Eines Tages hatte mir meine sehr selbstbewusste Ehefrau dann klar gemacht, dass sie ihre Freundin nicht „so hängen lassen“ konnte und außerdem hatte sie ja niemanden, der ihr nachts zur Seite stand und wenn nachts was sein sollte, dann wäre niemand da, oh, oh wie schrecklich … , das waren doch „haarsträubende Argumente, schluchz …
Mir kamen die sprichwörtlichen Krokodils-Tränen … , um es kurz zu machen, meine Frau hatte mit ihrer Freundin beschlossen, dass die werdende Mutter am Monatsende in „unser“ Traumhaus mit einzieht, so geht im Osten eine „Ehe“ zu Dritt …
Ich war über diesen femininen Beschluss geplättet und brachte mein energisches Veto bei meiner Gattin vor, hier musste ich mir zum ersten Mal von „Pretty Woman“ sagen lassen, dass „unser“ Haus, „ihr“ Haus war und sie bestimme wer hier ein- bzw. auszieht! Ich bereute an diesem Tag, meine damalige Großzügigkeit und ahnte Schlimmes, denn es sollte noch „knüppeldicker“ von dieser Frau Kassandra kommen …
Jegliches Schamgefühl musste ich hier bei meiner Frau vermissen, ich hatte nichts gegen ihre Freundin, war ihr gegenüber hilfsbereit im Rahmen des Erlaubten, was jetzt hier ablief, dass schlug dem Fass den Boden heraus. Meine Frau besaß noch nie einen Cent an Gesparten, als ich sie kennen lernte. Sie hatte einen gut bezahlten Job, eine kleine angemietete Wohnung von ihrem Bruder, eine Katze, kein Verhältnis zu ihrem Vater, ein kleines Auto und eine schwere „Yamaha“ mit tausend Kubik, das war ihr kleiner Wohlstand.
Ich hatte meine „große Liebe“ bei unseren Kennenlernen noch aus den Schulden bei ihrem Exfreund auslösen müssen, so schnell kann man sich zum Reichtum „hochdienen“ oder wie man immer dazu sagen möchte …
Der Einzug in unser Wohnzimmer im ersten Stock war nur noch Formsache und doch sehr schnell vollzogen, die junge Frau im spät gebärenden Alter brachte nicht viel mit und der Rest kam von uns, denn in „kleinen“ Dingen waren wir immer sehr großzügig, auch wenn uns das Wasser selbst bis zum Halse stand. Die Baby-Grundausstattung war noch von Samantha vorhanden, dazu der Wickeltisch und die Babywanne, hatte ja alles nichts gekostet und was sollte der Geiz? Die werdende Mama hatte zum ersten Mal in ihrem Leben eine Familie mit Badbenutzung und was hatten wir, ich den geschwollenen Hals und kein zweites Wohnzimmer mit Kaminofen mehr, man kann doch nicht alles haben, nun war Teilen und Rücksichtnahme angesagt. Hatte ich mich für diese „Ost-Verhältnisse“ so ins Zeug gelegt, waren das meine Träume nach der ersten Scheidung oder war dies alles nur ein schlechter Film?
Unsere Ehe hatte sich in dieser Zeit zu einem „Beisammensein zu Dritt“ entwickelt, meine Frau zog sich immer mehr zurück und mit der Freundin war der Umgang ganz okay, wenn ich zu Hause war. Beide Frauen waren jedoch noch sehr mit den Vorbereitungen der nahenden Geburt beschäftigt und ich kam mir wie das fünfte Rad am Wagen vor. Aber auch bei den Frauen lief nicht alles nach Plan, die große Gemeinsamkeit der Anfangs-Tage, die Rücksichtnahme bei vielen Dingen, wie der Badbenutzung, Eigenheiten und die eigene Lebensweise, hatte bei den Frauen auch des Öfteren für Zoff gesorgt.
Ich wurde bei diesen sich häufenden Disputen, oft zum Ansprechpartner und zum Seelentröster. Meine Frau wurde verschlossenener und bereute wahrscheinlich ihre Handlungsweise wie den Ritt auf einer Rasierklinge, ich war mir sicher, sie plante damals schon ihren Ausbruch aus der Ehe und ihr neues Leben.
In dieser Zeit entdeckte ich meine Leidenschaft zum Kochen, irgend etwas braucht doch auch der Mensch, es bereitete mir viel Spaß und Freude „meine“ zwei Frauen zu bekochen. Meistens hatte ich deren seltsamen Geschmack getroffen und sogar hin und wieder auch ein Lob bekommen. Die Freundin war ein sogenannter „Kaltesser“, das spart Energie und Kochtöpfe, aber sie konnte sich doch an meinen Mahlzeiten erwärmen, ging doch ganz gut.
Der Tag der Geburt kam näher, meine Frau stand ihrer Freundin Händchen haltend zur Seite als es ins Krankenhaus ging, den Part des „verstorbenen“ Mannes übernahm meine Frau und sie stand auch im Kreißsaal ihr zur Seite. Nach einigen Tagen im Krankenhaus kam „das sorglos Rundumpaket“ zu uns ins Haus zurück. Wir hatten nun ein zweites Baby unter unserem Dach, dies führte auch im Ort zu Spekulationen, ob ich auch hier der stolze Vater war? Sacul war unser fünfter Bewohner, ein schmächtiges Bürschlein mit Kohlraben schwarzen Haaren, die türkische Herkunft, nähe Anatoliens konnte man nicht leugnen und unsere Wohngemeinschaft sollte noch einige Monate Bestand haben …
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Samantha war nun schon zwanzig Monate alt und wir hatten einen wunderschönen Hochsommer zu verzeichnen, die schönste und wärmste Zeit des Jahres. Wir verbrachten unsere Freizeit in „unserem“ Traumhaus am Golfplatz, zum Teil im Garten, beim Grillen an unserer imposanten Grill-Anlage, selbstgebaut aus Uralt-Klinkersteinen, mit Freunden oder auch alleine, Abwechslung brachte unser solarbeheiztes Hallenbad. An den Wochenenden kamen, manchmal auch zu oft, meine Schwiegereltern zu Besuch, irgendwie war ich darüber froh, dass meine Frau wieder mit ihrem Vater klar kam. Ich legte auf Harmonie schon einen verstärkten Wert. Bis zu unserer Hochzeit war das Verhältnis zwischen Vater und Tochter doch sehr abgekühlt, um nicht zu sagen eingefroren. Über die Familienbande bin ich nie so richtig klar gekommen. Mit dem Schwiegervater war es scheinbar nie ganz einfach auszukommen, aber hier schaffte ich an einen seiner Geburtstage den familiären Durchbruch, wo wir unverhofft in die Feierlichkeiten, ohne Einladung hinein platzten. Wir waren zu dieser Zeit noch nicht verheiratet und es sollte mein Antrittsbesuch bei den Schwiegereltern in Spe werden.
Das Gesprächsthema der eingeladenen Geburtstagsgäste beschäftigte sich hauptsächlich, wenn man sich nichts zu erzählen hatte, mit Anekdoten aus der Vergangenheit und mit der Endlosschleife „Krankheiten“.
Jeder der Anwesenden hatte bestimmt ein bewegtes Leben hinter sich und sie gaben ihren Teil zum Besten, ich als das berühmte Mittelalter und Kassandra mit den jugendlichen Jahren konnten gar nicht so mitreden, denn jeder wollte die „bessere“ Krankheit, in seinem Leben überstanden haben. Krankheiten waren mir immer schon ein rotes Tuch, das Beste war, wenn man kein Wehwehchen pflegen musste. Hier entwickelte sich aber ein echter Wettstreit unter den geladenen Gästen, es ging über eine feine Gastritis, Leberschmerzen, Gallenkoliken und vieles Mehr, wir hatten außer einer Mandelentzündung und eines „verklemmten“ Furzes nichts beitragen können. Ich kam mir vor wie im Wartezimmer des Virchower Krankenhauses in der Notaufnahme und so hatte ich mir diesen Nachmittag sicherlich nicht vorgestellt. Ich wollte auch keinen Grundkurs in der gehobenen Allgemein-Medizin erhalten. Aus Höflichkeit schenkte ich dem praktizierenden Kreis noch meine Aufmerksamkeit, bevor ich mich auch einmal zu Wort meldete. In meiner unbekümmerten und sicherlich auch charmanten Art, fragte ich die überwiegend älteren Semester, „ob wir uns nicht auch einmal über meine Gesundheit unterhalten könnten?“. Außerdem würde dies, sich bestimmt positiv auf die allgemeine Lebensfreude auswirken“. Ola, la, auf einmal war es mucksmäuschen still im Raume, was hatte ich nun angerichtet? Der noch unbekannte Schwiegersohn in Spe, zum ersten Mal auf Besuch und so auf die „Kacke“ zu hauen? Mir war nicht wohl in meiner unbekümmerten Haut, aber das vermeintliche Entsetzen hielt nicht lange an und die bereits ins Stocken geratene Unterhaltung, wurde durch meinen Themenwechsel noch recht amüsant.
Später lernte ich auch noch die Geschwister meiner Braut kennen, alle zeigten ein recht herzliches Verhältnis zu ihrer Mutter, der Vater wurde kaum beachtet und spielte eine sehr untergeordnete Außenseiterrolle, er war nur Beiwerk. Er wurde nicht akzeptiert von seinen Kindern und es schien, keine harmonische Familie zu sein?
Die Halbschwester meiner Braut war ein bezauberndes Wesen, immer gut drauf, trotz zweier fast erwachsenen Kinder und sie war allein erziehend, irgendwie hatten alle Geschwister ein schweres Päckchen zu tragen, was war in der Vergangenheit nur vorgefallen?
Wie ich später erfuhr, war ein größerer Bruch zum Stiefvater voraus gegangen, diese Frau war in ihrer Jugendzeit wegen Problemen mit dem Stiefvater, freiwillig in ein Jugendheim gegangen. Ich hatte nie den gesamten Hintergrund erfahren, nur soviel, dass der Schwiegervater sehr dominant war und keinen Widerspruch duldete. Dies war autoritäre Erziehung vom Feinsten, ganz alte Schule, anno Tobak!
Später