Vollbracht. Christian Geiss. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Geiss
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742705976
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      Quellenverzeichnis

      Horst Afflerbach: Handbuch Christliche Ethik. Witten: R. Brockhaus Verlag 2002.

      Garry Collins: Die biblische Grundlage für beratende Seelsorge. Marburg: Francke Verlag.

      John Eldredge: Der ungezähmte Christ. 5. Aufl. Gießen: Brunnen Verlag 2011.

      Timothy Keller: Warum Gott? Vernünftiger Glaube oder Irrlicht der Menschheit? 2. Aufl., Gießen: Brunnen Verlag 2010.

      Siegfried Kettling: Du gibst mich nicht dem Tode preis. Wuppertal: R. Brockhaus Verlag 1999.

      Siegfried Kettling: Typisch evangelisch. Grundbegriffe des Glaubens. 2. Aufl. Gießen: Brunnen Verlag 1992.

      Thomas Christian Kotulla: Die Begründung der Welt. Wie wir finden, wonach wir suchen. Gießen: Brunnen Verlag 2013.

      Manfred Lütz: Gott. Eine kleine Geschichte des Größten. München: Knaur Taschenbuch 2009.

      Hans Peter Royer: Du musst sterben, bevor du lebst, damit du lebst, bevor du stirbst. 5. Aufl., Holzgerlingen: Hänssler Verlag 2008.

      Thomas Schirrmacher: Ethik. Das Gesetz der Liebe. Hamburg: Reformatorischer Verlag Beese 2002.

      Martin Schleske: Der Klang. Vom unerhörten Sinn des Lebens. München: Kösel Verlag 2010.

      A. E. Wild Smith: Wer denkt, muss glauben. Holzgerlingen: Hänssler Verlag 1980.

      soulfire DNA – Teil 8: Nach außen gewandt (Teil 1), http://soulfirekoeln.de/2010/10/06/soulfire-dna-teil-8-nach-ausen-gewandt-teil-1/ (letzter Zugriff: 05.09.2017).

      Thorsten Dietz: Weiterglauben. Warum man einen großen Gott nicht klein denken kann. Moers: Brendow Verlag 2018.

      1 Vgl. F. F. Bruce: Der Römerbrief. Ein Kommentar. ICI Deutsche Ausgabe 1986, S. 30 – 36.

      2 Vgl. Timothy Keller: Warum Gott? Vernünftiger Glaube oder Irrlicht der Menschheit? 2. Auflage, Gießen: Brunnen 2010, S. 197.

      3 Vgl. Herbert Schlögel OP: Schuld und Sünde. Moraltheologische Aspekte, http://epub.uni-­regensburg.de/8838/1/ubr03567_ocr.pdf (letzter Zugriff: 15.10.2013).

      4 Vgl. Genfer Studienbibel, Holzgerlingen: Hänssler Verlag 1999, S. 15.

      Kapitel 2: Gott sucht den Menschen

      Die Sonne versank, die Nacht brach herein und aus dem Fenster sah Abid, wie sich der Horizont in ein Farbenmeer aus Violett und Rot verwandelte. Ein weiterer Tag neigte sich seinem Ende, und gleichzeitig wurde aus dem Sommer langsam der Herbst. Bald müsste er eine Lampe entzünden, falls er abends weiter an seinem Schreibpult arbeiten wollte.

      Wie sehr brauchte der Mensch doch das Licht, um zu leben und zu arbeiten! Erst im Licht wurden die Dinge sichtbar, nur durch diese Strahlen, die nicht einzufangen und selbst nicht zu sehen waren, traten die Elemente aus ihrer Verborgenheit hervor.

      Neben Abids Bibel lagen mehrere beschriebene Blätter, die seine Erinnerungen und die Erlebnisse seines Lebens enthielten. In vielem glich sein Leben dem seiner Nachbarn. In dem kleinen Stall hinter seinem Haus lag eine Ziege mit ihren Jungen auf einem Strohbett, außerdem besaß Abid einige Kühe und sogar Pferde. Aber im Gegensatz zu vielen anderen war er auch ein Reisender gewesen. Anfangs hatten die Leute ihm gesagt, dass er arm würde, wenn er immerzu durch die Welt reiste. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Sein Leben wurde reicher, und die kostbaren Dinge, die er von seinen Reisen mitbrachte, hatten ihn sogar zu einem wohlhabenden Mann gemacht.

      Als er über die Zeit seiner Wanderschaft nachdachte, kam ihm wieder seine erste Reise nach Kut al-Amara in den Sinn. Er hatte sich in seinem Leben nach Gott und einem Sinn gesehnt, aber es waren die verschiedenen Begegnungen und Erfahrungen des Lebens gewesen, die ihn zu Gott geführt hatten. Er war auf der Suche gewesen, doch Gott hatte ihn gefunden. Beides gehörte zusammen – so beschrieb es schon die Bibel.

      Mittlerweile war es so dunkel geworden, dass Abid eine Öllampe entzündete. Im flackernden Schein des Lichts senkte er seine Schreibfeder auf das Pergament. Die Spitze berührte die rechte obere Ecke, und aus etwas bis dahin Schlichtem wurde nun etwas Besonderes. Genau das Gleiche geschah doch auch, wenn der Schöpfer das Leben eines Geschöpfes berührte und wieder das Recht erhielt, ein Leben zu formen und zu gestalten. Davon war Abid überzeugt und hatte es im eigenen Leben erfahren.

      Wie die Beziehung zwischen Gott und den Menschen zerbrochen war, hatte Abid verstanden. Aber wie konnten diese wieder zusammenfinden? Nachdem die Sünde in die Welt gekommen war, lag die Beziehung zwischen Gott und den Menschen in Scherben. Adam und Eva mussten das Paradies verlassen und die Lasten und Schmerzen des Lebens nun am eigenen Leib spüren und tragen.

      Abid kannte die schwere Feldarbeit, wie sie schon Adam erlebt haben musste. In endlosen Stunden hatte Abid seine Äcker bearbeitet und dabei immer wieder über jenen Ruf Gottes nach dem Sündenfall nachgedacht. „Adam, wo bist du?“, hatte es damals durch den Garten Eden geschallt. Wieso hatte Gott nach Adam gerufen? Gott war doch allmächtig, allgegenwärtig und allwissend. Er musste Adam und seine Frau gesehen haben, aber warum rief er ihn dann?

      Immer und immer wieder beschäftigte Abid diese Frage. Brauchte Gott den Menschen, um vollkommen zu sein? Aber wenn Gott den Menschen brauchte, dann wäre er doch kein vollkommener Gott. Dann wäre er jämmerlich. Jemand, der zwar etwas schaffen konnte, dies aber nur tat, um nicht einsam zu sein. Das traf aber sicherlich nicht zu.

      Der Gedanke an das verlorene Paradies schmerzte, und gleichzeitig wusste Abid genau: Gott war vollkommen. Er war drei und doch eins. Er brauchte niemanden sonst. Sein Geist schwebte bei der Schöpfung über dem Wasser, und durch und für seinen Sohn Jesus Christus war alles geschaffen. Die Welt, der Kosmos und der Mensch existierten zur Ehre Gottes und nicht, weil Gott das Geschaffene zwingend gebraucht hätte.

      Abid konnte sich noch gut daran erinnern, wie er einmal bei der Feldarbeit den Blick von der Erde gehoben, zum Himmel geschaut und sich gefragt hatte, welchen Klang die Stimme Gottes wohl damals im Garten Eden gehabt hatte. Er hatte die Frage fast hören können: „Adam, Mensch, wo bist du?“

      „Adam, Mensch, du, der du meine Stimme hörst – ja, ich rufe nach dir: Wo bist du?“ Die Stimme im Garten klang bestimmt weder emotionslos noch gelangweilt. In ihr schwang sicher der Schmerz eines Vaters mit, der sein Kind sucht. Gott tat das Herz weh, und vermutlich waren seine Worte voller Schmerz und Trauer. Gleichzeitig war Gott fest entschlossen, den Menschen, der sich von ihm abgewandt hatte, zu finden.

      Denn der dreieinige Gott ist nicht nur ein gerechter und barmherziger Gott, dachte Abid, er ist auch die Liebe selbst. Er ist die reinste Form der Liebe und er liebt seine Menschen. Das war es! Das war der Grund, weshalb Gott nicht wollte, dass der Mensch in der Gottesferne lebte. Gott rang und kämpfte, denn nur Gott selbst konnte einen Weg finden, der seiner Gerechtigkeit entsprach und das Geschehene aus der Welt schaffen würde.

      Gott hatte tatsächlich die ganze Zeit gewusst, wo sich seine Kinder befanden. Nachdem er Adam und Eva gerufen hatte, trat er auf sie zu und sprach mit ihnen. In einem Akt der Liebe stellte er ihnen Kleider zur Verfügung, damit sie sich anziehen konnten und sich nicht weiter voreinander und vor ihm schämen mussten. Gott wollte dem Menschen seine Ehre zurückgeben, die er verloren hatte. Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Liebe – an all diese Dinge musste Abid denken, wenn er sich die Ereignisse im Garten Eden vor Augen malte.

      Eine seiner Reisen hatte Abid in die Sixtinische Kapelle nach Rom geführt. Er wusste, dass er bei Weitem nicht in der Lage war, wie ein Michelangelo zu malen. Aber ein ähnliches Bild formte sich nun auf seinem Blatt.

      Gott und Mensch waren getrennt.