Finden Sie Zeit, jeden Tag über neue Realitäten zu sprechen. Reden Sie über Ihre Erinnerungen und lassen Sie Ihr Kind wissen, dass Weinen, Erinnern und Sprechen über Gefühle eine normale und gesunde Art ist, mit intensivem Schmerz umzugehen. Wenn ein Kind oder Kleinkind sein Leid in Form von Spiel, auf körperliche Weise oder in Form von Kunst ausdrückt, achten Sie darauf, dass Sie seine Botschaft wahrnehmen und wertschätzen. Es ist jedoch wichtig, dem Ausdruck des Kindes keine Dramatik hinzuzufügen, damit es sich frei entscheiden kann, den Blick nach vorne zu richten, wenn es dazu bereit ist.
Wie man Bedauern ausdrückt, damit sich das Kind versöhnt fühlt
Ein Kind kann sich ebenso wenig wie ein Erwachsener mit der Aussage „es tut mir Leid“ zufrieden geben. Um sich innerlich wieder heil zu fühlen, will es, dass Sie ihm zeigen, dass Sie genau wissen, was es erlebt hat, etwa: „Du hast gerade im Wasser gespielt, als das Schwimmbad zumachte. Du wolltest nicht gehen, da hab ich dich aus dem Wasser geholt.“ Wenn Ihr Kind Ihnen seine Sicht der Dinge geschildert hat, fragen Sie es, wie Sie sich seiner Meinung nach beim nächsten Mal in einer solchen Situation verhalten sollen.
Manchmal entschuldigen sich Eltern, wenn es gar nichts gibt, wofür sie sich entschuldigen müssten. Sie sagen vielleicht: „Es tut mir Leid, aber du kannst diese Süßigkeit nicht haben.“ Dem Kind erscheint es so, dass Papa, wenn es ihm wirklich Leid täte – wenn er wirklich traurig darüber wäre –, nicht darauf beharren würde, ihm die Süßigkeit zu verbieten. Ja, das Kind würde Ihnen gerne Ihr „Leid“ ersparen und die Süßigkeit bekommen. Derartige unaufrichtige Botschaften führen zu Verwirrung; dagegen schaffen Sie Klarheit für Ihr Kind, wenn Sie authentisch sind. Statt ihm zu sagen, was es haben kann und was nicht, was kontrollierend und negierend klingt, verwenden Sie eine persönliche Sprache, die Ihre Entscheidung ausdrückt: „Ich möchte nicht, dass Du diese Süßigkeit isst, weil sie ungesund ist.“ Wenn unsere Kommunikation klar ist, fällt es dem Kind leichter, es zu akzeptieren oder eine klare Bitte vorzubringen: „Kann ich eine gesunde Süßigkeit bekommen?“ Wenn wir etwas getan oder gesagt haben, was wir bedauern, wollen wir das zugeben, doch wenn wir sagen: „Es tut mir Leid, dass ich dir wehgetan habe“, übernehmen wir Verantwortung für die Gefühle des Kindes. Wir mögen zwar bereuen, was wir getan haben, und uns bewusst werden, dass wir Schmerz ausgelöst haben, aber wir müssen dem Kind das Recht und die Würde zugestehen, der einzige Urheber seiner eigenen Gefühle zu sein. Indem wir implizieren, dass wir seine Gefühle ausgelöst haben, geben wir außerdem zu verstehen, dass das Kind schwach sei und keine Verantwortung für seine eigene Reaktion habe. Es lernt dann, sich als Opfer zu erleben und anderen die Schuld an seinen Gefühlen zu geben.
Zwar verfügt Ihr Kind offensichtlich noch über wenig Kontrolle über seine eigenen Reaktionen, aber es ist selbst der Ursprung seiner Gefühle und Handlungen. Wenn wir durch unsere Art zu sprechen deutlich machen, dass die Gefühle des Kindes ihm selbst gehören, wird es emotionale Stabilität gewinnen und seine Reaktionen besser steuern können.
Lassen Sie Ihr Kind selbst entscheiden, wie es reagiert, um ihm keine Gefühle einzureden.
Eine Mutter erzählte mir von ihrer Bestürzung über die Reaktion ihres Sohnes über ein Geschehen, das in ihren Augen eine entsetzliche Katastrophe gewesen war. Der Vater des Jungen hatte das Computerdokument des Kindes gelöscht und gesagt: „Es hatte keinen Namen.“ Er wusste, dass es ein Dokument seines Sohnes war, und zwar eine Geschichte, die das Kind geschrieben hatte. Er hatte sich geärgert, als er ein namenloses Dokument gefunden hatte, und dachte, das Löschen wäre eine Lektion für seinen Sohn.
Als der Junge feststellte, dass seine Geschichte weg war, drückte er seine Bestürzung seinem Vater gegenüber aus, aber er war nicht wütend. Seine Mutter war aufgebracht und fragte: „Wünschst du dir nicht, dein Vater würde sich wenigstens entschuldigen?“
Der Junge war ganz ruhig. „Nein, es macht nichts. Ich schreib die Geschichte noch mal, dann wird sie bestimmt besser.“
„Aber bist du nicht sauer?“, beharrte sie.
„Nur einen Augenblick lang war ich das“, sagte der Junge. „Doch dann wurde mir klar, dass es nutzlos ist, sauer zu sein, da es nichts ändert, also hab ich mir gedacht, dass es eigentlich ganz gut ist.“
Am nächsten Tag sagte der Vater: „Es war ein Fehler von mir, dass ich dein Dokument gelöscht habe. In Zukunft werde ich nichts löschen, ohne vorher zu fragen.“
Der Junge war zufrieden.
Wenn Sie merken, dass etwas, was Sie gesagt oder getan haben, bei Ihrem Kind heftige Gefühle hervorgerufen hat, und wenn Sie die Verletzung wieder gutmachen wollen, benennen Sie das, was geschehen ist, und finden Sie heraus, was Ihr Kind empfindet. Drücken Sie sich einfach und direkt aus: „Ich hab dich angeschrieen. Ich wünschte, ich hätte das nicht getan.“ Vermeiden Sie übertriebene emotionale Worte, damit Ihr Kind die Freiheit hat, authentisch zu sein. Bleiben Sie aufmerksam und lassen Sie Ihr Kind seine eigene Wahrheit herausfinden. Wenn es reden will, hören Sie zu und lassen Sie ihm Ihre Wertschätzung zukommen, aber dramatisieren Sie nicht. Wenn sich Ihr Kind nicht mit Worten ausdrückt, zeigt es Ihnen vielleicht seine Gefühle durch seine Körperhaltung oder indem es mit einer Puppe spielt, malt oder einfach still auf Ihrem Schoß sitzt. Wenn es fertig ist, können Sie Ihre eigenen Gefühle ausdrücken: „Ich bin traurig, weil ich möchte, dass unsere Beziehung von Verständnis und Achtung geprägt ist.“ Dann machen Sie einen Plan für eine bessere Zukunft und teilen es Ihrem Kind mit.
In dem Bemühen, das Übernehmen von Verantwortung für die Gefühle des Kindes zu vermeiden, kann es geschehen, dass Sie einen häufigen Fehler machen und sagen: „Es tut mir Leid, dass du dich schlecht deswegen fühlst.“ Dieser Satz könnte auch bedeuten, dass Sie nichts Falsches gemacht haben und dass nur das Kind mit dem „falschen“ Gefühl reagiert hat. Die Folge davon ist meistens Wut. Beschränken Sie sich darauf zu beschreiben, was geschehen ist, dann kann Ihr Kind Ihnen vertrauen und weiß, dass Ihnen an ihm selbst gelegen ist und nicht nur daran, die Erinnerung an Ihr Verhalten, das Sie bedauern, auszulöschen.
Manchmal haben Sie vielleicht den Eindruck, dass Sie wirklich und absolut im Recht sind und nichts einzuräumen haben. Doch die Verstimmung Ihres Kindes ist der Beweis, dass ein Gesprächsbedarf besteht. Zwar bereuen Sie es nicht, dass Sie Ihr Kind von der Straße weggerissen haben, aber Sie können das Vertrauen untereinander wiederherstellen, indem Sie Ihr schnelles Eingreifen thematisieren und zuhören, wie Ihr Kind seine Erfahrung schildert.
Unsere Fehler zu klären ist kein Gerichtsprozess; es geht nicht darum, Recht oder Unrecht zu haben. Wenn Ihr Kind sich verletzt fühlt, ist sein Gefühl eine reale Erfahrung. Wenn Sie bereuen, was Sie gesagt oder getan haben, haben auch Ihre Gefühle Gültigkeit. Ihr Ziel ist es, eine Verbindung zwischen Ihnen beiden zu schaffen, Klarheit zu gewinnen und das Band des Vertrauens zu erneuern.
Der fünfjährige Jessie kam weinend zu seiner Mutter. Er sagte, sein zwölfjähriger Bruder David habe sein Lego-Auto kaputtgemacht. Jessie konnte das Auto nicht wieder zusammensetzen, und David weigerte sich, es zu reparieren. Linda, die Mutter, ging ins Kinderzimmer und schimpfte mit David, der daraufhin schmollte.
Als Linda mich anrief, sagte sie, sie habe doch Recht gehabt und habe nichts, wofür sie sich entschuldigen müsse. Doch nachdem sie darüber nachgedacht hatte, wie verletzt David gewesen war, wurde ihr klar, dass es bessere Möglichkeiten gab, ihre Gefühle auszudrücken, und dass sie wieder eine Verbindung zu David aufbauen und verstehen wollte, was in ihm vorging.
Beim nächsten Beratungsgespräch erzählte sie mir von ihrem Gespräch mit David.
LINDA: David, ich hab mit Naomi darüber gesprochen, was gestern passiert ist, und mir ist klar geworden, dass ich wünschte, ich hätte deine Bedürfnisse wahrgenommen. Kannst du mir sagen, was du empfunden hast, als ich mit dir geschimpft habe?