Streng sah er zu mir herab. Er wollte immer, dass ich ihn direkt ansah. Er mochte mich demütig und wollte sehen, was in mir vorging, hatte er mal betont. Ich hatte festgestellt, dass er das nur wollte, um meine Blicke gegen mich auszuspielen. Denn ich war jemand, der ausdrucksstarke Augen hatte, in denen man jede Gefühlsregung ablesen konnte. Das war sein Glück und mein Pech. Umso härter waren die Bestrafungen, wenn er mir ansah, dass ich innerlich gegen ihn rebellierte.
Ich schaffte einen neutralen Blick, so hoffte ich zumindest. »Ja, Meister. Eine Stunde Laufband.«
»Ich komme und kontrolliere die Einstellungen. Danach entscheide ich weiter.«
Das klang nicht gut. Eher so, als ob noch mehr im Anschluss käme. Na super. Ruhige Nacht ade. Und das Fernsehprogramm würde mich auch nicht retten, so viel Blödsinn wie lief. Wahrscheinlich war er danach noch schlechter gelaunt.
Olaf wartete, bis ich mit dem Training begonnen hatte, und ließ mich dann allein.
Nur zwei Minuten später tauchte er wieder auf. »Komm nochmal runter, Sklave«, forderte er barsch.
Schnell kam ich dem nach und kniete mich vor ihm nieder.
»Es soll ja nicht ganz so langweilig für dich sein«, sagte er mit einem fiesen Grinsen. Er zeigte mir, was er in der Hand hielt. Einen Analplug. Damit war zu rechnen gewesen.
»Los, zeig mir deinen gierigen Arsch!«
Gehorsam beugte ich mich vor und streckte ihm meinen Hintern entgegen. Er setzte den Plug an und drückte ihn stetig weiter, bis er so saß, wie er sollte. Immerhin hatte er Gleitgel verwendet, sonst wäre es eine Qual gewesen. Er schlug einmal kräftig gegen die Basis des Plugs, was mich kurz ächzen ließ.
»Halt gefälligst dein Maul, Sklave!«, schnauzte er und schlug nochmal zu. Diesmal war ich gewappnet und hielt es aus.
»Geht doch. Du kennst deinen Job, also sieh zu!« Er drehte sich um und ging.
Ich rappelte mich auf und beeilte mich, das Training hinter mich zu bringen. Mit einem Plug im Arsch und den zusammengebundenen Manschetten war Laufen auf dem Laufband zwar nicht das Angenehmste, aber es hätte schlimmer kommen können.
Steffen
»Na, Ben, alles fit?«
»Ach, Hi Steffen. Ja, alles super. Wo hast du Kai gelassen?«
»Der kommt auch gleich. Wir sind mit unseren Privatwagen getrennt gefahren, damit jeder anschließend direkt nach Hause kann.«
»Ach so, ja, macht Sinn.«
Er wärmte sich für das Training auf. Ich stellte meine Wasserflasche neben seine auf die Bank und folgte dem Beispiel.
Ben arbeitete in einer Wohneinheit, die junge Erwachsene mit Gewalt- oder Drogenproblemen aufnahm. Sein Partner Mirco hatte die Einrichtung ins Leben gerufen, da er früher selbst drogenabhängig gewesen war und anderen Leuten helfen wollte. Ben war erst ein knappes halbes Jahr im Team. Ursprünglich war er als Schützling ins Haus aufgenommen worden – ebenfalls mit einem Drogenproblem. Mein Teampartner Kai hatte dafür gesorgt, dass Mirco ihn aufnahm. Bevor er auf die Polizeischule wechselte und sich ihre Wege trennten, war er eng mit Ben befreundet gewesen.
In der Zwischenzeit war viel passiert, da Bens Leben eine unschöne Wendung genommen hatte. Gemeinsam mit Mirco hatte Kai ihm den Anstoß gegeben, sein Leben wieder auf die Reihe zu kriegen.
Jetzt machte er hier eine sozialpädagogische Ausbildung. Daher durfte er momentan nur die Sporteinheiten leiten. Da es einfacher war, eine Gruppe zu bändigen, wenn man nicht allein war, waren Kai und ich oft hier, um Mirco und seine Leute zu unterstützen. Dann gab es noch André, der wiederum Mirco aus seinem Drogenproblem herausgeholfen hatte, und Tim, der unabhängig am Anfang des Projekts dem Team beigetreten war.
André und Mirco unterstützten Ben ebenfalls häufig bei den Sporteinheiten. Tim war Psychologe und kümmerte sich eher um die seelischen Belange der Schützlinge.
Kai und ich brachten hier oft den jungen Leuten Selbstverteidigung bei. Im gleichen Zug zu trainieren, war in unserem Job sowieso das A und O.
Mircos Scheune, in der der Sport stattfand, und die dazugehörigen Menschen waren uns immer eine willkommene Abwechslung zum Polizeialltag.
»Hast du Herrn Pollack auf der Wache nochmal gesehen?«, fragte Ben plötzlich.
»Wie kommst du darauf?«
»Ich weiß nicht. Irgendwie muss ich viel an den denken. Bei dem Verhör benahm er sich anders, als der olle Herr Häuser nicht mehr dabei war.«
»Das ist dir aufgefallen?«, gab ich erstaunt von mir.
Ben war während der Befragung, zu der er als Zeuge und Betroffener geladen gewesen war, mehrfach zusammengebrochen.
Das Verhör betraf seine unschöne Vergangenheit. Demzufolge war das ein starkes Stück, dass er das Verhalten von Herrn Pollack so detailliert hatte aufnehmen können.
Aber ich musste ihm zustimmen. Ohne seinen Partner war mir Herr Pollack auch positiv aufgefallen. Sonst kannte man ihn ruhig und still; eher als defensiven Polizisten, der nur im Notfall hart durchgriff. Aber bei dem Gespräch mit Ben war er aus sich herausgekommen. Er hatte die Vernehmung zielorientiert und einfühlsam zu Ende gebracht, nachdem es mit Herrn Häuser nicht so gut geklappt hatte, da der einfach zu grob durchgeprescht war.
»Na ja«, sagte Ben. »Er war halt nett. Und da er, während Herr Häuser das Gespräch geführt hatte, nur stillschweigend am Spiegel stand, fand ich es überraschend, dass er so ein gutes Gespür für die Sache zeigte. Er hat versucht, mir die Vernehmung so angenehm wie möglich zu machen.«
Ich zuckte mit den Schultern. »So viel kann ich zu dem nicht sagen. Ich habe nicht viel mit den beiden zu tun, da sie in einem anderen Bereich arbeiten.«
»Vielleicht kannst du ihm trotzdem von mir danken. Wobei, wahrscheinlich kann er sich gar nicht mehr an mich erinnern. Ich war ja nur ein Fall von vielen.« Er winkte ab, wärmte sich weiter auf und machte Dehnübungen.
Ich zuckte nochmal mit den Schultern. Ben sah das nicht, weil er mich nicht anguckte. »Ich kann’s ihm ausrichten, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Er freut sich bestimmt, wenn ich ihm sage, dass er seine Sache gut gemacht hat.«
»Ja. Das hat er wirklich«, antwortete Ben und sah mich mit einem Lächeln an.
Es schien ihm inzwischen besser zu gehen. Gott sei Dank hatte er Leute wie Mirco und André an seiner Seite. Und die Freundschaft zu Kai wurde auch wieder dicker. Ich freute mich für ihn, vor allem, weil ich gemerkt hatte, dass Kai viel an ihm lag. Aber klar, wenn man sich seit dem Sandkasten kannte, warf man das nicht so einfach weg.
Mein Gedankenflug unterbrach, da die Schützlinge reinkamen. Kai folgte der Gruppe am Ende und sie schlossen sich alle dem Aufwärmprogramm an.
»Puh, war das wieder ein Training«, schnaufte Kai hinterher. Wir standen an unseren Autos, im Begriff, uns voneinander zu verabschieden.
»Ja, hat aber wie immer Spaß gemacht.«
»Absolut. Aber manchmal wünschte ich, wir wären ein Trainer mehr, dann könnten wir besser mit den Schützlingen an der Feinarbeit üben.«
»Stimmt.«
»Vielleicht gibt es ja in unserer Schicht noch irgendwen, der Lust dazu hätte? Oder in einer der anderen Abteilungen?«, überlegte Kai.
»Hm«, brummte ich nur.
Ich war kein Mensch, der viel sprach. Ich war eher der absolute Ruhepol. Kai war derjenige, der vorne stand und das Zepter in der Hand hielt. Wobei ich trotzdem nicht weniger dominant war wie er. Das wusste er auch, deswegen begegneten wir uns immer auf Augenhöhe.
Wir praktizierten in unserer Freizeit