EBQUIZEON - Die Welt hinter der Welt (2018). Andreas Bulgaropulos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Bulgaropulos
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742744098
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in den Verteiler. Er hatte sich abgeregt, doch die Wut war der Frustration gewichen. Das Leben bot ihm keine Perspektive mehr. Mit zwei Handgriffen stellte er das Tischchen auf, platzierte das Bild von Carmen darauf und schlurfte ins Badezimmer.

      Während er über die Weiterentwicklung der Dinge nachgrübelte, hörte er hinter sich ein Flüstern, das wie sein Name klang. Vor Überraschung drehte er sich um.

      Niemand war anwesend.

      Natürlich nicht. Blödsinn! Wer sollte sich schon in seinem Quartier aufhalten? Nicht mal das Computerterminal war aktiv. Geschweige denn Musik.

      Grundgütiger! Das wird immer schlimmer. Mein Gehirn spielt völlig verrückt! Suchten ihn die Wahnvorstellungen heim, blieb ihm noch weniger Zeit, als er angenommen hatte.

      Panik überfiel Antonio. Ohnehin wollte er wegen der monatlichen Untersuchung seinen Doc aufsuchen. Doch angesichts akuter Gedächtnislücken und Sinnesverwirrungen würde er den Termin auf heute vorziehen. Auch wegen dieses Drucks auf der Lunge, der fühlbar zunahm. Sein Arzt musste sich die Zeit für die Diagnose seines Lieblingspatienten nehmen. Dann würde sich herausstellen, ob Grund zur Sorge bestand. Vielleicht genügte es, die Medikation zu erhöhen.

      Er betrat das Bad, entkleidete sich und wollte die Duschkabine öffnen, als es abermals flüsterte. Diesmal zuckte er zusammen und wirbelte herum. Jemand hatte eindeutig seinen Namen gemurmelt.

      »Hallo … ist da wer?« Seine Stimme zitterte.

      Totenstille.

      Er schlich zurück in den Wohnraum und rief erneut: »Hallo?«

      Keine Antwort.

      Antonio schwirrten die wildesten Fantasien um einen Psychopathen durch den Kopf, der ihm auflauerte. Mit seinen Grundkenntnissen in Selbstverteidigung würde er da kaum eine Chance haben. Und es konnte glatte zwei Minuten dauern, bis die Sicherheit antanzte.

      Aber da war nichts. Er suchte seine komplette Unterkunft ab, nur um festzustellen, dass er alleine war. Splitternackt lauschte er in die Stille der Wohnung hinein.

      Nada …

      Er kam sich verdammt albern vor. Es war ihm auch zu peinlich, den Stationscomputer nach einem nicht vorhandenen Eindringling zu fragen, weil jede Kommunikation aufgezeichnet wurde. Beim Herumstehen fiel ihm allerdings eine Sache auf, die nicht seiner Fantasie entsprang. Eine ungewöhnliche Kühle erfüllte die Räumlichkeiten.

      Shit, die Heizung ist ausgefallen!, fluchte er und fröstelte. Was für ein Morgen. Der Reparaturservice und eine warme Dusche müssen her!

      Grund genug, doch den Computer anzusprechen. »Selene, die Zimmertemperatur ist unter Normalniveau. Checke das Thermostat oder verständige das Wartungscenter.«

      Zwischen seinem Auftrag und der Antwort der Stadt-KI, die eigentlich längst deswegen hätte tätig werden sollen, lag eine ungewöhnliche Pause.

      »Aber natürlich, Antonio. Ich kümmere mich darum. Mach dir keine Sorgen.«

      Antonio Cabrallo wunderte sich über die Formulierung noch mehr als über die Verzögerung. Seit wann redete der Computer so vertraulich mit ihm? Selbst gegenüber einem stinknormalen Minenangestellten wie ihm gab es Vorschriften, was die Ausdrucksweise betraf. Etwas in der Art war nicht vorgesehen.

      Schwer atmend und durcheinander beschloss Antonio, genug gefroren zu haben. Eiligen Schrittes betrat er erneut das Bad und die Duschkabine, die sich automatisch schloss. Er aktivierte die Düsen und ließ sich von den Wasserstrahlen besprühen.

      Ah, endlich geschafft … wie angenehm.

      Er würde den Rest des Morgens unter der Dusche verbringen. Die ganze Welt konnte ihn mal. Und sein Boss besonders. Sollten sie alle zum Teufel gehen. Wenn er nachher vom Arzt wiederkam, würde er Carmen anrufen und sie fragen, ob sie ihn schon diese Woche heiraten wollte. Dann würde er zurück zur Erde fliegen, sich einen brauchbaren Job suchen und seine verbleibenden Tage genießen.

      So und nicht anders würde er es machen.

      Erleichtert genoss er die Dusche umso mehr. Der Druck auf seiner Lunge hatte ebenso nachgelassen. Er spürte das Nass auf seiner Haut und wie es ihn einhüllte, Wasser, das an seinem Körper hinunter rann und ihn umschlang. Es fühlte sich so beruhigend an, voller Trost und aufmunternd zugleich.

      Das ist besser als jedes Medikament! Ich bleibe für immer unter dem Wasserstrahl stehen und lasse mich davon beschützen. Nichts kann mir hier etwas anhaben.

      Das Wasser sprühte hypnotisch auf ihn ein.

      Himmlisch!

      Alles andere verblasste in Belanglosigkeit.

      Jeder Tropfen schien ein Segen.

      Er verspürte keine Sorgen mehr, keine Ängste, nur Schwerelosigkeit. Und das Sprühen.

      Ich bin dein, Wasser … wir sind unzertrennlich … ja … du willst es so … es ist gut … alles so leicht … ich gebe mich dir hin … für immer …

      Dann setzte sein Denken aus – die Trance verschluckte ihn.

      Irgendwann kam Antonio Cabrallo wieder zu sich und riss die Augen auf. Kälte nagte an seinen stocksteifen Gliedern. Er spuckte einen Schwall eisiges Wasser aus, musste husten und spuckte noch mal.

      Was …? Was tue ich hier?

      Erschrocken starrte er auf seine Arme und Beine, die eine blaue Farbe angenommen hatten. Sein Körper war extrem ausgekühlt. Als er auf das Display der Uhrzeit sah, erschrak er abermals: 06:09 Uhr. Er stand bereits eine Stunde unter dem Eiswasser. Anscheinend hatte er vorhin die kalte statt der warmen Dusche aktiviert. Die Kabinenanzeige blinkte auf niedrigster Temperatur, aber er erinnerte sich nicht, diese so eingestellt zu haben.

      Schon wieder! Blackout!

      Nach drei Anläufen vermochte er den Arm zu heben, um das Wasser abzustellen, jedoch versagte die Trocknen-Funktion. Er zitterte am ganzen Leib.

      Muss … hier raus …

      Antonio gelang es mit Mühe, die Duschkabine zu öffnen. Kaum fähig, einen Fuß vor den anderen zu setzen, stakste er durch das Bad und griff sich ein Handtuch. Dabei glitt er aus und knallte mit der Stirn auf die Toilette.

      Sein Gehirn explodierte.

      Stöhnend und benommen kauerte er am Boden. Der Schlag hatte eine Platzwunde verursacht, aus der ihm Blut über die Augenbraue quoll. Er rang nach Luft. Nach Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, kroch er vom Bad ins Schlafzimmer.

      Hier herrschten ebenfalls Minusgrade – auf den Möbeln glitzerte Frost. Während er versuchte, das Bett zu erreichen, richtete er mit bebenden Lippen eine Anfrage an den Stationscomputer. Sein Atem quoll ihm weiß aus dem Mund.

      »S… Sel… Selene … N… Notfall! Sch… schicke Medic-Droiden … und erhöhe Um… Umgebungstemperat… tur auf … N… Normaln… niveau.«

      Die KI reagierte nicht. Antonio zog sich unter größter Kraftanstrengung am Bett hoch und kam auf der Matratze zum Liegen, die aus blankem Eis zu bestehen schien. Zitternd griff er nach der Decke.

      »Se… Selene. Was stimmt … mit der Klima… kontrolle nicht? Erbitte … sofortige Diag… Diagnose.«

      Dieses Mal erhielt er eine Antwort.

      »Es ist alles in Ordnung, Antonio«, erwiderte die freundliche Stimme. »Entspanne dich, dann fällt dir alles leichter.«

      »Blöd…sinn … zu k… kalt hier … Sofort eine Verb… bindung zur Sich… Sicherheits… dienststelle herstellen … einen Medic-Droiden oder m… meinen Arzt ver… ständigen. Dringend … schwebe in Lebensgefahr!«

      »Aber Antonio«, tadelte ihn die Stimme, »es geht dir den Umständen entsprechend. Es braucht eben seine Zeit. Kämpfe nicht dagegen an, bleib ruhig liegen. Bald ist es geschafft.«

      Antonio glaubte an einen Albtraum. Der Druck auf seinem Brustkasten brachte