Es war einmal ein Prinz. Rachel Hauck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rachel Hauck
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783865066954
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Sie zeigte mit dem Werkzeug auf ihn. „Ich hab diesem Kerl da gesagt, dass du gleich kommst … Schatz.“ Sie zog ein Gesicht. „Unfassbar. Schon wieder einen Platten.“ Freudloses Lachen. „Die Radmuttern sitzen fest.“

      „Na, dann müssen wir sie irgendwie lose bekommen.“ Nathaniel nahm ihr den Kreuzschlüssel aus der Hand und schaute ihn nachdenklich an. Er hatte schon so einige Räder gewechselt. Während seines Studiums war es sein Lieblingszeitvertreib gewesen, über die Landstraßen zu jagen, um Dampf abzulassen.

      Er wandte sich dem gepiercten und tätowierten Mann zu. Er war dünn, trug abgerissene, schmutzige Kleider, und Nathaniel war beinahe sicher, dass er nur Geld wollte. Er war sich fast ebenso sicher, dass die junge Frau es mit ihm hätte aufnehmen können, wenn er wirklich auf Ärger aus gewesen wäre. „Sie können jetzt weitergehen.“

      „Ich wollte doch nur helfen.“ Der Mann ging einen Schritt zurück.

      „Aber ich habe gesagt, dass Sie gehen sollen, und Sie sind nicht gegangen.“ Die Frau lehnte sich ihm entgegen, die Hände in die Hüften gestemmt, Feuer in der Stimme.

      Nathaniel lächelte. Er mochte sie.

      „Gehen Sie Ihres Weges.“ Nathaniel steckte die Hand in die Tasche und nahm den zwanzig Dollar-Schein heraus, den er vor seiner Abfahrt eingesteckt hatte. Er ging um die blonde Frau herum. Dann bot er dem Mann die Hand an und drückte ihm die Banknote in die schmutzige Hand. „Kaufen Sie sich eine warme Mahlzeit.“

      Der Mann faltete den Zwanziger auseinander und hielt ihn hoch, sein Blick verhärtete sich. „Ihr reichen Leute denkt, ihr könnt immer nur machen, was ihr wollt, oder?“

      „Und was denken Leute wie Sie sich? Dass Sie eine Dame weiter belästigen können, nachdem sie Sie gebeten hat, zu gehen?“

      Der Mann fluchte, steckte das Geld ein und ging weg. Er redete mit sich selbst und warf dabei mit derben Ausdrücken um sich.

      „Das hätte ich auch tun können.“ Jetzt richtete sie ihr Feuer auf Nathaniel. „Ihm Geld geben. Sie wissen schon, dass er sich jetzt Schnaps oder Drogen kaufen wird, oder?“

      Nathaniel zuckte mit den Schultern und beobachtete sie einen Moment. Sie schien ihn nicht zu erkennen. Aber wer würde denn schon genau hier, genau jetzt, einen echten Prinzen erwarten? „Oder vielleicht kauft er sich ein leckeres warmes Essen. Er sieht aus, als ob es ihm guttun würde.“ Nathaniel schloss seine Finger um den kühlen Schraubenschlüssel. Sie hatte so etwas an sich. Am liebsten würde er sie einfach umarmen und ihr sagen, dass es ihm völlig egal war, was der Typ mit dem Geld tat, solange es ihr nur gut ging.

      „Haben wir uns schon einmal getroffen?“, frage er, obschon er wusste, dass er sie noch nie vorher gesehen hatte. Aber sie hatte so etwas Vertrautes an sich. Warm und vollkommen.

      „Nein.“ Sie nahm ihm den Schraubenschlüssel aus der Hand. „Danke fürs Anhalten. Ich weiß das wirklich zu schätzen. Aber von hier aus kann ich das wirklich alleine.“ Ihre Stimme schwankte und Nathaniel sah einen verdächtigen Glanz in ihren Augen, bevor sie ihren Blick abwandte.

      „Sind Sie sicher? Was ist mit diesen festgefressenen Radmuttern? Ich habe Erfahrung im Räderwechseln.“ Nathaniel hielt ihr seine Handfläche hin. „Wie wäre es, wenn wir zusammenarbeiteten? Dann sind Sie flugs wieder unterwegs.“

      „Flugs wieder unterweg? Wohin?“ Sie ließ sich gegen das Auto fallen, atmete aus, ihr vom Wind zerzauster Pferdeschwanz fiel ihr über die Schulter. „Was für ein dummer, mieser Tag.“

      Nathaniel wurde abrupt wieder auf den Erdboden zurückgeholt, als er hörte, wie sie kurz schluchzte.

      „Oh, was ist denn los? So schlimm kann es doch nicht sein, oder?“

      Sie drehte sich um und bestrafte den platten Reifen, indem sie heftig dagegentrat. „Dummer, mieser Tag.“

      „Es ist doch nur ein Plattfuß.“

      Sie starrte ihn zornig an. Ihre blauen Augen waren gerötet und voller Tränen. „Es hätte halten sollen, für immer, wissen Sie? Zwölf Jahre … Wer wartet denn schon zwölf Jahre auf einen Kerl, wenn es am Ende nicht für immer ist?“

      „Ah, ein Streit unter Liebenden.“

      „Streit? Nein. Totalausfall. Alles, was wir von unserem Leben, in unserer Beziehung wollten, ist futsch. Von dem wir dachten, dass wir es wollten.“ Die ersten Tränen fielen auf ihre hohen, glatten Wangenknochen. Sie wischte sie mit dem Handrücken ab, trat ein letztes Mal gegen das Rad und ging hinter Nathaniel zu dem Baum. „Ich weiß nicht, warum ich hierhergekommen bin. Ich hab mich einfach ins Auto gesetzt und bin losgefahren.“ Sie bedachte das Auto mit einem weiteren Blick und zog eine Grimasse. „Und jetzt finde ich mich hier wieder, bei der guten alten Liebeseiche.“

      „Der Baum hat also einen Namen und eine Geschichte?“ Nathaniel ging um den Wagen herum und sah sich die dicken, knotigen, medusischen Äste der raumfüllenden Eiche genauer an.

      „Der Baum ist legendär. Es heißt, er sei neunhundert Jahre alt. Ein Ort, wo sich die jungen Helden der Eingeborenen mit ihren Mädchen trafen.“ Sie strich mit der Hand über die Rundungen des tiefsten Astes. Als könnte sie den Puls des Baumes fühlen und die Geschichten der vergangenen Tage herbeirufen.

      „Ob etwas Wahres dran ist, was meinen Sie?“ Nathaniel war vertraut mit Sagen und Legenden, langen Geschichten von Mut, Liebe und Kühnheit. Sie waren ein Teil von Brighton. Ein Teil seines fünfhundert Jahre alten Stammbaums.

      Sie warf ihm einen Blick zu. „Ich wollte mich unter diesem Baum verloben. Eine Lichterkette in den Ästen. Vielleicht ein kleines Streichquartett da drüben.“ Sie zeigte auf die Kante des Grüns. „Etwas Besonderes, Romantisches.“

      „Aber Ihr Freund hatte andere Absichten.“

      Ein neuer Schwung Tränen. „Ich – ich … wollte …“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich war so ein Dummkopf.“

      „Ich glaube, niemand, der sein Herz verschenkt, ist dumm.“

      Sie setzte sich auf eine flache Stelle am Fuße des breiten Baumstamms, legte das Gesicht in die Hände und weinte leise.

      Was sollte er nun tun? Er kannte die Frau gar nicht. Und Tränen? Mit Tränen konnte er noch nie gut umgehen.

      „Es zeugt von Mut. Sein Herz zu verschenken.“ Was wusste er schon? Er hatte einmal versagt in Liebesdingen und es nie wieder versucht.

      Sie trocknete ihr Gesicht mit dem Ärmel ihres T-Shirts. „Ich habe nie viel erwartet. Nur Liebe und Hingabe, wissen Sie? Dass er das tun würde, was er mir versprochen hatte … mich heiraten. Meine ganze Kindheit über wusste ich nie, was meine Eltern als Nächstes tun würden. Ob sie sich küssen und vertragen oder einander mit Geschirr bewerfen würden. Ich fand es super, es langsam anzugehen. Wir sind beide aufs College gegangen, haben unsere Karrieren gestartet.“ Sie atmete langsam und tief ein. „Er hat vier Einsätze in Irak und Afghanistan gemacht.“

      „Ein Soldat.“

      „Marineinfanterist. Captain.“

      „Ich habe selbst bei der Marine gedient. Vier Jahre.“

      „Wurden Sie entsendet?“ Sie richtete sich etwas auf.

      Wie konnte er ihr das sagen? Sein Geburtsstatus verhinderte, dass er entsendet wurde. Weil er eine größere Gefahr für seine Kameraden darstellte als der Feind. „Ich wurde nie in Konfliktzonen eingesetzt.“

      „Sind Sie aus England?“

      „Aus dem Königreich Brighton.“

      „Brighton. Da gibt es schöne Gärten.“

      „Sie haben von unseren Gärten gehört?“

      „Auf dem College habe ich den Lecharran Garden studiert. Ich bin Landschaftsarchitektin – naja, jedenfalls wenn ich nicht gerade im Rib Shack Barbecue serviere.“ Ihre Augen waren klar, sie sah ihn mit einem starken, blauen Blick an. „Am Strand dachte ich, er würde