Scheidungskind Samantha. Bine Thunder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bine Thunder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754134818
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alles war gesorgt, gutes Essen, Tanz-Musik, ausreichend zu Trinken und sogar ein Plätzchen zum Poltern war reserviert worden. Nach alten Brauch war nur Weißporzellan, vom Waschbecken bis zur WC-Schüssel und natürlich das übliche Haushalts-Geschirr, jedoch keine Gläser und Glaswaren waren zugelassen. Unsere Freunde und die „bucklige“ Verwandtschaft hatte schon Wochen vorher mit der Sammlung begonnen, denn es wurde ein großer Haufen Geschirr zerschlagen, jeder gab sein Bestes, nicht nur sein Geschirr, aber dafür seinen gesammelten „Krempel“.

      Nun traf es den Bräutigam und der war leider ich oder wie sich viel später heraus stellte der „Blödmann“. Mit Besen, Schaufel und Handfeger, Zipfelmütze und Schlafanzug, so musste ich mit meiner bald Angetrauten, dieses Schlamassel beseitigen und im Container entsorgen, die Hauptarbeit durfte oder musste ich erledigen und das hätte mir zu diesem Zeitpunkt, schon zu denken geben müssen? Tat es aber nicht, eine kleine Schnittwunde gab es auch noch im Eifer des Gefechtes und es sollte nicht die einzige Wunde sein, in unserem neu beginnenden Eheleben …

      War es die Anspannung, oder meine Dusseligkeit oder mein Übermut an diesem Abend? Ich wusste es nicht und es hatte mich auch nicht weiter interessiert, es war unser Tag und ich war sehr happy, die Kneipen-Apotheke hatte schnell das Malheur beseitigt und die Schnittwunde versorgt.

      Unsere Feier ging weit über Mitternacht und die Mitstreiter-Schar wurde immer dezimierter, zum Schluss sassen nur noch der ganz harte Kern und die Kampftrinker, die bei keiner Feier fehlen durften, zusammen. Für Viele blieb von der Nacht nicht mehr viel übrig, Einige bekamen nur noch eine „Mütze“ Schlaf ab, denn der Termin am Standesamt war für elf Uhr dreißig angesetzt und diesen wollte doch keiner verpassen?

      Ein gemütliches Frühstück war ursprünglich angedacht, aber irgendwie ist man(n) oder Frau an seinem „schönsten“ Tag voller Unruhe, aufgeregt oder nur nervös. Gedanken über den geplanten Ablauf, der minutiös vorgegeben war, über das Essen, die bestellte Tanzmusik und vieles mehr hatten uns doch zappelig gemacht. Hinzu kam, dass die Braut auch noch zum Friseur musste, das Hochzeitskleid durfte nicht fehlen und auch unser Baby sollte mit dabei sein. Eine Busenfreundin meiner Braut, die schon Taufpate bei Samantha war, hatte sich bereit erklärt, den Babysitter zu mimen.

      Diese „liebe“ Patentante, sollte Jahre später sich von ihrer hässlichsten Seite zeigen und mir das wahre Bild meiner Angetrauten vergegenwärtigen.

      Pünktlich fuhr meine Überraschung, die für Kassandra bestellte Hochzeits-Kutsche vor, es war „Kaiserwetter“, strahlend blauer Himmel, Sonnenschein und der Kutscher hatte vierfach angespannt und kam mit einer offenen Kutsche aus seinem Repertoire.

      Es sollte eigentlich eine Fahrt nur für uns Zwei werden, aber es kam wie so oft danach alles anders und in dieser Beziehung hatte meine Braut und spätere Ehefrau einen fanatischen Egoismus. Kurzerhand lud meine Verlobte ihre angereiste Schwester samt deren Tochter mit in die Kutsche und so wurde es keine für „uns“ bestimmte Fahrt ins Glück. Allzu viel Taktgefühl konnte ich auch später bei meiner Frau nicht feststellen …

      Nach dieser fünfzehn minütigen Kutschfahrt kamen wir gut gelaunt zum Standesamt in der Nachbar-Gemeinde. So ein dörfliches Standesamt ist in seinen Räumlichkeiten manchmal sehr beengt und unsere Hochzeits-Gesellschaft umfasste doch circa achtzig Personen, warum kleckern, wenn klotzen angesagt war …

      Wir wollten im „Osten“, nein besser in den Neuen Bundesländern, unseren zukünftigen neuen Wohnsitz, heiraten und leben, einige Jahre nach der Wiedervereinigung.

      Nur die engsten Verwandten und die besten Freunde und die beiden Trauzeugen konnten mit zu der Eheschließung vor der Standesbeamtin. Meine nun bald angetraute Ehefrau hatte ein traumhaftes Brautkleid aus reiner Seide mit einer sehr langen Schleppe, wahrscheinlich der Traum eines jeden Mädchens?

      Ein sommerlicher Hut mit breiter Krempe rundete dieses wunderbare Bild ab. Später dachte ich mir, „dass man für dreitausend Mark schon etwas Qualität erwarten durfte“. Unsere geladenen Gäste hatten bereits auf der Bestuhlung des Standesamtes Platz genommen. Schwiegervater, stolz wie ein Pfau, führte seine Tochter in die erste Reihe, wo ich bereits auf meine Zukünftige wartete.

      Vor dieser Trauungs-Zeremonie gab es im Vorraum noch einen Zwischenfall mit unserem Baby Samantha, die von ihrer Patentante an diesem Tage betreut und versorgt wurde. Ich wollte dass unser Kind an diesem Tag auch bei der Trauung dabei sein sollte, aber als Samantha ihre Mutter ganz in Weiß mit großen Sommerhut sah, da war es mit der sprichwörtlichen Ruhe im Standesamt vorbei. Samantha schrie wie von Sinnen und wollte sich um nichts auf der Welt beruhigen lassen. Als ob sie etwas verhindern wollte, was ihr nicht in den „Kram“ passte? Es war ein herzzerreißendes Wehklagen, dass unsere Tochter in ihrer Not hinaus schrie, selbst ich schaffte es kaum, beruhigend auf das kleine Baby einzuwirken. Wahrscheinlich erinnerte sich unsere Tochter an die stets weiß gekleideten Ärzte im Krankenhaus und da ging es auch nie ohne weinen und schreien ab.

      Die Hochzeits-Zeremonie musste nun beginnen, denn wir waren nicht das einzige Paar an diesem schönen Frühlingstag. Wir hatten eine sehr nette, einfühlsame Standesbeamtin, die auch später von uns zu unserer Feier ins Hotel eingeladen wurde. So richtig war ich nicht bei den ausschmückenden Worten der Beamtin, denn ich vernahm immer wieder das weinerliche Stimmchen unserer Tochter aus dem Vorraum. Die Rede bekam ich später von der Beamtin überreicht, sie verglich das uns aufgegebene Lebenskonzept, mit einem noch nicht vollendeten Fertighausbau, wo auch noch Jahre nach dem Einzug, noch etliche Rest- und Renovierungs-Arbeiten zu erledigen waren, diese nette Beamtin sollte mit ihrem Vergleich und der ausgegebenen Prognose schon sehr treffend, den Nagel auf den Kopf getroffen haben.

      Wir hatten schon einige kleine Baustellen, die sich nach der Schwangerschaft und dem beruflichen Werdegang aufgetan hatten, aber wir waren, an diesem unseren Tag hier angetreten, ehrlich und offen diesen Weg gemeinsam zu gehen, so war zumindest meine Absicht …

      Schnell war der Bund fürs Leben geschlossen, wesentlich schneller als so manche Scheidung im Nachhinein, nach dem Gesetz waren wir nach dem beiderseitigen „Ja-Wort“ nun Mann und Frau, was wir übrigens vorher auch schon waren? Als musikalische Untermalung hatten wir uns den Song von Herbert Grönemeyer „Träume für bare Münze …“ ausgesucht, dieser Titel war schon etwas tiefgründig und sollte uns symbolisch durch alle Lebensstürme führen, naja träumen durfte ich ja noch?

      Mit den Worten, „… Sie dürfen nun die Braut küssen …“ und dem anschließenden Sektumtrunk, so verließen wir an diesem Tag den Trauungs-Saal.

      Nun durften an diesem lauen Frühlingstag die Gratulationen und die Glückwünsche über uns herein brechen, Küsschen hier, Schmatzer da und viele Hände schütteln, es wurde geherzt und gedrückt. Vor dem Standesamt wartete der Rest der Hochzeits-Gesellschaft, nun waren die Kleinen mit ihren Blumen-Körben an der Reihe und die Großen mit dem Werfen von Reis, der sicherlich pfundweise auf uns nieder regnete.

      Die Hochzeits-Kutsche, eine ehemalige Königskutsche aus dem königlichen Preußen, wurde an diesem Tag offen gefahren und die Schwester samt Tochter nahm gleichfalls wieder Platz, war sicherlich so geplant? Wir fuhren durch das Brandenburger Land, vorbei an Wiesen und Felder, vorbei an gelbblühenden Raps, vorbei am Sommerhaus von Einstein in Caputh und weiter zu unserem Ziel, zur Hotelinsel im Schwielowsee.

      Es war eine zauberhafte Kutschfahrt, aber ich hatte wohl an diesem Tag, alles zauberhaft empfunden, ich war stolz wieder eine Familien zu haben.

      Die Schwester meiner Frau, der Parasit in der Hochzeits-Kutsche, war ohne Ehemann angereist. Meine nun Angetraute hatte ihn bewusst nicht eingeladen, da sie ihn nicht leiden konnte und nur noch primitiv und blöd befand, sie war schon immer sehr direkt gewesen …

      Zu diesem Zeitpunkt kannte ich den „Herren“ noch nicht, lernte ihn später noch ausgiebig kennen, zumal meine Frau in späteren Jahren, unsere Tochter zu den Beiden, aus Bequemlichkeit wegen neuer Männer-Bekanntschaften, in Obhut gab. Zehn Jahre später sollte ich diesem Unhold noch einmal im Gerichtssaal gegenüber stehen …

      Über die Nicht-Einladung hatte ich mir keine großartigen Gedanken gemacht, den Wunsch meiner Frau akzeptiert, die Ansage für bare Münze genommen und ich wollte bei der Feier keinen Ärger aufkommen lassen.