21 Zu der Stunde freute sich Jesus im Heiligen Geist und rief: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es Unmündigen offenbart. Ja, Vater, so hat es dir wohlgefallen. 22 Alles ist mir übergeben von meinem Vater. Und niemand weiß, wer der Sohn ist, als nur der Vater, noch, wer der Vater ist, als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
23 Und er wandte sich zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen allein: Selig sind die Augen, die sehen, was ihr seht. 24 Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben‘s nicht gesehen, und hören, was ihr hört, und haben‘s nicht gehört.
Lk 10,21–24 Gotteserkenntnis (Mt 11,25–27) 10,21 Im Heiligen Geist, in Gemeinschaft mit Gott, vgl. Anm. zu 1,15. Vater, Herr, Tob 7,17; Jdt 9,12. 10,22 Sohn […] Vater, vgl. Joh 3,35; 10,15; 17,21. Wahre Gotteserkenntnis ist nur Jesus gegeben und kann nur durch ihn erlangt werden. 10,23–24 Vgl. Mt 13,16–17.
25 Und siehe, da stand ein Gesetzeslehrer auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe? 26 Er aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? 27 Er antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft und deinem ganzen Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst« (Deuteronomium 6,5; Levitikus 19,18). 28 Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tu das, so wirst du leben.
Lk 10,25–28 Die Infragestellung durch einen Gesetzeslehrer (Mt 22,34–40; Mk 12,28–34; vgl. Lk 18,9–14) 10,25 Gesetzeslehrer, Toraexperten sind für Lukas eine Negativfolie (vgl. Lk 7,30; 11,45–46.52; 14,3). Versuchte, in der Rolle Satans, vgl. Lk 4,2 und Lk 11,16. Ewiges Leben ererben, vgl. mAv 2,7: „Hat einer Worte der Tora erworben, hat er sich das Leben der zukünftigen Welt erworben“. 10,26 Gesetz, Tora (Lk 2,22–24.27.39; 5,17; 16,16–17; 24,44). 10,27 Du sollst den Herrn […] lieben, vgl. Dtn 6,5 (und Jos 22,5). Deinen Nächsten wie dich selbst, vgl. Lev 19,18; das hebr. kamocha, das normalerweise mit „wie dich selbst“ übersetzt wird, könnte auch bedeuten, „der wie du eine Person ist“ (d.h. ein Mitmensch). In BerR 24,7 zu Gen 5,1 sagt R. Aqiva: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, das ist ein wichtiger Grundsatz in der Tora, damit du nicht sprichst: Weil ich verachtet worden bin, so möge auch mein Nächster mit mir verachtet werden, und weil ich verflucht worden bin, so möge auch mein Nächster mit mir verflucht werden“. R. Ben Azzai hingegen verweist auf Gen 5,1 (Schöpfung in der Gottesebenbildlichkeit) und führt dies als grundlegendes Prinzip der Tora an (vgl. Sifra Qedoschim 4,12 zu Lev 19,18 und jNed 9,4/41c). Zur Kombination von Gottes- und Nächstenliebe vgl. Mt 22,38–39; Mk 12,30–33; TestDan 5,3; TestIss 5,2.
29 Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster? 30 Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich davon und ließen ihn halb tot liegen.
31 Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. 32 Desgleichen auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber. 33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte es ihn; 34 und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn. 35 Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn; und wenn du mehr ausgibst, will ich dir‘s bezahlen, wenn ich wiederkomme.
36 Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste geworden dem, der unter die Räuber gefallen war? 37 Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!
Lk 10,29–37 Das Gleichnis vom barmherzigen Samaritaner Vgl. oben „Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter“. 10,29 Sich selbst rechtfertigen, sich als „im Recht“ zu präsentieren. 10,30 Von Jerusalem hinab nach Jericho, ca. 28 km, mit starkem Gefälle. Räuber, Diebe, keine Freiheitskämpfer (vgl. Lk 19,46; 22,52; Joh 10,8; 18,40; 2Kor 11,26). 10,31 Priester, hebr. kohen, wie z.B. Zacharias (vgl. Lk 1,5). Hinabzog, nicht nach Jerusalem hinauf, wo Reinheit eine besondere Rolle gespielt hätte, sofern er Verbindlichkeiten im Tempel gehabt haben sollte (vgl. Anm. zu 1,9).