Der Heilige Geist sieht wirklich in das Innere und erkennt, ob jemand in seinem Gebet sein Herz vor ihm auskehrt und in der Mitte seiner Person sein Elend und seine Hilfsbedürftigkeit einsieht und dazu steht. Der Heilige Geist hilft den Demütigen, und der Demütige ist der, der zur Wahrheit steht und genau weiß, dass er den Heiligen Geist braucht.
Hätte ich diese Sätze vor zwei Jahren formuliert, hätte das nach theologischer Spitzfindigkeit ausgesehen, die zwar formal Richtiges zum Ausdruck gebracht hätte, aber ansonsten niemandem wichtig erschienen wäre. Heute wissen wir, dass es von extremer Bedeutung ist, in seinem Begehren und Verlangen sowie im Erklären seiner Hilfsbedürftigkeit wirklich ehrlich zu sein. Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass ich mit Hunderten von Christen gesprochen und gebetet habe, die, was die Wahl ihrer Worte und die Dringlichkeit ihrer Gebete anbelangt, alles richtig gemacht haben, und doch nicht empfangen haben. Der Unterschied liegt immer darin, ob jemand im tiefsten Herzen ein Verständnis davon bekommt, was es heißt, Hilfe zu empfangen, nämlich seine eigene Vortrefflichkeit und Leistungsfähigkeit als nicht ausreichend zu durchschauen und sich echt auf den Weg zur Abhängigkeit vom Herrn zu machen.
Dieser Gesichtspunkt ist praktisch so wichtig, dass ich ihm ein Extrakapitel einräumen werde, weil es einen schreienden Bedarf nach seelsorgerischer Hilfe gibt, möglichst vielen den Weg zum Heiligen Geist zu ermöglichen.
2.3 Der Geist bleibt, und die Salbung bleibt
Der Heilige Geist ist ein sensibler, aber kein kapriziöser Helfer. Wenn er eingeladen wurde und gekommen ist, dann bleibt er auch. Es kann sein, dass er sich nach einiger Zeit in uns zurückziehen muss, weil er kein neues Votum bekommt und weil wir doch stillschweigend dazu übergegangen sind, uns wieder selbst zu helfen, aber er bleibt bei uns.
Johannes 14,16
Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit, ...
Diese Aussage ist keineswegs selbstverständlich. Sie steht in einem gewissen Sinne auch im Kontrast zu dem, was wir über unseren Herrn wissen. Das Wort Gottes sagt uns, dass Jesus durch den Glauben in unseren Herzen wohnt (Epheser 3,17) und dass er da, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, mitten unter ihnen ist. Das beinhaltet doch wohl auch die Aussage, dass der Herr sonst nicht in jedem Fall unter uns ist. Ganz deutlich wird dies am Beispiel der Gemeinde in Laodicea.
Offenbarung 3,20
Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm essen, und er mit mir.
Diese Aufforderung setzt doch voraus, dass die ganze Gemeinde zunächst einmal von Jesus verlassen war, sodass er vor ihrer Tür stand und Einlass begehrte.
In jedem Fall dürfen wir aber davon ausgehen, dass der Heilige Geist bei uns bleibt, solange wir uns nicht ausdrücklich gegen ihn wenden und ihn ausdrücklich ausladen. Selbst wenn wir uns der Gleichgültigkeit und der Selbstverwirklichung ergeben oder mit der Sünde paktieren und unsere eigenen Wege gehen, bleibt der Heilige Geist dennoch bei uns. Ganz sicher wird er sich abgedrängt fühlen, am Rande unserer Person, in einer Ecke befindlich, und seine Stimme wird keinen Einfluss auf uns haben. Oder er wird vielleicht überhaupt nicht zu uns reden, weil er weiß, dass wir nicht hörfähig sind. Aber er bleibt bei uns! Das ist eine glorreiche Botschaft. Der Heilige Geist steht in Treue zu uns.
Dass der Heilige Geist bleibt, hat auch noch eine andere Bewandtnis. Ich habe sie in meinen ersten Erfahrungen mit der neuen Salbung kennengelernt. Wir bekamen Besuch von Pastor Claudio Freidzon aus Argentinien, einem sehr einfachen und lieben Mann. Dieser hatte in früheren Jahren in Buenos Aires eine Gemeinde mit großer Anstrengung und Mühe, nach vielen frustrierenden Erfahrungen, zu stattlicher Größe geführt. Als er dann eines Tages einem ehemaligen Lehrer dieses erfolgreiche Werk einer beeindruckenden Großstadtgemeinde vorführte, wurde er von diesem gefragt: »Und wie viel Zeit verbringst du eigentlich mit dem Heiligen Geist, und wie sieht deine Gemeinschaft mit ihm aus?«
Diese Frage hatte Claudio sehr überrascht und umgetrieben. Er suchte daraufhin überall Antwort auf die Frage, wie man mit dem Heiligen Geist Gemeinschaft pflegen kann. Durch einen kurzzeitigen Kontakt mit Benny Hinn in den Vereinigten Staaten und über einige andere Stationen machte er schließlich jene Erfahrung der Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist, die dann seinen ganzen Dienst veränderte. Es traten daraufhin die typischen und zum Teil auch spektakulären Erscheinungen in seiner Gemeinde und in seinem Dienst auf, die immer das Wirken eines Menschen begleiten, der die unmittelbare Beziehung zum Heiligen Geist pflegt. In Südamerika bildete sich um ihn eine regelrechte Erweckungsbewegung, zum Mindesten eine Erneuerungsbewegung, die Tausende von müde gewordenen Christen mit neuem Feuer füllte.
Dieser Mann kam im Spätsommer 1993 zu uns nach Berlin und vermittelte uns seine Lehre und seine Erfahrung. Das Feuer erfasste mich und die ganze Gemeinde. Wir machten ähnliche Erfahrungen wie unsere Geschwister in Argentinien. Dann kam der Punkt, auf den ich eigentlich hinauswill.
Direkt nach diesem zweitägigen Besuch von Pastor Freidzon musste ich, einer alten Terminfestlegung folgend, zu einem Dienst. Ich hatte mir vorgenommen, die eben gemachten Erfahrungen in Lehre und Praxis weiterzureichen und hatte während der Fahrt zu dieser Gemeinde ständig die Frage in meinem Herzen: Habe ich jetzt auch diese Salbung? Ist der Heilige Geist geblieben oder nicht?
Er ist geblieben! Ich sah in jener Gemeinde in Schleswig-Holstein den Heiligen Geist ähnlich wirken, wie ich es in der eigenen Gemeinde erfahren hatte. Es war offensichtlich, und ich habe es auch später regelmäßig feststellen können: Nicht nur der Heilige Geist bleibt, wenn er einmal eingeladen ist, auch die Salbung bleibt. Es ist eine herausragende Erscheinung dieser neuen Bewegung, dass sie bei denjenigen, die in Kontakt mit ihr gekommen sind, genauso stark ist, wie bei den Vermittelnden. Sie nutzt sich nicht ab, sie bleibt erhalten, ja, sie wird sogar stärker.
Auch das ist eine interessante Erfahrung, die ich erst im Verlauf dieser letzten achtzehn Monate gelernt habe. Je länger ein Gottesdienst dauert und je länger man sich dem Heiligen Geist aussetzt, je bewusster man ihn einlädt, immer wieder einlädt und sich nicht mit der Erstsalbung zufrieden gibt, umso stärker wird sie und umso machtvoller sind die Auswirkungen.
Wir brauchen wirklich keine Angst zu haben, dass uns diese Salbung irgendwie zwischen den Fingern entgleiten wird und sie auf einmal nicht mehr zur Verfügung steht. Sofern wir uns unsererseits immer wieder neu dem Heiligen Geist hingeben, bleibt die Salbung und wird stärker und stärker, bis sie das Ausmaß einer Erfrischung und Erneuerung hinter sich gelassen hat, um zu einer Bewegung der Erweckung zu werden. In Mitteleuropa scheint es zur Zeit noch nicht so weit zu sein, aber es gibt Hinweise, dass dieser Übergang in anderen Nationen schon stattfindet.
Die Angst davor, dass der Heilige Geist zurückweichen könnte, ist auch insofern unbegründet, als er selbst ja das allergrößte Interesse hat, den Leib Jesu zu stärken, zu bereichern, zu erquicken und mit seinem Leben und seiner Kraft auszustatten.
2.4 Die neue Salbung erweist sich als sehr ansteckend
Die Tatsache, dass sich die Bewegung des Heiligen Geistes so außerordentlich rasant ausbreitet, hat etwas mit seinem einzigartigen Charakter zu tun. Er bleibt bei uns und steht zu uns, weil er ein loyaler Geist ist. Nicht nur, dass vereinzelte Sünden oder Schwächen in unserem Glaubensleben ihm kein Anlass sind, uns zu meiden oder zu verlassen, nein, er ist auch in dem Sinne loyal, dass er bei allen weiteren Expansionsabsichten und Bestrebungen, auch andere auf neue Erfahrungshöhen zu bringen, bei denen ansetzt, die ihn bereits angenommen haben. Er beweist eine große Treue in seiner Wertschätzung