48Siehe Fosi, Fasto e decadenza, 799–803, sowie die Beiträge zu Rompilgern aus den Niederlanden, der Franche-Comté, aus Deutschland, Portugal und Frankreich in Boutry/Julia (Hrsg.), Pèlerins et pèlerinages. Für Beispiele aus dem rätischen Alpenraum siehe I. Müller, Bündner Fern-Wallfahrten, 34–41.
49Seit 1652 wurden die in Rom ausgestellten Ablassurkunden für Laienbruderschaften in einem zentralen Register erfasst. Die Auswertung dieser Quelle durch französische Historiker hat ergeben, dass die meisten Ablässe (bis zu 600 pro Jahr) in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgestellt wurden (Froeschlé-Chopard, Indulgences et confréries, 79–85; dies., Dieu pour tous, 168–171). In geographischer Hinsicht konnte ein Ausgreifen über den mediterranen Raum hinaus beobachtet werden: Während im 17. Jahrhundert bis zu 80 Prozent der ausgestellten Ablassurkunden nach Frankreich, Spanien und Italien gingen, verschob sich der Fokus im 18. Jahrhundert auf Mittel- und Osteuropa. Man hat dies mit dem Verlauf der katholischen Erneuerung zu erklären versucht (vgl. ebd.).
50Vgl. Achermann, Die Katakombenheiligen; Johnson, Holy Fabrications; Baciocchi/Duhamelle (Hrsg.), Reliques romaines.
51Wie Dompnier, Fortdauer der katholischen Reform, 216, treffend bemerkt, entwickelte sich Rom erst im 17. Jahrhundert »tatsächlich zum Haupt der katholischen Christenheit«. Zu den Reliquien und Ablässen als Mittel der großräumigen Vernetzung fügt er an (ebd., 245): »Die Verbreitung von Reliquien und die Erteilung von Ablässen innerhalb der gesamten katholischen Christenheit verstärkten das Band zwischen den lokalen Kirchen und Rom. Dieser Prozess geschah nicht sichtbar, spielte sich aber im Hintergrund viel deutlicher ab, als es die Beziehungen auf institutioneller Ebene vermitteln konnten.«
52Zunckel, Ritus, 189.
53Tusor/Sanfilippo (Hrsg.), Papacy and the Local Churches.
54Die klassische Studie von Paolo Prodi, Il sovrano pontefice, spricht von einer »Klerikalisierung« des Kurienpersonals, die paradoxerweise zu einer zunehmenden Säkularisierung der Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen geführt habe. Allerdings lassen neuere Studien Zweifel aufkommen, ob diese Normvorstellung überhaupt je an Praxisrelevanz gewonnen hat (vgl. insbes. Visceglia, Burocrazia). Neuere Studien betonen vor allem die personalen Verflechtungen des römischen Ausgreifens (siehe u. a. die Beiträge in Büchel/Reinhardt [Hrsg.], Modell Rom; Reinhard [Hrsg.], Römische Mikropolitik; Emich, Territoriale Integration).
55Zu diesen institutionellen Entwicklungen im Papsttum siehe Dompnier, Fortdauer der katholischen Reform, 232–240; Bireley, Refashioning of Catholicism, 63–69.
56Zu diesem Zweck wurde 1622 die Kurienkongregation de Propaganda Fide gegründet (vgl. Metzler, Foundation).
57Vgl. Papa, Le cause di canonizzazione, 61–63; Gotor, fabbrica dei santi; ders., beati del papa, insbes. 285–295; Copeland, Sanctity, insbes. 227–231; Rosa, Curia romana, 135–152; Emich, Roma locuta. Neben den Kanonisationsprozessen war die Ritenkongregation mit der verbindlichen Regelung des katholischen Ritus (Gottesdienst) betraut.
58Vgl. Seidel Menchi, Erasmus als Ketzer; Prosperi, Tribunali, insbes. 135–153; Siebenhüner, Bigamie und Inquisition, insbes. 22–27; für weiterführende Literatur siehe Zwyssig, Italien.
59Immerhin sind dank den Studien von Giovanni Pizzorusso die Grundzüge der grenzüberschreitenden Informations- und Wissensgenerierung der Kurienkongregation de Propaganda Fide recht gut bekannt (vgl. Pizzorusso, La Congrégation; ders., Nuovo Mondo; siehe ferner die Beiträge in Castelnau-l’Estoile et al. [Hrsg.], Missions d’évangélisation). Erst in jüngster Zeit wurden auch für den europäischen Kontext die Zentrum-Peripherie-Beziehungen zwischen Rom und den »lokalen Kirchen« in den Blick genommen, etwa im Sammelband Tusor/Sanfilippo (Hrsg.), Papacy and the Local Churches; siehe dort insbes. die Forderung in der Einleitung von dens. (19–29), die Zentrum-Peripherie-Beziehungen als wechselseitig (two-way) zu betrachten (ebd., 26).
60Friedrich, Der lange Arm Roms, 19, versteht »Bürokratie« als »schriftbasierte Herrschaftsform […], in der erstens einzelne Aufgaben sachlich voneinander unterschieden und in vorhersehbaren Routinen behandelt werden, wobei zweitens spezifische Wissensformen benötigt und in spezifischen Dokumenttypen kommuniziert werden, deren Unterscheidung drittens parallel zu den sachlich abgegrenzten Aufgabenbereichen erfolgt […]«.
61Windler, Uneindeutige Zugehörigkeit, 340 f.
62Vgl. Friedrich, Government and Information-Management, 544–552; ders., Der lange Arm Roms, 80–105. Siehe zudem die Beobachtungen von Windler, Regelobservanz und Mission, zur Mission der unbeschuhten Karmeliten. Im Unterschied zu den Jesuiten waren die Karmeliten weniger strikt an den Dienstweg gebunden, sondern wurden ermutigt, sich direkt und ohne Umweg über die lokale Ordenshierarchie nach Rom zu wenden (ebd., 61).
63Die Forschungen von Antonio Menniti Ippolito zur Konzilskongregation und von Thomas F. Mayer zum Heiligen Offizium haben gezeigt, dass selbst im Kirchenstaat erst für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts von einer annähernd effektiven Kontrolle durch die römischen Kongregationen ausgegangen werden kann (vgl. Menniti Ippolito, 1664; T. Mayer, The Roman Inquisition). Über den Kirchenstaat hinaus blieb der Einfluss der Kongregationen gering. Weitere Erkenntnisse in dieser Hinsicht sind von der Forschungsgruppe »Die Regierung der Universalkirche nach dem Konzil von Trient« am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte (http://www.rg.mpg.de/forschung/die_regie-rung_der_universalkirche) zu erwarten.
64Windler, Uneindeutige Zugehörigkeit, 342; zu den »Grenzen kurialer Durchsetzungsfähigkeit« ebd., 340–345. Siehe dazu auch ders., Missionare in Persien.
65Selbst für den Kirchenstaat konnte Fosi, Sovranità, aufzeigen, dass der organisatorische Ausbau der römischen Kongregationen nicht zuletzt eine Reaktion auf eine dementsprechende Nachfrage von unten war.
66Zur politischen Handlungsmacht subalterner Akteure im Zuge der frühneuzeitlichen Herrschaftsverdichtung siehe Holenstein, »Gute Policey«; Blockmans/Holenstein/Mathieu (Hrsg.), Empowering Interactions; für den Kirchenstaat Fosi, Sovranità. Erst jüngst wurden solche Mechanismen auch für die katholischen Zentrum-Peripherie-Beziehungen in den Blick genommen (siehe neben den bereits zitierten Arbeiten von Christian Windler den programmatischen Aufsatz von Ditchfield, De-Centering, insbes. 186–195).
67Darauf weisen namentlich neuere Forschungen zu den politischen Außenbeziehungen hin, etwa Haug, Ungleiche Außenbeziehungen; N. Weber, Lokale Interessen, insbes. 187–242 und 282–425; Affolter, Verhandeln