Die Rede von Gott Vater und Gott Heiligem Geist als Glaubensaussage. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Издательство: Bookwire
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Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846352687
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wonach die Gottheit dem Propheten ihr Wort in den Mund legt und somit neben die Verschriftung die Oralität der Toraerteilung tritt, auf welche wiederum deren neuerliche Verschriftung folgen kann usw. Ein zweiter Gedanke besteht im Prozess der Aneignung durch Lehre (Dtn 6,6–9.20–25) und also der Ausprägung eines an der Tora geschulten religiösen Bewusstseins (hebr. lebab), in welchem dann gleichsam eine spirituelle Neuverschriftung der Bundesgebote stattfindet, vgl. Jer 31,33: »Denn dies wird der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen werde nach jenen Tagen (Orakel Jhwhs): Ich werde meine Tora in ihr Inneres geben und auf ihre Herzen werde ich sie schreiben, so werde ich ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein.« Dieser Gedanke wird in der nach-exilischen schriftgelehrten Prophetie des Ezechielbuches bekanntlich dahingehend fortgeschrieben, dass zu der Bewusstseinsorientierung des Herzens auch der Prozess der geistigen Erneuerung hinzutritt, also eine Erneuerung von Herz (lebab) und Geist (ruach),[55] sowohl im Kreise besonders Erwählter (Num 11; Josua, Dtn |85|34,9), als auch als einer Bewegung, die die gesamte Religionsgemeinde erfasst (Ez 36), ja, die sich über die Gesamtheit aller Glaubenden erstreckt (Joel 3). Gleichwohl findet dieser spirituelle Prozess in der verschrifteten Form der Mosetora immer wieder seinen Anhaltspunkt und muss mit ihr komplementär zusammengedacht werden. So wird die Transformation theologischer Konzeptionen ermöglicht und gleichzeitig deren Identitätskern gesichert. Das gilt natürlich auch für das Neue Testament, insofern nach dessen Überlieferung Jesus selbst in diesen Prozess eintritt, sei es durch seine prophetische, seine rabbinische oder seine messianische Orientierung auf das Königreich Gottes. Evangelien und Apostolische Schriften und Apokalypsen transformieren also die Religion der Hebräischen Bibel in eine neue Form der christlichen Religionskultur, ohne dabei den Urgrund ihrer Religion verlassen zu können, es sei denn um den Preis der Selbstaufgabe.[56]

      So deutet – um nur ein Beispiel zu nennen – Mk 12,26–27 die theologische Grundlage des Auferstehungsglaubens unter Verweis auf Ex 3,15: »Was aber die Toten betrifft, wenn sie auferweckt werden, habt ihr nicht gelesen im Buch des Mose in der Geschichte vom Dornbusch, wie Gott zu ihm gesagt hat: Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Er ist nicht ein Gott von Toten, sondern von Lebenden.« Und es folgt der Verweis auf das Hauptgebot der Gottesliebe und der Nächstenliebe nach der Tora (Dtn 6,4–5 und Lev 19,18). Von Exodus 3,14 her erschließt sich somit die Mitte der Schrift sowohl in der Perspektive der Hebräischen Bibel selbst als auch in der kanonischen Einheit Alten und Neuen Testaments.

      Fußnoten

       1

      Grundlegend zur Verhältnisbestimmung von Religionsgeschichte und Theologie sind die Überlegungen von W. PANNENBERG, Erwägungen zu einer Theologie der Religionsgeschichte (1962), in: DERS., Grundfragen Systematischer Theologie. Gesammelte Aufsätze, Göttingen 31979, 252–295; DERS., Systematische Theologie Bd. I, Göttingen 1988, Kap. 3: Die Wirklichkeit Gottes und der Götter in der Erfahrung der Religionen, 133–206.

       2

      E. HERMS, Gottes Wirklichkeit (1987), in: DERS., Offenbarung und Glaube. Zur Bildung des christlichen Lebens, Tübingen 1992, 318–342, zieht daraus den theologischen Schluss (341f.): »Nun ist Gott aber der Grund der Wirklichkeit nur in diesem die Wirklichkeit begründenden Erschließungsgeschehen. Es gehört also zum Wesen des Grundes der Wirklichkeit als solchem hinzu. In der Sprache der klassischen biblischen Metapher heißt das: Gott ist als Grund aller Wirklichkeit seinem Wesen nach, also in sich selber, der schöpferisch Redende. Als dieser aber manifestiert und offenbart er sich nur im Vollzug seines schöpferischen Redens, dessen Inhalt jedoch niemals der Redende solcher selber ist, sondern immer nur die durch den Redeakt erschlossene Wirklichkeit, also das im Redeakt geäußerte Wort. Nur in seinen schöpferischen Äußerungen ist also der schöpferisch Redende für uns offenbar.«

       3

      Ps 19,2–5: »2 Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und das Firmament verkündet das Werk seiner Hände. 3 Ein Tag sagt es dem andern, und eine Nacht tut es der anderen kund, 4 ohne Sprache, ohne Worte, mit unhörbarer Stimme, 5 in alle Länder hinaus geht ihr Maß, bis zum Ende der Welt ihre Rede.«

       4

      Die Formulierung stammt von HERMS, Offenbarung (s. Anm. 2), 168–220 (180).

       5

      Prov 8,22–31: »22 Jhwh hat mich geschaffen am Anfang seines Wegs, vor seinen anderen Werken, vor aller Zeit, 23 in fernster Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, in den Urzeiten der Erde […] 30 da stand ich als Werkmeisterin ihm zur Seite und war seine Freude Tag für Tag, spielte vor ihm allezeit. 31 Ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine Freude an den Menschen.« – (Weisheit ist hier Metapher für ein prähistorisches Prinzip, aus welchem die Schöpfungsordnung auf spielerische Weise hervorgebracht wird, was die Vielfalt, Unendlichkeit und Kontingenz einschließt.) Hi 28,12–28 besingt die Unergründlichkeit der Weisheit: »12 Die Weisheit, wo ist sie zu finden, und wo ist der Ort der Erkenntnis? 13 Kein Mensch kennt ihren Wert, und im Lande der Lebenden ist sie nicht zu finden. […] 21 Den Augen aller Lebenden ist sie verborgen […] 22 Abgrund und Tod sprechen: Die Kunde von ihr kam uns zu Ohren. 23 Gott weiß den Weg zu ihr, und er kennt ihren Ort, 24 denn er schaut bis zu den Enden der Erde, er sieht alles, was unter dem Himmel ist. 25 Als er dem Wind sein Gewicht gab und das Maß des Wassers bestimmte, 26 als er dem Regen eine Grenze schuf und Blitz und Donner einen Weg, 27 da hat er sie gesehen und ermessen, er hat sie gefestigt und ergründet. 28 Zum Menschen aber sprach er: Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und Böses meiden, das ist Erkenntnis

       6

      F. HARTENSTEIN, The Beginnings of YHWH and ›Longing for the Origin‹: A historico-hermeneutical query, in: J. van Oorschot/M. Witte (Hg.), The Origins of Yahwism (BZAW 484), Berlin/New York 2017, 283–308 (= van Oorschot/Witte, Origins).

       7

      Der Prozess dieser Anerkennung war bekanntlich langwierig, er reichte von der Zeit des Zweiten Tempels bis in die Spätantike, wobei jedem Teil der Sammlung unterschiedliches Gewicht von jeweils wechselnden unterschiedlichen Tradentenkreisen zugemessen wurde. Hinzu kommen die vielfältigen Veränderungen im Laufe der Schriftgelehrtenkulturen selbst und schließlich die Textgeschichte. Vgl. hierzu K. VAN DER TOORN, Scribal Culture and the Making of the Hebrew Bible, Cambridge Mass./London 2007; E. OTTO, Die Geschichte der spätbiblischen und frühjüdischen Schriftgelehrsamkeit, in: DERS., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte. Gesammelte Studien (BZAR 8), Wiesbaden 2008, 564–602; D.M. CARR, The Formation of the Hebrew Bible. A New Reconstruction, Oxford/New York 2011; DERS., Schrift und Erinnerungskultur: Die Entstehung der Bibel und der antiken Literatur im Rahmen der Schreiberausbildung (AThANT 107), Zürich 2015; A. DE PURY, Der Kanon des Alten Testaments, in: T. Römer/J.-D. Macchi/C. Nihan (Hg.), Einleitung in das Alte Testament. Die Bücher der Hebräischen Bibel und die alttestamentlichen Schriften der katholischen, protestantischen und orthodoxen Kirchen, Zürich 2013, 3–24; A. SCHENKER, Die Textgeschichte des Alten Testaments, in: T. Römer/J.-D. Macchi/C. Nihan, a.a.O., 25–33.

       8

      Die insbesondere in der Priesterschrift und im Kreis der Ezechieltradition beheimatete Erkenntnisformel gilt Israel (Ex 16,6.12; 29,46; 31,13 u.ö.; Jes 43,10; 49,23; Ez 5,13; 6,10), aber auch Ägypten und der Welt der Völker (Ex 7,5.17; 8,6.18; 9,14; 11,17; 14,4.18; Ex 18,16; Jes 55,5; Ez 29,6; 34,30; 36,23; 36,36).

       9

      Der Aufweis der Verwandtschaft und Gleichartigkeit der israelitischen