Der wunderbare Garten der Druiden. Claudia Urbanovsky. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Claudia Urbanovsky
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783738009958
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oder die griechischen, römischen, chinesischen und arabischen Ärzte der Antike. Insbesondere Apuleius und Pedianos Dioscorides nahmen in ihren medizinischen Werken direkt Bezug auf viele dieser von den Druiden eingesetzten Pflanzen und verwendeten gar neben den lateinischen und griechischen Bezeichnungen deren keltisch-gallische Namen. Auch Marcellus Burdigalensis zitiert in seinem Werk noch die keltisch-gallischen Namen der Heilkräuter. Eine solche Anhäufung von Fachausdrücken in einer Sprache, die nicht die Muttersprache der jeweiligen Autoren war – insbesondere bei Ärzten, die das Renommee eines Dioscurides oder Apuleius besaßen –, unterstrich in jener Zeit den hohen wissenschaftlichen Standard der Druiden auf dem Gebiet der Medizin und der Pharmakologie. Fachausdrücke werden für gewöhnlich nur dann in anderssprachliche Werke aufgenommen, wenn die dortigen Wissenschaftler anerkannte Autoritäten des jeweiligen Gebietes sind!

      Das druidische Verständnis von der Wirkung einer Heilpflanze war zwar dem der Griechen und Römer nicht unähnlich, doch ein ganz anderes als das der heutigen Phytotherapeuten und Ärzte. Diese setzen Pflanzen von Ausnahmen abgesehen in erster Linie dazu ein, um gegen etwas zu wirken. Damit unterstreichen sie insbesondere deren grobstoffliches Potential, ähnlich, wie es auch Plinius der Ältere bereits im Einführungstext für den 20. Band seiner »Historia Naturalis« – »Von der Tugend der Pflanzen« – tat.

      «Hier wollen wir einige der wunderbarsten Produkte der Natur studieren. In dieser kurzen Abhandlung werden wir mit dem Menschen über diese Lebensmittel und ihre Kräfte auf eine solche Weise reden, dass er wird sehen können, wie groß seine Unwissenheit über Dinge ist, die ihm das Leben möglich machen und die ihm die Krankheiten, die ihn befallen, behandeln helfen . … Ich werde über Abneigungen und Bindungen zwischen Dingen reden, die stumm sind und keine Gefühle haben und bei denen der Mensch – was ihn sicher erstaunen und verwundern wird – zum Schluss stets der Nutznießer ist. Es handelt sich um das, was die Griechen Sympathie und Antipathie nannten.«

      Heilpflanzen werden in der Pharmaindustrie heute lediglich als eine Art chemische Fabrik angesehen, die bestimmte Inhaltsstoffe produzieren kann, die wiederum eine bestimmte Wirkung auf den menschlichen Körper haben. Die aktuelle Phytotherapie, d.h. der Gebrauch von Arzneimitteln mit Substanzen pflanzlicher Herkunft, ist nicht das Gegenteil der Chemotherapie mit ihren synthetischen Wirkstoffen, sondern ihre Ergänzung und Erweiterung. Beide bauen auf den gleichen chemischen Wirkprinzipien auf. Die moderne Phytotherapie ist vollkommen frei von allen philosophischen Aspekten und muss als reine Naturwissenschaft angesehen werden. Sie unterscheidet sich hier tiefgreifend von der Anthroposophie eines Steiner oder der Homöopathie eines Hahnemann, obwohl die verwendeten pflanzlichen Wirkstoffe oftmals dieselben sind.

      Für die Druiden hatten Heilpflanzen jedoch neben diesem grobstofflichen Potential auch noch ein energetisches und damit feinstoffliches Potential, das im Labor nicht erfasst werden kann. Heilpflanzen enthalten zwar chemische Stoffe genau wie synthetische Arzneimittel. Aber man hat es immer mit einer Art »Kombinationspräparat« zu tun, was die Druiden auf ihre Weise auch genau erkannten. Dieses »Kombinationspräparat« bestand auch in ihrem Weltbild aus einer Mischung von bestimmten Stoffen, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung ergänzen oder das Präparat für den Menschen verträglicher machen. Allerdings lag hier der Schwerpunkt eben auf der Kombination grobstofflicher und feinstofflicher Elemente. Insbesondere dieses feinstoffliche Potential einer Heilpflanze hatte für die Druiden-Ärzte der Protokelten und Kelten aber oftmals eine größere Bedeutung als ihre chemisch wirksamen Inhaltsstoffe!

      Viele Heilpflanzen dienten den Druiden nicht nur in der Medizin, wo sie z.B. als Tee oder Pulver eingenommen wurden oder in Bädern, Abreibungen und Umschlägen Verwendung fanden, sondern gleichzeitig als magische Amulette – auf die kranke Stelle aufgelegt, ständig am Körper getragen oder an einem für den Patienten wichtigen Ort angebracht (z.B. im Haus, über einer Schlafstätte).

      Die Druiden sahen Krankheiten immer auch als Übel an, die mit dem Einwirken feindlicher dämonischer Kräfte zusammenhingen, denen man ebenbürtige positive Kräfte entgegensetzen musste. Ihre Form der ganzheitlichen Medizin besaß einen ausgesprochen starken magischen Bezug: Krankheit, Behandlung, Heilung und Magie waren für einen Druiden immer untrennbar miteinander verwoben. Darum war es für ihn undenkbar, nur das grobstoffliche Element einer Pflanze in Betracht zu ziehen, wenn er gegen eine starke feindlich gesinnte Kraft ankämpfen musste, die dem Patienten Schaden zufügte. Wenn der Druide folglich eine oder mehrere Pflanzen einsetzte, dann setzte er hier – gegen den Feind Krankheit – auch den oder die freundlich gesinnten Wesenheiten ein, die in seinem Weltbild die Essenz der Pflanzen ausmachten.

      Die Druiden hatten bei ihren schamanistischen Reisen in die Geisterwelt erkannt, dass jede Pflanze außer ihrem chemischen Inhaltsstoff auch noch einen Energiekörper besitzt, der zusätzliche heilende Kräfte ausstrahlt. In späterer Zeit, als das alte Wissen in einen christlichen Mantel gepackt werden musste, tradierte man diesen Energiekörper gerne als Fee, Elfe oder ein anderes sagenhaftes Geschöpf und versteckte die heilende Eigenschaft der Pflanze in einer meist noch viel sagenhafteren Erzählung, die allerdings für den Eingeweihten bis in die heutige Zeit noch immer verhältnismäßig leicht zu deuten ist, wenn er zwischen den Zeilen zu lesen vermag.

      Wolf-Dieter Storl, der im Allgäu lebende Ethnobotaniker und Kulturanthropologe, bezeichnet dieses feinstoffliche Element, den Energiekörper der Heilpflanze, in einem seiner Bücher als »Pflanzendeva«181 – Pflanzengottheit. Mit diesem Ausdruck trifft Storl natürlich den Kern der Sache und darum hat sich dieser Begriff auch gemeinhin eingebürgert. Doch mir persönlich ist er zu »orientalisch«. Ich ziehe es vor, wie Philipus Theoprastus Bombast von Hohenheim – Paracelsus – von der Pflanzenseele zu sprechen. Paracelsus sagte zu Recht: »Daher ist nicht in dem, den der Mensch erwählt, sondern in dem, den Gott erwählt, die Arznei. Er kennt den Arzt in seinem Herzen und achtet nicht auf seinen Grad, auf seine Hochschule, auf seinen Pomp, auf ­seinen Namen, auf sein Brief und Siegel, sondern er achtet auf den Barmherzigen und dem gibt er die Arznei.« Paracelsus stand ganz und gar in der druidischen Tradition und hätte bei den weißen Brüdern Galliens gewiss Anerkennung gefunden, denn ihm reichte das Bücherwissen nicht aus. Auf seinen Reisen beobachtete er die Natur und den Himmel und fand dort die Offenbarung des Göttlichen.

      Genauso wichtig, wie den Druiden der ganzheitliche Charakter der Heilpflanzen war, sollte er auch uns wieder sein. Heute steht die Naturmedizin nicht am Ende einer langen Tradition, sondern ist in eine neue und vielversprechende Phase getreten. Möglich wurde dies nicht zuletzt durch moderne Labortechniken wie Chromatographie oder Photometrie, aber auch und nicht zuletzt durch ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung. Der Kreis schließt sich!

      Natürlich entsprechen viele der traditionellen Heilpflanzen nicht den Ansprüchen der modernen Medizin, da die von den Laboratorien der Pharmakonzerne isolierten Inhaltsstoffe entweder unwirksam sind oder sogar gesundheitsschädlich sein könnten. Der Echte Beinwell z.B. ist eine sehr alte Heilpflanze und seine wundheilende, adstringierende Wirkung beruht besonders auf seinem Allantoingehalt. Neuere Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass er auch Pyrrolizidinalkaloid enthält, das mutagen bzw. kanzerogene Effekte haben könnte. Der Echte Beinwell hat zwar nur eine Konzentration von etwa 0,02 bis 0,07% dieser Pyrrolizidinalkaloide, was nach volksmedizinischer Tradition weit unterhalb der Grenze liegt, die für den Menschen als gefährlich betrachtet werden muss. Schulmedizinisch wird seine innerliche Anwendung bei entzündlichen Magen-Darm-Beschwerden jedoch trotzdem nicht mehr empfohlen. Manche europäische Länder gehen gar so weit, den Echten Beinwell auf die schwarze Liste zu setzen.

      Die US-amerikanische Food And Drugs Administration (FDA) hat im August 2001 nicht gezögert, die Pflanze gar zur Giftpflanze zu erklären. Die kanadische Federal Trade Commission (FTC) ging gar auf gerichtlichem Wege gegen einen Hersteller von phytotherapeutischen Produkten auf Beinwellbasis vor. In Frankreich, dessen freie Liste für Heilpflanzen mit nur 37 Pflanzen die restriktivste von ganz Europa ist und wo nicht gezögert wird, einen Verkäufer von Zinnkrauttee, der nicht Apotheker ist, wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde vor Gericht zu zerren und zu verurteilen183, ist Beinwell verschreibungspflichtig. Dem zum Trotz, die Giftigkeit der Pflanze Beinwell konnte bis heute nur in solch haarsträubenden Dosen nachgewiesen werden, dass es für einen normalen