Renko. Jorin Söker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jorin Söker
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894674
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zurückhalten. Herrn Remanns entging trotzdem nicht, dass irgendwas nicht stimmte.

      »Ist alles in Ordnung bei Ihnen?«, hakte er besorgt nach. Ich winkte ab.

      »Ja, ja, alles bestens. Ich habe mich nur gestern falsch gedreht. Der Rücken zwickt ein bisschen.«

      Ob er mir diese Ausrede abkaufte, ließ er nicht durchblicken. »Weshalb wollten Sie mich sprechen?« Ich fiel mit der Tür ins Haus, um ihn von mir und meinem Körper abzulenken.

      »Wie wäre es, wenn wir erst mal das lästige Sie loswerden?«, warf sein Kollege mit einem freundlichen Lächeln ein. »Ich bin Kai.«

      »Da bin ich auch für. Ich bin Steffen«, stellte Herr Remanns sich vor.

      »Renko«, gab ich den beiden preis.

      »Schöner Name. Friesisch?«, erkundigte Kai sich.

      Ich nickte. »Ja, stammt von Reinhard ab.«

      Steffen lachte. »Na, da gefällt mir Renko besser.«

      Ich musste ebenfalls lachen. »Ja, mir auch.«

      »Möchtest du wirklich nichts essen?«, fragte Steffen mich nochmal und deutete auf die Speisekarte, die vor mir auf dem Tisch lag.

      Kai und er schienen bereits zu wissen, was sie essen wollten, denn sie guckten ebenfalls nicht rein.

      »Nein, danke«, lehnte ich ab. »Aber ein Wasser bestell ich mir.«

      »Keine Scheu, Kai zahlt. Kannst ruhig ordentlich reinhauen.«

      Dafür erntete er von seinem Partner einen Fauststoß gegen die Schulter. »Frechdachs. Ich korrigiere dich ja nur ungern, aber ich hab letzte Woche gezahlt. Du bist dran, mein Freund.«

      »Ach, Mist. Erwischt«, feixte Steffen. »Kannst trotzdem reinhauen, wenn du willst, Renko.«

      »Nein, das passt schon so. Danke.«

      Leider knurrte in dem Moment mein Magen. Sie konnten es unmöglich überhört haben, aber sie taten mir den Gefallen und sprachen es nicht an. Kai musterte mich lediglich eingehender.

      Bevor wir das Thema wechselten, tauchte der Kellner am Tisch auf und fragte nach unserem Getränkewunsch.

      »Bring uns eine große Flasche Wasser mit drei Gläsern, Luigi«, orderte Kai.

      »Alles klar. Essenswunsch? Wie immer?«

      »Ja, für Steffen und mich wie immer.«

      »Und für Sie?«, wandte Luigi sich an mich.

      »Ich … Ähm … Ich mache derzeit Diät und begnüge mich mit dem Wasser, vielen Dank«, haspelte ich und spürte die Röte ins Gesicht steigen.

      Mir was das furchtbar unangenehm. Vor allem wegen des knurrenden Magens. Aber wenn ich etwas aß und Olaf fand das heraus … Deswegen verzichtete ich lieber.

      »Alles klar. Kein Problem«, erwiderte Luigi mit einem Zwinkern. Er sammelte unsere Speisekarten ein und verschwand zum nächsten Tisch.

      »Ich soll übrigens viele Grüße von Ben ausrichten«, schnitt Steffen ein neues Thema an.

      Ich musste nicht lange überlegen, wer Ben war. Er hatte mir während der Befragung leidgetan. Er hatte über einen längeren Zeitraum zwangsweise BDSM erleben müssen und war anschließend, als der Horror vorbei war, in eine Drogensucht gerutscht.

      Olaf und ich hatten ihn vernehmen müssen, da wir in dem Fall um seine Peiniger ermittelt hatten. Olaf, der wenig Verständnis für Opfer empfand, hatte die Befragung geleitet, was schief gegangen war. Nach Bens erstem Zusammenbruch hatte ich die Vernehmung übernommen, was besser gelaufen war. Schließlich besaß ich ein Gefühl für das, was er durchleben musste. Er war zwar nochmal zusammengebrochen, aber das hatte schlichtweg daran gelegen, dass ihm die ganze Sache zugesetzt hatte. Sein Partner, sein behandelnder und befreundeter Arzt und auch Kai und Steffen hatten ihm da zur Seite gestanden.

      »Danke. Grüß ihn gerne zurück.«

      »Das werde ich machen. Er dachte schon, du würdest dich nicht mehr an ihn erinnern, bei den vielen Fällen und Vernehmungen, die ihr habt. Er weiß ja, wie das bei uns läuft, was im Grunde dasselbe ist, nur in einem anderen Bereich.«

      »Doch, ich kann mich noch dran erinnern. War ein harter Tag für ihn und es tut mir auch immer noch leid, dass zuerst Olaf, also Herr Häuser, die Befragung geführt hat. Das hätte von Anfang an besser laufen können.«

      »Na, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Ben hat das soweit verkraftet. Es geht ihm inzwischen wieder ganz gut. Er hat seinen Partner, seine Freunde und einen festen Job, läuft«, sagte Kai.

      Ich lächelte und sah ihn an. »Das freut mich, wirklich.«

      »Unser Anliegen hängt im weitesten Sinne sogar mit ihm zusammen«, sprach Steffen endlich den Grund an, warum sie um ein Gespräch gebeten hatten. »Sein Partner, Mirco Renner, sagt dir ja was, oder? Er war bei der Befragung im Nebenzimmer und leitet zwei Wohneinrichtungen für junge Erwachsene, die auf die schiefe Bahn geraten sind.«

      »Ja, das ist mir bekannt. Ihr arbeitet viel mit seiner Einrichtung zusammen.«

      Steffen nickte. »Genau. Ben war zuerst als Schützling dort, arbeitet aber mittlerweile in der Einrichtung und leitet das Sportprogramm. Wir beide sind ebenfalls regelmäßig da, um den jungen Leuten Selbstverteidigung zu vermitteln und beim Training zu helfen«, sprach er weiter und ich hörte interessiert zu. »Nun kam Kai und mir in den Sinn, dass es schöner wäre, wenn es noch mehr Unterstützung beim Trainieren der Schützlinge geben würde. Und da haben wir an dich gedacht.«

      Überrascht starrte ich ihn an. »An mich?«

      »Ja, an dich«, bestätigte Kai. »Du hast die geeignete Ruhe dafür. Du bist gut in Form, wie ich das bei unserem teamübergreifenden Training immer mitbekomme.«

      »Ich … Also … Na ja … Ich halte mich schon fit, klar.«

      Ich hatte Interesse daran, die beiden, sowie Mirco, Ben und die Einrichtung zu unterstützen. Aber wie sollte ich das mit den abendlichen Treffen mit Olaf vereinbaren? Und überhaupt: Wenn Olaf es mal wieder übertrieb, konnte ich keinen Sport machen. Es war schon immer eine Kunst, das beim Teamtraining auf der Dienststelle zu vertuschen.

      »Hättest du denn Interesse?«, fragte Steffen geradeheraus, da aus meinem Gestotter nicht wirklich was zu entnehmen war.

      Unschlüssig sah ich zwischen den beiden hin und her. Luigi, der das Essen und die Wasserflasche samt Gläsern brachte, unterbrach unser Gespräch, was mir ein paar Sekunden Bedenkzeit gab.

      Auch als er wieder weg war, ließen sie mir noch einen Moment, da sie sich zuerst ihren Pizzen widmeten. Kai hatte sich eine Pizza Hawaii bestellt und Steffen eine mit Fisch.

      Ich schnappte mir mein Glas und trank einen Schluck. Hunger hatte ich ja, so war das nicht. Der Anblick des Essens war ganz schön fies. Wie lange hatte ich so etwas nicht mehr gegessen? Ich durfte gar nicht hinschauen, sonst lief mir womöglich noch der Speichel aus dem Mund. Ich rang mich zu einer Antwort durch, um mich von den Pizzen abzulenken.

      »Ich hätte schon Interesse, doch …«

      »Das klingt sehr nach einem: ›Aber …‹«, kommentierte Kai zwischen zwei Bissen.

      »Na ja, wann ist das Training denn?«, wich ich etwas aus.

      »Steffen und ich fahren montags und donnerstags gemeinsam hin. Das wären auch die Abende, an denen es schön wäre, wenn du könntest. Alternativ fahre ich noch freitags und samstags hin, je nachdem, wie das mit unserer Schicht passt.«

      »Du kannst es dir auch mal anschauen, wenn du möchtest«, warf Steffen ein.

      Das war ein guter Vorschlag, den ich annehmen wollte. War nur wieder die Frage, wie ich Olaf das erklären sollte. Leider konnte ich mit niemandem darüber sprechen und mir keinen Rat einholen. Da ich schwieg, sah Steffen sich wohl genötigt, ein bisschen zurückzurudern.

      »Du