Der wunderbare Garten der Druiden. Claudia Urbanovsky. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Claudia Urbanovsky
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783738009958
Скачать книгу
sondern pflanzliche. Unzählige Initiationsriten in allen Kulturen der Welt haben mit pflanzlicher Hilfe Reifung und Weitsicht ermöglicht. Außer in wenigen, heute vom Aussterben bedrohten archaischen Stammesgemeinschaften erfährt der Heranwachsende keine echte Initiation mehr. Die Begegnung mit der Existenz, dem Großen Geheimnis des Lebens, des Sterbens und der Wiedergeburt, zählt nicht mehr zu den wesentlichen Erfahrungen der menschlichen Entwicklung.

      Mit ihren ausdruckslosen Ritualen, starren Dogmen und sturen Lektüren der Texte können die heute etablierten Hauptreligionen den seelischen Hunger der Menschen schon lange nicht mehr stillen. Unvorbereitet und hungrig bleibt manchen Suchenden nur die Welt der Drogen. In unserer Zeit scheint sich die Mystik auf den Genuss, den Konsum reduziert zu haben. Eine Menge der unterschiedlichsten Substanzen stehen dem modernen Menschen zur Verfügung. Und doch hat er in der Regel den hier möglichen Zugang in die Ganzheit, die Ekstase, das Heraustreten aus der begrenzenden Individualität verloren. Die Pflanzen und ihre machtvollen Substanzen – Drogen genannt – sind nicht für diese Entwicklung verantwortlich, sondern nur das unvorbereitete, nicht initiierte Bewusstsein der Konsumenten, die so eine Ersatzbefriedigung und Betäubung oder Nervenkitzel und Genuss suchen.

      Wir sollten uns an dieser Stelle an unsere Vergangenheit und an unsere Ahnen erinnern: Ein respektvoller, wenn nicht gar liebevoller Umgang galt als wichtige Voraussetzung für einen Kontakt mit der Existenz, der Macht, der Geisterwelt, unserem tiefsten ureigenen Wesen. So verstanden, waren in jenen Tagen unter den Pflanzen nicht nur Schönheiten und Nahrungsspender zu finden, sondern auch mächtige magische Verbündete.

      Bitte halten Sie sich bei der Lektüre des »Giftgartens der Druiden« ganz klar vor Augen, dass Heilpflanzen im allgemeinen »Arzneipflanzen« sind und aus diesem Grund nur bei ganz genauer Kenntnis über deren Wirkung und Anwendungsweise und nach eingehender Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eingesetzt werden sollten. Auf keinen Fall sollten Sie irgendwelche »Experimente« mit den hier vorgestellten Pflanzen anstellen. Giftigkeit ist in ihrem Fall ein relativer Begriff, weil sich die Grenze zwischen Heilkraut und Giftpflanze verwischt. Eben jene giftigen Inhaltsstoffe sind heute bei der Behandlung vieler Krankheiten von unschätzbarem Wert. Ein unkontrollierter Verzehr von Digitalis purpurea – Fingerhut – führt zu schweren Herzrhythmusstörungen und schließlich zum Tod. In Tablettenform dosiert hilft Digitalis allerdings mit genau denselben Wirkstoffen unzähligen herzkranken Patienten. Alle Informationen zum Einsatz dieser Pflanzen bei gesundheitlichen Störungen erhalten Sie bei Ihrem Arzt oder Heilpraktiker!

      Abschliessend lade ich Sie dann zu einem Spaziergang in den Heiligen Hain der Druiden ein. Archäologen fanden überall innerhalb keltischer Viereckschanzen Spuren von Kultbäumen. In der Literatur der Griechen und der Römer über die Kelten und ihre Druiden nehmen die Bäume einen genauso wichtigen Platz ein wie in ihren eigenen Mythen, Sagen und Dichtungen. Bereits die gerne gebrauchte, wenn auch nicht unumstrittene Übersetzung von »Druide« – »dru« von dem indogermanischen Wort für »Eiche« und »weid« vom indogermanischen »weit sehend, weit blickend« –, die durch die Beschreibung von Plinius dem Älteren geprägt wurde, lässt die Annahme zu, dass die Druiden den Bäumen im allgemeinen und der Eiche im besonderen eine große Bedeutung beimaßen, auch wenn wir uns eher der neueren Auffassung anschließen, dass die korrektere Übersetzung für »Druide« lediglich »Weiser« oder »Gelehrter« ist. Die Kelten brachten bestimmten Bäumen bzw. denen mit ihnen in Verbindung gebrachten Gottheiten oder Geistwesen Opfergaben. In ihrer Weltanschauung galten Bäume allgemein als beseelt und man musste ihnen mit Respekt und Ehrfurcht begegnen. Auch in späteren Jahrhunderten konnte sich diese Praktik der Verehrung bestimmter Bäume als eine Tradition im Volk halten, obwohl die christlichen Kirchenmänner sie immer aufs heftigste bekämpften und schon von den ersten Tagen der Christianisierung Galliens an mit Axt und Säge gegen die heiligen Bäume vorgingen – insbesondere gegen Eichen –, um damit der druidischen Kultur ihren Boden zu entziehen.

      Der als »heiliger Martin« bekannte Bischof Martin von Tours, der sich als Apostel Galliens seinen Platz im ökumenischen Heiligenkalender sichern konnte, rief im 4. Jahrhundert der Zeitrechnung ganz gezielt zu einem Kreuzzug gegen die heiligen Bäume der Gallier auf und setzte ein Beispiel, indem er eigenhändig Hand an eine heilige Eiche in der Nähe des heutigen Chartres anlegte. Ungeachtet dieser radikalen Form des »Waldsterbens« von christlicher Missionarshand existieren verschiedene alte Baumkulte – wenn auch zwischenzeitlich mit kirchlichem Segen – bis zum heutigen Tag. Das in vielen Regionen praktizierte Setzen eines Maibaums ist der Rest eines Kultes zu Ehren des Belenos. Der Maibaum, meist rot und weiß mit Stoffbahnen umwunden, symbolisierte ursprünglich einen Phallus als Objekt der Fruchtbarkeit, das die Natur unter den Feuern von Beltane aus ihrem Winterschlaf weckte und die Gebärfähigkeit der im Boden schlummernden Kräfte wecken und fördern sollte.

      Für die Druiden, als Philosophen mit tiefer Einsicht in die Symbole der Natur, war der Baum gleichfalls ein Abbild des Universums, die kosmische Eiche oder Welteneiche. Jeder Stamm und jedes Dorf hatte einen Vertreter dieser Welteneiche, genauso wie jede Gegend ihren heiligen Hain, den »Nemeton«, in einem nahegelegenen Wald hatte. Die »Welteneiche« ist hier nicht im botanischen Sinn als »Quercus robur« zu sehen, sondern als ein Weltenbaum, der auch anderer botanischer Zugehörigkeit sein konnte: Eschen, Erlen, Eiben, Birken und Linden waren je nach Region genauso sehr Weltenbaum wie die sprichwörtliche Eiche. Der Heilige Hain diente einerseits den Druiden als Versammlungs- und Weiheort, andererseits hielten sie dort auch ihre Lehrveranstaltungen ab, sozusagen eine »Open Air«-Schule. Die keltische »Religion« war ebenso dezentralisiert wie die keltische staatliche Organisation. Der Weltenbaum, die Welteneiche, als solcher befand sich folglich nicht nur an einem einzigen, fest definierten Ort – so, wie wir dies von den allerwichtigsten Heiligtümern der heute etablierten Religionen kennen –, sondern immer in der unmittelbaren und damit erlebbaren Nähe einer keltischen Lebensgemeinschaft. Für die Druiden als Ärzte waren die Bäume über diesen spirituellen Ansatz hinaus aber auch immer in hohem Maße mit dem Thema Heilung verbunden.

      In diesem dritten Teil über die Heilkräfte der Natur, so, wie sie von den Druiden genutzt wurden, werde ich vor allem jene Bäume ausführlicher besprechen, die in den von mir untersuchten heilkundlichen Schriften und Herbarien am häufigsten aufgeführt wurden, aber gleichzeitig auch in der Volksmedizin die stärkste Anwendung finden. An dieser Stelle werden wir jedoch keine Kategorisierung in Bäume und Sträucher vornehmen, sondern beide gemeinsam behandeln, um dem Leser einen leichteren Überblick und schnelleren Einblick in die druidische Heilkunde zu ermöglichen.

      Wie schon für die beiden vorhergehenden Kategorien – die gebräuchlichsten Heilpflanzen aus druidischer Tradition und den Giftgarten der Druiden – sind auch die Bäume der Kraft gemäß ihrer volkstümlichen Namen aufgelistet, dem sich die lateinische botanische Bezeichnung gemäß der Klassifizierung von Linné anschließt. Es folgen, sofern eindeutig identifiziert, der gallisch-keltische und der altbretonische oder bretonische Name der jeweiligen Pflanze sowie ein kurzer aktueller Kenntnisstand zur Botanik und wissenschaftlichen Phytotherapie. Im Anschluss daran wird der Einsatz der Pflanze in der druidischen Heilkunde und der Volksmedizin beschrieben, wobei auch auf die magische Verwendung Bezug genommen wird.

      Da es in meinen Augen ein Schwachpunkt vieler Bücher zur Volksmedizin ist, auf Kulturpflanzen zurückzugreifen, die erst in nachkeltischer Zeit nach Westeuropa eingeführt wurden und daher unmöglich in der druidischen Pharmakopöe Verwendung gefunden haben können (was ihrer Wirksamkeit allerdings keinen Abbruch tut!), handelt es sich bei sämtlichen hier aufgeführten Pflanzen um solche, die aus Textvergleichen zwischen dem »De Medicamentis« (430 der Zeitrechnung), dem Manuskript von Leyden (ca. 790 der Zeitrechnung) und dem Stundenbuch der Anne de Bretagne (15. Jahrhundert) übereinstimmend entnommen werden konnten.

       Kapitel 2 Im Heilkräutergarten der Druiden

      Heilpflanze wurde von den Druiden eingesetzt

      Heilpflanze wurde wahrscheinlich von den Druiden genutzt

       Скачать книгу