Fanrea. A.E. Eiserlo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A.E. Eiserlo
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783847619727
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bleiben und den beiden später durch das Portal nach Fanrea zu folgen.

      Nervös widmete sie sich ihren Patienten, denn ein Gedanke beunruhigte Esther: Wieviel Zeit war in Fanrea schon vergangen, wenn sie später als Ben und Emma den Weg durch die Eiche nahm? Die Zeit dort verlief nicht parallel zur Erdenzeit, ein Tag auf der Erde kam mehreren Tagen in Fanrea gleich. Was bedeutete das für Esther und ihre Reise? Traf sie die beiden noch rechtzeitig in der anderen Welt an, um sie zu begleiten und vor eventuellen Gefahren zu beschützen? Eine Ahnung, schwer vor Sorge, setzte sich klebrig in ihren Gedanken fest.

      *

      Emma war schlecht gelaunt und zickig, weil ihr der Babysitterdienst aufgebrummt worden war. Sie ließ ihre miese Laune an den Geschwistern aus und diese spüren, wie genervt sie war. Deshalb waren die Kleinen froh, als die Mutter endlich zurückkam, die sie von der griesgrämigen Schwester befreite.

      Die Uhr tickte unaufhaltsam, die Verabredung mit Amapola stand unmittelbar bevor. Emma raste in ihr Zimmer, um sich die große, braune Ledertasche zu schnappen. Dort hinein steckte sie zunächst das Zauberbuch, anschließend einen Kamm, ihre neue Bürste, eine Taschenlampe, Murmeln, die sie ihrem Bruder Jakob stibitzt hatte, einen kleinen Handspiegel, ein Kartenspiel, ein Stück Seife und ein Päckchen Taschentücher. Den magischen Flusskiesel von Esther verstaute sie in der Hosentasche.

      Dann fiel ihr noch die Kette mit dem Kreuz ein, die Opa Karl ihr geschenkt hatte. Bestimmt würde das Kreuz sie vor Gefahren beschützen. Sie nahm die silberne Kette samt Anhänger aus dem Schmuckkästchen und legte diese um den Hals.

      Hektisch flitzte Emma in die Küche, um ein Paket Müsliriegel einzupacken und sich von ihrer Mutter zu verabschieden. Mit mulmigem Gefühl im Bauch teilte Emma ihr mit, dass sie zusammen mit Ben das Wochenende bei Esther bliebe. Das war nicht ungewöhnlich, weil die beiden Freunde dort oft die Wochenenden verbrachten. Bei Esther kamen sie zur Ruhe und hatten gleichzeitig viel Spaß. Außerdem gab es für Ben immer jede Menge leckeres Essen.

      Verärgert kam Emma zu spät zu ihrer Verabredung mit Amapola, jedoch eher als Ben. Die Elfe wartete ungeduldig an der alten Eiche und begrüßte Emma mit den Worten: »Du bist spät! Hast du das Buch?«

      »Ja, habe ich dabei. Ich musste mich noch um meine nervigen Geschwister kümmern.«

      »Schau nicht so miesepetrig drein! Durch deine schlechte Laune änderst du nichts. Du vergiftest nur dein Umfeld mit deiner negativen Energie!«

      Emma schaute die kleine Elfe verständnislos an. »Was quatschst du da von negativer Energie?«

      Geduldig erklärte Amapola: »Du strahlst deine schlechten Gefühle und Gedanken aus, sie färben auf deine Umgebung ab. Allerdings prägst du deine Umwelt ebenfalls mit positiver Energie. Daher solltest du lieber mit friedlichen und optimistischen Gedanken deine Mitmenschen beeinflussen.«

      In diesem Moment rannte Ben atemlos auf sie zu: »Hallo! Es tut mir leid, dass ich zu spät bin, aber es ging einfach nicht eher. Ich musste meinem Vater helfen, gestern Nacht ist unser Keller voll Wasser gelaufen. So ein Mist!«

      Ein Funkeln trat in Emmas Augen, als sie Amapolas Stimme nachahmte: »Du verpestest die Umwelt mit deiner negativen Energie! Lass das Fluchen sein!«

      »Das ist nicht komisch, sondern tatsächlich so!« Amapolas Gesichtsausdruck wirkte säuerlich.

      Irritiert schaute Ben von Emma zu der Elfe. »Zickenkrieg?«

      Amapola winkte ab. »Pubertäre Anwandlungen!«

      Bevor Emma etwas erwidern konnte, bot Ben ihr etwas von seinen alten Bonbons an. »Willst du welche!«

      »Nein, danke! Viel zu viel Zucker und Chemie! Guck nur mal die schrillen Farben!« Emma verzog das Gesicht.

      Ben dagegen stopfte gleich ein paar der bunten Bonbons in den Mund. »Das beruhigt mich.«

      Die plötzlich aufkommende Nervosität flatterte wie ein aufgeregter Vogel zwischen den beiden Freunden hin und her. Sie hatten das Gefühl, gleich mitten in einen Abenteuerfilm hineinzuspringen. Ehrfürchtig musterten Ben und Emma die Jahrhunderte alte Eiche, die damals schon Esther als Tor in die andere Welt gedient hatte. Der magische Baum besaß einen gewaltigen Umfang mit einer ausladenden Krone. Die beiden Freunde meinten tatsächlich, einen Hauch Magie zu spüren, die sich in Form von kribbelnder Energie bemerkbar machte.

      Amapola erklärte den beiden: »Bei den Kelten war die Eiche ein heiliger Baum, dem große Bedeutung zukam. Duir bedeutet im keltischen Eiche. Ebenso haben Tor und Tür ihren Ursprung im keltischen Wort duir. Passenderweise ist unsere Eiche auch eine Tür. Der Baum ist unser Freund und gibt seine Lebenskraft gerne an diejenigen weiter, welche die Natur zu schätzen wissen. Er hat in seinem langen Leben viel gesehen und erlebt. Ihm wohnt eine mächtige Energie inne. Wenn ihr Kraft braucht, kann er euch diese spenden, indem ihr die Hände auf die Rinde legt.«

      Wie zur Bestätigung glitt aus dem Nichts ein Wind heran. Die Blätter der Eiche bewegten sich zart, als würden sie zustimmen. Ein kaum wahrnehmbares Raunen wehte durch die Blätter.

      »Bevor wir unsere Reise antreten, solltet ihr das hier trinken.« Amapola griff in die Tasche ihres Kleides, aus dem sie zwei kunstvoll geschliffene Glasphiolen mit goldenen Verschlüssen hervorzog, in denen eine blutrote Flüssigkeit hin- und herschwappte.

      Genau in diesem Augenblick trat die Sonne hinter einer Wolke hervor, die einen Sonnenstrahl schickte, der auf die Flakons fiel. Die dunkelrote Farbe veränderte sich, es schien, als ob sie von innen heraus leuchtete.

      »Was ist denn das schon wieder?«, fragte Emma misstrauisch.

      »Es nennt sich Odem der Sprache und ist etwas sehr Kostbares. Eine Flüssigkeit, durch die ihr fast alle Sprachen der Fanreaner verstehen könnt. Viele der dort lebenden Wesen haben ein paar Tropfen ihres Blutes gespendet. Das wurde dann mit verschiedenen Essenzen vermischt und einem Zauber belegt.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause und fuhr dann fort: »Es schmeckt nicht besonders lecker, aber ihr werdet die Fähigkeit, die vielen verschiedenen Wesen zu verstehen, in Fanrea benötigen. Also los!«

      Sie reichte den Freunden jeweils eine der Phiolen. Die beiden sahen sich zweifelnd an. Eine Flüssigkeit, die zu einem großen Anteil aus Blut bestand, von Wesen, die sie nicht einmal kannten?

      Amapola beobachtete ihre skeptischen Gesichter, deshalb setzte sie schnippisch hinzu: »Ihr müsst das nicht trinken. Es ist ein Geschenk von unserer großen Heilerin Osane. Es würde eure Mission allerdings erheblich erleichtern, wenn ihr die Wesen in Fanrea versteht. Bedenkt, dass nicht alle eure Menschensprache sprechen. Es ist allein eure Entscheidung, aber ich würde keine Sekunde zögern!«

      »Also ich werde es trinken«, murmelte Ben.

      »Na, dann werde ich es auch tun«, seufzte Emma. Dabei rollte sie mit den Augen.

      Beide drehten vorsichtig die Verschlüsse ab. Mit steinerner Miene setzte Ben das runde Fläschchen an seine Lippen und leerte den Inhalt mit einem Zug. Emma zögerte kurz, schluckte dann jedoch ebenfalls die Flüssigkeit hinunter.

      Es brannte wie Feuer in der Kehle – ein Gefühl, als ob die Flüssigkeit vom Mund bis zum Magen alles wegätzte. Der Geschmack war bitter.

      »Iiihhh!« Emma schüttelte sich angeekelt.

      Ben verschluckte sich, hustete und krächzte: »Bäh! Verdammt, schmeckt das Zeug widerlich! Willst du uns umbringen?« Sein Blick wurde spöttisch. »Das Heilmittel ist schlimmer als die Krankheit*!«

      Die kleine Elfe lächelte schelmisch: »Ich habe euch gewarnt! Ach kommt, seid nicht so wehleidig. Hier habt ihr ein paar Bonbons aus Blütennektar.« Sie bot den beiden ein paar kleine, bunte Kügelchen an.

      »Nein, danke! Noch solch ein Knallerzeugs, dann sterbe ich schon vor der Reise!«, stöhnte Emma.

      Ben griff jedoch zu. Er steckte sich sogar mehrere Perlen gleichzeitig in den Mund. »Schlimmer kann es nicht mehr werden«, murmelte er, dann hellte sich seine Miene auf und er lutschte genussvoll auf den Bonbons herum.

      »Okay, ich probiere sie doch«,