1 Und als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, bei Betfage und Betanien am Ölberg, sandte er zwei seiner Jünger 2 und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt. Und alsbald wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Füllen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat; bindet es los und führt es her! 3 Und wenn jemand zu euch sagen wird: Was tut ihr da?, so sprecht: Der Herr bedarf seiner, und er sendet es alsbald wieder her. 4 Und sie gingen hin und fanden das Füllen angebunden an einer Tür draußen am Weg und banden‘s los. 5 Und einige, die da standen, sprachen zu ihnen: Was tut ihr da, dass ihr das Füllen losbindet? 6 Sie sagten aber zu ihnen, wie ihnen Jesus geboten hatte, und die ließen‘s zu.
7 Und sie führten das Füllen zu Jesus und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf. 8 Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg, andere aber grüne Zweige, die sie auf den Feldern abgehauen hatten. 9 Und die vorangingen und die nachfolgten, schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! 10 Gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt! Hosianna in der Höhe!
11 Und er ging hinein nach Jerusalem in den Tempel und er besah ringsum alles, und spät am Abend ging er hinaus nach Betanien mit den Zwölfen.
Mk 11,1–11 Einzug nach Jerusalem (Mt 21,1–9; Lk 19,28–38; Joh 12,12–19). 11,1 Ölberg, der Schauplatz der bevorstehenden eschatologischen Schlacht (Sach 14,4). Eine messianische Gestalt jener Zeit, der so genannte ägyptische Prophet, verkündete ebenfalls, dass Gott auf dem Ölberg erscheinen würde (Jos.Ant. 20,168–72). 11,2 Von einem Füllen spricht die apokalyptische Vision in Sach 9,9. Sie greift dabei den Segen Abrahams für Juda (Gen 49,11) auf; das Ausbreiten der Kleider (V. 8) wurde mit der Königskrönung in Israel in Verbindung gebracht (2Kön 9,13). 11,3 Der Herr, könnte sich auf jede ehrbare Person beziehen, aus Sicht der Leserschaft jedoch identifiziert der Titel Jesus als Herrn. 11,8 Grüne Zweige, vgl. 1Makk 13,51. 11,9 Hosianna, „rette doch“ auf Aramäisch. Das Zitat, das in das Hallel eingearbeitet wurde, stammt aus Ps 118,25–26 und wurde an den Pilgerfesten Pesach, Schawuot (hebr. für „Wochen“) und Sukkot (hebr. für „Hütten“) sowie zu anderen festlichen Anlässen gesungen. 11,10 Kein Zitat, sondern eine Ergänzung, um die Verbindung zum Kommen des davidischen Reiches herzustellen.
12 Und am nächsten Tag, als sie von Betanien weggingen, hungerte ihn. 13 Und er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da ging er hin, ob er etwas darauf fände. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit für Feigen. 14 Da antwortete Jesus und sprach zu ihm: Nun esse niemand mehr eine Frucht von dir in Ewigkeit! Und seine Jünger hörten das.
15 Und sie kamen nach Jerusalem. Und Jesus ging in den Tempel und fing an, hinauszutreiben die Verkäufer und Käufer im Tempel; und die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler stieß er um 16 und ließ nicht zu, dass jemand etwas durch den Tempel trüge. 17 Und er lehrte und sprach zu ihnen: Steht nicht geschrieben (Jesaja 56,7): »Mein Haus wird ein Bethaus heißen für alle Völker«? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht. 18 Und es kam vor die Hohenpriester und Schriftgelehrten, und sie trachteten danach, wie sie ihn umbrächten. Sie fürchteten sich nämlich vor ihm; denn alles Volk verwunderte sich über seine Lehre. 19 Und am Abend gingen sie hinaus vor die Stadt.
20 Und als sie am Morgen an dem Feigenbaum vorbeigingen, sahen sie, dass er verdorrt war bis zur Wurzel. 21 Und Petrus erinnerte sich und sprach zu ihm: Rabbi, sieh, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt. 22 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Habt Glauben an Gott! 23 Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche: Heb dich und wirf dich ins Meer!, und zweifelte nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, dass geschehen würde, was er sagt, so wird‘s ihm geschehen. 24 Darum sage ich euch: Alles, was ihr betet und bittet, glaubt nur, dass ihr‘s empfangt, so wird‘s euch zuteilwerden. 25 Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt, damit auch euer Vater im Himmel euch vergebe eure Übertretungen.[*]
Mk 11,12–25 Der Fluch über den Feigenbaum und das prophetische Gericht über den Tempel (Mt 21,12–13.18–22; Lk 19,45–48). 11,15–18 Im Johannesevangelium wird die Tempelaktion sehr früh platziert (Joh 2,13–22), aber Markus, dem Matthäus und Lukas folgen, schildert sie erst zu Beginn der Passionserzählung. Für Markus beschwört die Szene im Tempel die Hinrichtung Jesu durch die römischen Autoritäten herauf. Das Jerusalemer Tempelareal war flächenmäßig das größte der Antike. Im äußeren Vorhof (manchmal auch Vorhof der Heiden genannt) tätigten Geldwechsler und Viehhändler die nötigen Geschäfte, damit Pilger ihre Opfer darbringen konnten. 11,14 Der Text nennt keinen Grund für diesen Fluch. Die Zerstörung eines Feigenbaums ist ein Bild für das göttliche Gericht (Jes 34,4; Jer 5,17). 11,15–17 Warum Jesus Einspruch erhebt, ist unklar. Vorschläge umfassen: (1) Er erkennt eine Verletzung der Heiligkeit des Tempels (vgl. mBer 9,5, nicht auf Geld, sondern allgemein auf das Verhalten im Tempelbezirk bezogen); (2) Für alle Völker bedeutet ein Ende des Ausschlusses der Nichtjuden; oder (3) er verurteilt die angebliche ökonomische Ungerechtigkeit der von den Römern eingesetzten Oberschicht des Tempels, die verlangt, dass Geld am Tempel gewechselt