Komplexe Dynamische Evaluation (KDE): Ein Instrument zur Optimierung des universitären Fremdsprachenunterrichts. Christoph Waldhaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Waldhaus
Издательство: Bookwire
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Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783823300410
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und dass die Evaluation von TQM-Konzepten lernen kann, damit sie effektiver und effizienter gestaltbar ist. Ein Hauptpunkt, der in diesem Zusammenhang von Stockmann (ibid.) genannt wird und auch ganz besonders vor dem Kontext des universitären Fremdsprachenunterrichts hervorzuheben wäre, ist die Forderung, dass Evaluation nicht als periodische Aktivität gesehen werden soll, sondern als prozessbegleitender, kontinuierlicher Vorgang. Diese Überlegung ist zentral bei der Konzeption der KDE, wie in Kapitel 6 im Detail ausgeführt wird.

      3.2.4 Evaluations- vs. Grundlagenforschung

      Neben den bisher genannten Gründen, warum der Terminus Evaluation oft missverständlich verwendet wird, kommt ein weiterer hinzu: Evaluationsforschung wird nicht immer korrekt von Grundlagenforschung unterschieden. Dies liegt darin begründet, dass, obwohl die meisten Unterschiede zwischen den beiden in der Regel relativ eindeutig sind, auch ein Graubereich vorhanden ist, der eine exakte Unterscheidung in manchen Bereichen erschwert.

      Keine prinzipiellen Unterschiede zwischen Evaluations- und Grundlagenforschung sind, wie auch Stockmann (vgl. 2010:58) feststellt, in Hinblick auf (1) die Auswahl des Untersuchungsgegenstandes sowie (2) die Verwendung von Datenerhebungs- und Analysemethoden zur Identifizierung von Wirkungen und der Bearbeitung der Kausalitätsfrage (Ursache-Wirkungszusammenhänge) zu erkennen. In beiden Bereichen können und werden sowohl quantitative als auch qualitative Forschungsmethoden eingesetzt. Hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes ist jedoch zu vermerken, dass im Bereich der Evaluationsforschung die Fragestellung oftmals von einem Auftraggeber bzw. einer Auftraggeberin kommt, während diese in der Grundlagenforschung in der Regel von den WissenschaftlerInnen selbst formuliert wird. In beiden Fällen ist aber auch das Gegenteil möglich. Untersucht können somit in beiden Fällen prinzipiell die gleichen Gegenstände werden.

      Im Hinblick auf die Unterschiede zwischen Evaluations- und Grundlagenforschung gibt Balzer (vgl. 2005:17ff) einen guten Überblick, der – zusammen mit Analysen von Stockmann (vgl. 2010:57ff) – die Basis für untenstehende Tabelle bildet, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Evaluation- und Grundlagenforschung aufzeigen soll.

Evaluationsforschung Grundlagenforschung
Methoden qualitativ, quantitativ, gemischt qualitativ, quantitativ, gemischt
Gegenstand theoretisch frei, in d. Praxis meist definiert zumeist frei, kann definiert sein
Ziele Wissensgenerierung als Basis für Entscheidungen verwertungsorientiert Verbesserung v. Praxis Wissensgenerierung als Basis für Theoriebildung theorieorientiert Verifizieren, Falsifizieren v. Theorien
Zweck zweckbestimmt zweckfrei
Ergebnisse Nützlichkeit für konkretes Projekt müssen stimmen sollten handlungsrelevant sein Generalisierbarkeit dürfen falsch sein sollten wertvoll für Wahrheitsfindung sein; Basis für weitere Forschung
Bewertung Vergleich Ist-Sollzustand Differenz = Grundlage für Bewertung Interpretation und Bewertung untersucht, beschreibt, erklärt aktuellen Ist-Zustand (kein Vergleich) nur Interpretation, keine Bewertung
Urteilskriterien davor festgelegt nötig für Vergleich keine
Fragestellung in der Regel von AuftraggeberIn festgelegt (fremdbestimmt) von Zielsetzung geleitet in der Regel durch ForscherIn bestimmt (selbstbestimmt) von Suche nach Erkenntnisgewinn geleitet
Erkenntnisgewinn zum Treffen konkr. Entscheidungen für die Gesellschaft
Rolle potentielle Eingebundenheit in ein System kontrollierter, fester Rahmen oft in politische Settings eingebunden nach rechtsverbindlichem Auftrag abgewickelt dem Erkenntnisgewinn verpflichtet freier Rahmen der scientific community verpflichtet kann an Verträge gebunden sein
Zeitrahmen Deadline (zeitgebunden) Verspätete Ergebnisse für z.B. Entscheidungen sind nach Entscheidungstermin nicht mehr verwertbar i.d.R zeitungebunden bei Bedarf mehr Zeit bzw. Deklarieren weiteren Forschungsbedarfs neue Erkenntnisse lassen sich nicht mit Terminkalender erzwingen
Empfänger von Ergebnissen Programmverantwortliche konkretes Publikum Beteiligte andere ForscherInnen interessiertes Fachpublikum für alle Interessierten
Veröffentlichung zumeist keine (freie) Veröffentlichung Publikation ist ein zentrales Anliegen
Ergebnisnutzung ist ein Hauptanliegen nicht zwingend; Ergebnisse können aber nützlich sein
Ressourcen i.d.R AuftraggeberInnen i.d.R. öffentlich
Kontext eher politisch sensibel zumeist pol. unproblematisch

      Tab. 5: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zw. Evaluation und Grundlagenforschung

      Während die Grundlagenforschung demnach überwiegend zweckfrei nach (neuen) Erkenntnissen sucht und die Frage nach ihrer Nützlichkeit in der Regel kaum gestellt wird, zeichnet sich die Evaluationsforschung gerade dadurch aus, dass sie, wenngleich sie sich auch der Methoden und Theorien der Sozialforschung bedient, nützlich sein soll und Informationen zur Verfügung stellt, auf Basis welcher Entscheidungen getroffen werden. Diese Gratwanderung zwischen Wissenschaft und Nützlichkeit bezeichnet Stockmann (2010:59) als die »besondere Dualität« der Evaluationsforschung.

      Die Tatsache, dass Evaluationsforschung im Gegensatz zur Grundlagenforschung praxisorientiert ist (vgl. Rindermann 2009:14) und auch der Nützlichkeitsaspekt von Evaluationen im Vordergrund steht bzw. eine enge Verknüpfung zwischen den Evaluationsergebnissen und (politischen) Entscheidungen nicht immer negiert werden kann, hat nicht selten zur Folge, dass Evaluationsforschung von grundlagen- bzw. disziplinorientierten ForscherInnen nicht immer als vollwertige Wissenschaft anerkannt wird, wie Stockmann (vgl. 2010:57) anführt. Dies geht auch mit oft konträren Anforderungen einher, mit welchen sich viele