4.3 Merkmale des theaterpädagogischen Spiels
4.4 Merkmale einer professionellen Spielleitung
4.5 Übungsformen für den Kindergarten
5 Theaterpädagogische Übungen in den Gruppenphasen
1 Nichts ist normaler als Unterschiede: Kulturelle Entwicklungspfade
2 Kulturelle Muster in der Kita: Eine Längsschnittstudie
2.2 Ergebnisse der Untersuchung
2.2.1 Pädagogisches Konzept
2.2.2 Erziehungsziele von Eltern und pädagogischen Fachkräften
3 Kultursensitive Arbeit in der Kita: Praktische Bedeutung und Umsetzungsmöglichkeiten
3.2 Gestaltung der Tagesstruktur
3.4 Zeichnen als Beispiel einer nonverbalen Aktivität
Zwischenmenschliche Beziehungen … sind von Geburt an lebenswichtig Manfred Pfiffner & Catherine Walter-Laager
1 EINLEITUNG
Dem deutschen König und römischen Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen (1194–1250) wird ein unmenschlicher Versuch zugeschrieben, die ursprüngliche Sprache der Menschheit herauszufinden. Er ließ dazu einige neugeborene Kinder ihren Müttern wegnehmen und an Ammen übergeben. Sie sollten den Kindern Milch geben, sie baden und waschen, gleichzeitig jedoch jede sprachliche und emotionale Interaktion unterlassen. So sollten die Kinder ohne äußere Beeinflussung zur Sprache finden, diese müsste dann die Ursprache sein. Der Versuch scheiterte kläglich, weil alle Babys starben. »Sie vermochten nicht zu leben ohne das Händepatschen und das fröhliche Gesichterschneiden und die Koseworte ihrer Ammen«, hielt der Kaiser fest (zit. nach Pontes 2013).
Abbildung 1: Interaktion und Beziehungsaufbau. Foto: Valeri Heim
2 DER MENSCH ALS SOZIALES WESEN
Der Mensch wird in der neueren entwicklungspsychologischen Forschung von seiner Geburt an als soziales Wesen betrachtet. Dabei ist sein Verhaltensrepertoire darauf angelegt, mit seinen Betreuungspersonen in Beziehung zu treten, zu interagieren und zu kommunizieren (vgl. Schmidt-Denter 2005; Brisch 2011). Als grundlegende Komponente der menschlichen Natur betrachtet die Verhaltensbiologie die Neigung, starke emotionale Beziehungen zu spezifischen Menschen aufzubauen. Diese Bereitschaft ist schon bei den Neugeborenen vorhanden und bleibt über das Erwachsenenalter bis ins hohe Alter bestehen. Die Fähigkeit, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, wird als ein grundlegendes Merkmal einer effektiv funktionierenden Persönlichkeit und psychischer Gesundheit betrachtet. Das Ausmaß der Nähe oder der Zugänglichkeit, in denen diese Beziehung verläuft, hängt von den jeweiligen Umständen und dem Alter ab (vgl. Bowlby 2002).
3 SOZIALE BEZIEHUNG
Junge Kinder binden sich aufgrund einer biologischen Notwendigkeit an andere Personen. Diese Notwendigkeit nimmt mit der sich entwickelnden Selbstständigkeit ab. Die sozialen Beziehungen werden wechselseitiger und das Sich-gegenseitig-aufeinander-Einlassen ist freiwillig. Max Weber umschreibt soziale Beziehung als »aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer« (Weber 1972, S. 13). Demnach besteht eine soziale Beziehung zwischen zwei Menschen oder allenfalls Gruppen, die ihr Fühlen, Denken und Handeln gegenseitig aufeinander beziehen.
Soziale Beziehungen basieren nach Zimbardo und Gerrig (2003) auf folgenden Mechanismen:
•Zuneigung: Sie entsteht rein dadurch, dass Menschen mit anderen Menschen zu tun haben.
•Physische Attraktivität: Körperlich attraktiven Personen werden weitere positive Eigenschaften wie Freundlichkeit, Fürsorglichkeit und Stärke zugeordnet.
•Ähnlichkeit: Auch Ähnlichkeit in den Überzeugungen, Einstellungen und Werthaltungen fördert Freundschaften. Die Übereinstimmungen führen zur gegenseitigen Bestätigung.
•Reziprozität: Schließlich wird nur für Personen Zuneigung empfunden, die dem Gegenüber das Gefühl geben, ebenfalls gemocht zu werden.
Um soziale Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, braucht es soziale Kompetenzen. Dazu müssen Kinder die Fähigkeit besitzen, auf andere zuzugehen. Sie müssen einen produktiven Umgang mit sich selbst haben und die eigenen Bedürfnisse gegebenenfalls zurückstellen können. Zudem sollten sie verlässlich und kooperationsbereit sein, aber auch die eigenen Wünsche freundlich einbringen und durchsetzen können (vgl. Beelmann & Raabe 2007; Perren 2015). Gelernt wird dies innerhalb der eigenen sozialen Umgebung. Kinder benötigen ein soziales Netz, das unterstützende Personen umfasst und möglichst wenig belastende Bezugspersonen. Erlebte Wertschätzung durch die Unterstützungspersonen puffern zudem negative Effekte belastender Beziehungen ab (vgl. Laireiter & Lager 2006).