun, zu­al­ler­erst ein Aus­län­der und dann viel­leicht ein Mönch. Bei­des wäre aber un­ter sei­ner Wür­de.‹

      Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga gab zu be­den­ken:

      ›Aber er ist ein kämp­fen­der Mönch. Mei­nem Sohn ge­gen­über habe ich ihn als einen So­hei aus­ge­ge­ben. Viel­leicht wür­de Ya­ma­bus­hi es noch bes­ser tref­fen.‹

      Die an­de­ren Sa­mu­rai hat­ten sich bis­her an dem Ge­spräch nicht be­tei­ligt. Ver­mut­lich wur­de Shi­ge­na­ga des­halb auch zu­recht­ge­wie­sen, weil er den Fürs­ten sehr ver­trau­lich an­ge­spro­chen hat­te. Un­ter­wür­fig ver­beug­te er sich vor dem Dai­myo, über­setz­te mir aber auf des­sen Be­fehl hin sei­nen Ein­wurf.

      Um die Si­tua­ti­on zu ent­schär­fen, ant­wor­te­te ich schnell.

      ›Wenn ich ihm als So­hei oder Ya­ma­bus­hi vor­ge­stellt wer­de, was ja, wenn ich rich­tig ver­stan­den habe, Krie­ger­mön­che sind, wird er dann den Kampf im­mer noch ab­leh­nen?‹

      ›Das sind zwar