»Was heißt denn Schlimmes?«, erwiderte Herzel. »Woher wollen wir das wissen? Warum bilden wir nicht einen Suchtrupp, finden diese verdammten Pläne und geben sie ihnen? Was wollen wir mit Maschinen? Sollen sie doch Maschinen bauen, so viele sie wollen.«
»Die Krulls meinen, es geht um mehr, wie ich eben schon sagte«, wollte Mindevol die Wogen glätten.
»Sie befürchten, dass eine viel größere Sache dahinter steckt. Sie brauchen allerdings auch Zeit, alles herauszufinden. Die Informationen, die wir brauchen, stehen drüben nicht gerade in der Zeitung.«
»Schon wieder die Krulls, was habt ihr nur mit euren Krulls?« Jelena mischte sich wieder ein, auch um das Gespräch nicht
eskalieren zu lassen: »Die drei, die du genannt hast, Mindevol, halte ich auch für geeignet. Was meint ihr anderen dazu?«
»Baut Effel nicht gerade an einem Haus?«, es war Reijssa, die diese Frage stellte.
»Ja, das tut er«, erwiderte Mindevol, »aber er ist bald fertig damit. Wie ich neulich gesehen habe, sind nur innen noch einige Dinge fertig zu stellen. Er wird bald einziehen können. Sein Bruder Jobol und ein paar andere helfen ihm ja täglich.«
Keiner der Anwesenden hatte einen Einwand gegen einen der drei.
Herzel schaltete sich noch einmal ein.
»Wenn die Krulls und die Emurks so toll sind, warum müssen wir dann jemanden schicken? Sollen sie doch alles regeln!«
»Weder die Krulls noch die Emurks dürfen sich in menschliche Belange einmischen. Wenn die Menschen sich die Köpfe einschlagen wollen, so ist das Sache der Menschen«, ergriff Jelena das Wort. »Wir können froh sein, dass sie uns Informationen liefern, uns möglicherweise auch Wege weisen. Das ist aber auch nur legal, weil sie es uns von sich aus angeboten haben. Aber in einen direkten Konflikt dürfen sie nicht eingreifen. Das ist Bestandteil viel älterer Verträge, aber das weißt du doch, Herzel.«
»Natürlich weiß ich das, Jelena, aber die andere Seite bricht den Ewigen Vertrag, warum nehmen wir Rücksicht?«
»Es mag ja sein, dass sich die Menschen nicht an die Verträge halten, aber letztlich wird sich kein anderes Wesen in irgendwelche Geschichten hineinziehen lassen, die die Menschen untereinander auszutragen haben, das haben sie noch nie getan, zu keiner Zeit. Ich weiß zwar nicht, was passiert, wenn durch unsere Querelen auch ihre Existenz bedroht wird, aber bisher ist mir solch ein Fall noch nicht bekannt geworden. Letztlich werden wir auf uns ganz alleine gestellt sein, ihr werdet sehen. Krulls oder Emurks, ganz egal, wir werden uns auf unsere Kräfte, unsere Ideen und unseren Mut verlassen. Das ist mein Appell. Lasst uns unseren Mann finden und dann werden unsere Gedanken ihn begleiten.«
»Ich danke dir, Jelena, und ich schließe mich ganz deiner Meinung an. Ich schlage Effel vor«, sagte Mindevol, »wie ihr alle wisst, habe ich ihn in den letzten Jahren unter meinen Fittichen gehabt. Er war mir schon als kleiner Junge aufgefallen, weil er etwas Besonderes zu sein schien. Und in der Tat hatte ich Recht behalten, wie jeder, der ihn kennt, bestätigen kann.« Alle Anwesenden nickten.
»Er war ja wie ein Sohn für dich, Mindevol«, sagte Reijssa jetzt.
»Ich dachte immer bei mir, was für ein Glück der Junge hatte, bei euch und von euch so viel lernen zu können.«
»Ja, und dennoch war es mir immer wichtig, dass er auch ein ganz normales Leben führte, wie alle anderen jungen Männer von Seringat auch.«
Effel hatte schon nicht mehr damit gerechnet, den Vorzug zu bekommen. Wenn man ihn gefragt hätte, hätte er seinen alten Schulkameraden Rafael geschickt. Rafael war noch einen Kopf größer als er, und er war schon nicht klein. Außerdem war sein Freund, was den Umgang mit Menschen anbetraf, an Feingefühl wohl nicht zu übertreffen. Er schien immer den richtigen Ton zu finden und hatte schon so manchen Streit schlichten können. Er war der geborene Vermittler und es gab wohl niemanden, der Rafael nicht mochte.
Das waren auch die Qualitäten, die dem Ältestenrat nicht verborgen geblieben waren und die Rafael in den engeren Kreis der Kandidaten hatten kommen lassen. Es war sogar kurzzeitig erörtert worden, zwei junge Männer loszuschicken und dann wären es Rafael und Effel gewesen.
Jeder der Kandidaten wurde zum Schluss in den Versammlungsraum des Ältestenrates gerufen und Jelena fand wie immer für jeden die richtigen Worte.
»Effel«, hatte sie zu ihm gesagt und er erinnerte sich noch sehr genau an seinen rasenden Herzschlag, »der Ältestenrat hat beschlossen, dich auf die Reise zu schicken, und ich möchte dir auch erklären, warum unsere Wahl auf dich fiel. Uns gefällt, dass du etwas zu Ende führen kannst, auch wenn es zwischendurch einmal schwierig wird. Anfangen ist nämlich leicht, etwas durchzustehen ist da schon schwieriger. Dass konnten wir schon oft an dir beobachten. Du setzt deinen Verstand ein, vertraust aber auch deiner Intuition. Du kannst unterscheiden, wann das eine sinnvoll und das andere nötig ist. Du hast ebenfalls bewiesen, dass du in entscheidenden Momenten die Ruhe bewahrst, auch wenn es für dich einmal brenzlig wurde. Uns ist durchaus bewusst, dass vieles von dem, was dich draußen erwarten wird, nicht vergleichbar ist, mit dem, was dein Leben hier ausmacht. Wir erkennen bei dir aber auch die richtige Mischung zwischen Mut, Gelassenheit und Ideenreichtum. Eine Frage habe ich noch, Effel. Glaubst du an dich selbst?«
Ohne zu zögern hatte er geantwortet:
»Ja, Jelena, ich glaube an mich selbst und es ist mir eine Ehre, ausgewählt worden zu sein. Wann soll es denn losgehen?«
»Du hast Zeit, denke ich, jetzt ist Winter. Du kannst dein Haus noch fertigbauen. Wir wollen auch erst ganz sicher sein, was genau die Anderen vorhaben. Bis jetzt sind es mehr Vermutungen als gesicherte Erkenntnisse. Aber die Anderen werden auch erst kommen, wenn das Wetter gut ist. Vor Juni oder Juli wird es kaum losgehen, Effel. Das sagt mir mein Gefühl.«
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