Worak hieß der kahlköpfige Zauberer, der sich bereit machte zur Jagd. Der Jagd auf die Elfen.
Er kratzte seine Hakennase, während er voller Vorfreude murmelte: »Mal sehen, ob die beiden heute meine prächtige Sammlung ergänzen werden.«
Die zwei Blumenelfen landeten. Leichtfüßig liefen sie hintereinander her, flatterten dabei aufgeregt mit ihren Flügeln. Klein waren die Elfen, vielleicht so groß wie eine Hyazinthe. Sie spielten Fangen im flimmernden Sonnenlicht, huschten über den Waldboden und neckten sich gegenseitig, bis sie erschöpft ins dunkelgrüne Moos fielen.
Eine gewaltige Libelle flog vorbei und tadelte: »Solltet ihr euch nicht um die Pflanzen kümmern? Tss, tss, ihr kommt euren Aufgaben nicht nach! Wo ist euer Pflichtgefühl? Dumme, junge Dinger!«
»Ja, gleich!«, rief eine der Elfen.
Die andere giggelte und winkte mit einer Hand ab.
»Kümmert euch um die Blumen! Ihr seid zuständig für deren Wachstum und Gesundheit! Tss, tss!« Kopfschüttelnd flog die Libelle davon.
Die beiden Freundinnen warfen sich ins Moos, wo sie miteinander flüsterten, als ein riesiger Schmetterling neben ihnen landete.
Die blonde Elfe rief: »Oh, wie deine blauen Flügel leuchten! Was für ein schönes Muster du darauf hast!«
Der Schmetterling fühlte sich geschmeichelt und gab das Kompliment zurück: »Eure Flügel schimmern edel in Pastellfarben. Dabei sind sie so filigran wie Libellenflügel!«
»Danke!«, kicherte die Schwarzhaarige.
Die Blonde schüttelte ihr grünes Blätterkleid, um einige Tannennadeln zu entfernen. Sie seufzte: »Ach, ist es schön hier! Fehlt nur noch ein leckerer Tee aus Zitronenmelisse.«
»Sollten wir uns nicht um die Blüten des Kintostrauches kümmern?«, fragte ihre schwarzhaarige Freundin mit gerunzelter Stirn.
»Ich weiß es nicht mehr. Das macht aber nichts, heute ist so ein wunderbarer Tag. Oh, dein weißes Blütengewand hat einen roten Beerenfleck!« Sie deutete mit einem Finger darauf.
Die Schwarzhaarige stöhnte: »Och, nee! Wie blöd, dass jetzt schon wieder ein Fleck drauf ist! Heute Morgen konnte ich mich nicht entscheiden, was ich anziehen sollte. Täglich muss ich mir so schwierige Fragen stellen wie: Ist das rote Mohnblütenkleid schöner als das gelbe? Alle Mühe war umsonst!«
»Mir geht es genauso! Ich weiß auch nie, was ich anziehen soll. Meistens trinke ich dann erst einmal Nektar, bevor ich meine Wahl treffe.«
Dem Schmetterling wurde es nun zu viel. Er verdrehte die Augen, während er gleichzeitig den Kopf schüttelte. »Über welchen Blödsinn ihr euch den Kopf zerbrecht! Könnt ihr nicht mal über was Wichtiges nachdenken?«
Entsetzt sahen die beiden ihn an, riefen dann wie aus einem Mund: »Aber das ist doch wichtig!«
»Oh, je!« Der Schmetterling gab auf. »Lasst einfach das Denken und Reden sein, spielt lieber mit mir Fangen!« Er bewegte die mächtigen Flügel, mit denen er sich in die Höhe schwang.
Erfreut folgten ihm die Elfen. Das Trio bemerkte dabei nicht, welches Unheil über ihnen schwebte: Worak verfolgte den Flug mit gierigen Augen.
Der Zauberer wunderte sich über so viel Unbeschwertheit. Er zischte: »So leicht hat es mir noch kein Elfenpack gemacht. Nehmen mir den ganzen Spaß und die Spannung, diese einfältigen Dinger! Die sollten weniger Nektar trinken!«
Wütend trat er gegen einen Baumstamm. Dadurch brach knackend ein Ast ab. Das Geräusch ließ das Trio kurz innehalten.
Blitzschnell duckte Worak sich. »Das war knapp!«, knurrte er. »Ich werde sie erst noch ein wenig jagen. Ich will die Angst in ihren Augen sehen, dabei fühlen, wie ihre Herzen vor Schreck einen Schlag aussetzen!« Das Jagdfieber durchströmte seine Adern, und voller Vorfreude schlich er sich ein wenig näher an die Beute heran.
In diesem Augenblick machten die Freundinnen eine grausige Entdeckung: Eine Blutelfe hatte eine Maus zur Strecke gebracht, deren Blut sie gierig trank. Diese Elfen waren heimtückische Wesen, die gerne über Schwächere herfielen und sich hauptsächlich von dem roten Lebenssaft ernährten. Da sie von ihrer ganzen Statur her größer und stämmiger als die Freundinnen war, stellte sie eine echte Bedrohung für diese dar.
Die Blutelfe hob den Kopf. Ein rotes Rinnsal floss an ihrem Kinn hinunter, während sie mit düsteren Augen die Umgebung musterte. Sie hatte ein Geräusch gehört, erspähte die Freundinnen und überlegte kurz, ob sie die beiden ebenfalls ergreifen sollte. Doch sie unterließ es, denn der Lebenssaft der Maus schmeckte gerade so köstlich und rann warm die durstige Kehle hinab.
Starr vor Schreck flatterte das Trio auf der Stelle und blickte zur Blutelfe. Die drei gaben sich einen Ruck, brachten sich dann mit raschen Flügelschlägen in Sicherheit.
Ärgerlich beobachtete Worak die Blutelfe, er hasste es, wenn seine Pläne durchkreuzt wurden. Diese Blumenelfen gehörten ihm. Niemand würde sie ihm streitig machen, auch nicht dieser Blutsauger! Allerdings konnte er sich mit einer kleinen Planänderung anfreunden: Er würde alle drei Elfen ergreifen, gemeinsam wären sie eine gute Ergänzung für seine Sammlung.
Immer gieriger wurde der Zauberer. Jagdeifer sowie Machtgelüste durchströmten den Körper wie eine magische Welle. Die Atmosphäre um ihn verdichtete sich. Diese starken Impulse wurden von den umstehenden Bäumen wahrgenommen. Aufgeregt begannen sie zu wispern.
Mitten in ihrer Bewegung erstarrten die Blumenelfen, auch sie hatten die Veränderung bemerkt. Der Schmetterling flog eilig davon. Die zwei Freundinnen fassten einander an den Händen, während sie sich besorgt ansahen. Verfolgte die Blutelfe sie jetzt etwa doch?
Kalte Angst kroch ihnen die Wirbelsäule empor. Das Geraune der Bäume verstärkte sich, die Blumenelfen lauschten den Warnungen.
»Gefahr! Flieht! Zauberer! Worak!«
Erschrocken schauten die Elfen sich um, flogen ein Stück vorwärts, dann seitwärts, wussten nicht wohin.
»Los, hoch in die Bäume!«, rief die blonde Elfe voller Panik.
Doch bevor sie sich aufschwingen konnten, sahen sie einen Schatten und hörten laute Zauberworte. Sie fühlten, wie eine starke Energiewelle auf sie zurollte. Plötzlich umschloss eine undurchdringliche, magische Blase die beiden. Ihre Herzen wollten vor Angst zerspringen, die Elfen jammerten über sich sowie ihre Unachtsamkeit. Was war mit ihnen geschehen?
Eine traurige Nachricht
Am nächsten Morgen holte Ben seine Freundin zu Hause ab. Die beiden gingen zur Schule, aber irgendetwas war anders als sonst. Emma bemerkte, wie schweigsam, blass und bedrückt Ben heute war. Aufmerksam betrachtete sie ihn von der Seite und erkundigte sich: »Stimmt was nicht?«
Ben brummte nur unwirsch.
»Hast du Hunger?«
»Nee!«
»Was ist los mit dir? Hast du Stress mit deinen Eltern?«
Da blaffte er sie an: »Nichts! Es ist nichts! Lass mich einfach in Ruhe und stell mir keine blöden Fragen!«
Emma war erstaunt, aber auch ein bisschen gekränkt über die barsche Antwort. So abweisend verhielt Ben sich ihr gegenüber normalerweise nicht.
Schweigend setzten sie den Weg fort, beide hingen ihren Gedanken nach.
Emma grübelte: Etwas wirklich Schlimmes bedrückte den Freund, andernfalls hätte er nicht so reagiert. Also hatte es keinen Sinn, beleidigt zu sein, Ben brauchte ihre Hilfe. Sie musste ihn zum Reden bringen.
Angestrengt schaute Ben auf den trostlosen Asphalt hinunter, als ob es dort etwas