Die Seelen der Indianer. Nina Hutzfeldt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nina Hutzfeldt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738086799
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mit einem Nicken, dass sie zügig machen solle.

      Traurig und wütend zugleich sattelte Sadie ihren Wallach ab und führte ihn zum Tor der Weide. Dort würde er sich einsam fühlen. »Ich bin bald wieder zurück. Nicht traurig sein.«

      Caroline saß derweil schon auf dem Bock, die Zügel fest in der Hand.

      »Nun komm schon. Wir wollen doch noch im Laden einkaufen. Adam ist bestimmt auch da.«

      »Ja, sicher.« Sadie kletterte auf den Bock und setzte sich neben ihre Mutter.

      Der Wagen fuhr vom Hof Richtung Siedlung. Caroline fuhr die Kutsche so schlecht, wie sie ritt.

      Zum Glück war Blacky ein ruhiges und geduldiges Pferd, kannte die Strecke, brachte Caroline sicher zur Siedlung und wieder zurück. Deshalb war sie ganz durcheinander, wenn Jason daheim war. Er forderte die Stute, so dass diese schwitzend und schnaubend am Ziel ankam.

      Auf der Fahrt redeten Caroline und Sadie kein Wort miteinander.

      Sadie schloss die Augen und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Obwohl sie sich täglich draußen aufhielt, wurde sie nicht braun.

      Der holprige Pfad weitete sich zu einem breiten sandigen Weg aus, der direkt zum Siedlungsplatz führte. Dort stand eine hundertjährige Eiche.

      Am Anfang taten sich einige Menschen zusammen und fingen an, sich eine kleine Siedlung um den Baum, ihrem Wahrzeichen, zu bauen. Inzwischen hatte sich viel verändert.

      Ein Jahr nach der Gründung kam ein Arzt, gefolgt von einer jungen Frau, die sich ein eigenes Leben aufbauen wollten.

      Mittlerweile hatte sich der Arzt gut etabliert und die Frau hatte eine eigene Zeitung herausgebracht. Dort stand der neuste Klatsch der Nachbarschaft: Rezepte; wann die nächste Postkutsche kommen sollte und was man als Pionier im Westen sonst noch wissen musste.

      Mittlerweile gab es auch einen Sheriff Joe und sein Sohn Chris, eine Poststation mit Telegrafenamt und ein Café.

      Sie hielten vor dem Laden, wo Mr. Greene mit grimmiger Miene die Kunden begrüßte.

      »Hallo, Mr. Greene«, sagte Caroline, als sie an Blackys Zügeln zog, so dass das Pferd abrupt stehen blieb.

      »Guten Tag, Mrs. O’ Connor. Sie sehen heute wieder bezaubernd aus. Darf ich Ihnen behilflich sein.«

      Er bot ihr seinen Arm an. Sein graues Haar hatte er streng zur Seite gekämmt und seine Augen wirkten müde, fast zu müde.

      »Gerne, danke.« Sie hakte sich bei ihm unter und hob ihr Kleid etwas an.

      Bei Regen war der Boden äußerst rutschig, so dass die Frauen sich auf der Veranda aufhielten, um ihre Kleider nicht zu beschmutzen. Doch Sadie mochte dieses Wetter ebenso wie die Trockenheit, wenn der Staub aufgewirbelt wurde, was den Damen ebenfalls nicht gefiel. Im Moment war eindeutig letzteres Wetter. Dieser Sommer war wieder sehr warm und trocken.

      »Wie geht es Ihnen, Mrs. O’ Connor? Kommt Ihr Gatte bald nach Hause?«

      »Ich hoffe doch. Sadie und ich vermissen ihn sehr.« Caroline folgte Mr. Greene in den Laden.

      Eine kleine Theke, verschiedene Regale, die unter der schweren Last der Ware ächzten, und viel zu viele Menschen erwarteten einen im Ladeninneren. Sadie schlich sich immer in ein zweites, noch schmaleres Zimmer. Eine Bibliothek, die nur eröffnet worden war, weil ein Fremder auf der Durchreise eine Kiste mit Büchern vergessen hatte, die sorgfältig von Sadie, Rachel und anderen Siedlern in die Regale von Mr. Greenes zweitem Raum gestellt worden waren. Dort sollten sie verweilen, bis der rechtmäßige Besitzer zurück in die Siedlung kam, um sie abzuholen. Doch er kam nie zurück und so blieben die Bücher.

      Die Ruhe und der Duft der Bücher ließen Sadie aufatmen. Sie setzte sich in den abgewetzten, grünen Ohrensessel und schloss die Augen. Zu dieser Tageszeit kamen nicht oft Leser in die Bibliothek, sie drängelten sich in die Zeitungsräume von Ms. McKenzy, um eine Ausgabe der druckfrischen Gazette zu ergattern.

      Für Caroline legte die Herausgeberin immer eine Ausgabe zurück, damit sie sich nicht in den Strom der drängelnden Siedler einreihen musste.

      »Hallo, Sadie.«

      Eine Stimme riss Sadie aus ihren Gedanken, die wieder um den Indianer kreisten.

      »Oh, hallo. Entschuldige, ich habe ein wenig die Augen zugemacht.«

      »Das ist mir nicht entgangen.« Adam erschien auf der Bildfläche und lächelte Sadie mit seiner großen Zahnlücke an.

      »Ich habe letzte Nacht schlecht geschlafen. Wie lange bist du schon hier?«

      »Eine Weile.« Seine grünen Augen leuchteten wie die Blätter der großen Eiche in der Sonne.

      »Deine Mutter schickt mich, sie möchte gleich zu Mary-Jane.«

      Oh, wie lange saß ich bloß hier und wie lange ist Adam schon hier?

      Sadie rieb sich die Stirn. »In Ordnung, dann sollte ich wohl meine Mutter nicht warten lassen.« Sadie stand auf, strich sich ihre Knickerbocker glatt und nickte Adam zu.

      Caroline stand auf der Veranda und beobachtete Dr. Andrews, der ihr die Einkäufe auf den Einspänner hievte. Meine Mutter konnte einfach jeden um den Finger wickeln. Sadie schüttelte verständnislos den Kopf.

      »Ach, da bist du ja. Ich hatte Adam gebeten dich zu holen.«

      »Ja, jetzt bin ich ja da.« Sadie strich sich das Haar aus der Stirn.

      »Gut, Dr. Andrews war so freundlich, uns mit dem Einkauf zu helfen.«

      Sadie musterte Dr. Robert Andrews, der eine Schwäche für Caroline zu haben schien, genau. Er trug seine dicke Hornbrille immer etwas schief auf der Nase und sein abgetragener Nadelstreifenanzug verriet nicht, dass er der Arzt war. Vielleicht war es beabsichtigt?

      »Wollen wir zusammen speisen, Mrs. O’ Connor?«, fragte Dr. Andrews.

      »Oh.« Caroline legte sich die Hand auf die Brust. »Ich weiß nicht. Weißt du nicht, dass ich verheiratet bin, Robert?« Ein charmantes Lächeln huschte über ihre Züge.

      »Ja, doch. Selbstverständlich. Es tut mir leid.« Er hob seinen Hut an. »Schönen Tag, Mrs. O’ Connor, Sadie.« Dr. Andrews ging hinüber zur Klinik.

      »Ist er nicht nett?« Caroline blickte ihn hinterher. »Komm, wir sollten gehen.«

      »Ja, doch.« Sadie folgte ihrer Mutter über die Straße, hinter Ms. McKenzys Zeitungsgeschäft hinüber zu Mary-Janes Café. Hier bekam man täglich drei leckere Mahlzeiten, hausgemachten Kuchen und für besondere Anlässe war auch genug Platz.

      Sadie mochte den Tisch an der Wiese. Dort hatte man einen wunderschönen Blick auf die kleine Kirche, versteckt am Waldanfang. Zwei aneinandergebaute Räume, die das Haus Gottes waren.

      Caroline bestellte zwei Portionen von Mary-Janes berüchtigtem Schmorbraten mit Gemüse, doch bevor die Gerichte auf den Tisch kamen, brachte sie Caroline und Sadie zwei Becher Wasser.

      »Guten Tag, ich hoffe, es geht euch gut.« Mary-Jane war eine mollige Frau mit einem Doppelkinn. »Kommt Jason zur Sonntagsmesse? Reverend Edwards hat etwas ganz Besonderes für unsere Soldaten geplant.« Sie kam etwas näher und legte sich die Hand an den Mund. »Es darf aber keiner wissen.« Und natürlich wusste sie es, denn Mary-Jane war der Mittelpunkt der Siedlung.

      Jeder in der Stadt kam zu ihr, aß etwas, tauschte Neuigkeiten oder Geheimnisse aus.

      Und sie hatte jede Menge gut gehüteter Geheimnisse.

      Während Caroline sich mit Mary-Jane unterhielt, erblickte Sadie zwei Tische weiter Rachel mit ihrer Mutter. Rachel beobachtete Matthew, wie er um sie herumlief und sich einen Platz suchte. Sadie winkte, als Rachel aufblickte, doch Rachel winkte nicht zurück. Enttäuscht senkte Sadie den Arm und stand auf.

      »Hallo, Sadie«, begrüßte Mrs. Douglas die Freundin ihrer Tochter.

      »Hallo, Mrs.