OUTPOST. Gerd Frey. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerd Frey
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658524
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Ablauf scheint überall gleich zu sein«, erläuterte Robert. »Einschlagstellen, die sich weiter und weiter ausdehnen und in Unmengen ausgestoßener Rauch. Wenn das so weiter geht, erwartet uns hier eine ökologische Katastrophe!«

      »Gibt es Daten über die chemische Zusammensetzung der Emissionen?«, fragte Greg.

      »Das ist tatsächlich außergewöhnlich«, antwortete Robert. »Trotz der unterschiedlichen Bodenbeschaffenheit an den Orten der Einschläge besteht der Rauch aus nahezu identischen chemischen Bestandteilen. Ein recht giftiger Cocktail – aber mit einem hohen Sauerstoffanteil von nahezu acht Prozent. Vielleicht findet dort ein kontrollierter chemischer Prozess statt und die dabei entstehenden Abfallprodukte sind daher ebenfalls identisch. Die bisher festgestellten Einschläge entwickeln sich jedenfalls zu recht unerfreulichen Dreckschleudern.«

      Vom Mars aus ein Gespräch mit seinen Angehörigen auf der Erde zu führen, war eine gewöhnungsbedürftige Prozedur. Man musste sich an fest vereinbarte Termine halten und führte dann eine Unterhaltung, als würde man mit einem Anrufbeantworter reden. Dabei sprach man relativ monoton seine vorher zurechtgelegten Sätze in ein winziges silbernes Mikrofon und wartete danach über zwölf Minuten auf die eintreffende Antwort. Währenddessen beobachtete man die, durch die extreme Datenkomprimierung leicht ins Unscharfe decodierte Videoübertragung und konnte seiner Verwandtschaft beim Warten zusehen. Viele zeigten in dieser Zeit Bilder der Familie: Babys, Großeltern, Eltern und Geschwister, oder alte Erinnerungsfotos gemeinsam verbrachter Zeiten.

      Juris Gesprächseinheit begann in fünfzehn Minuten, die er geduldig im Vorraum absaß.

      Vor acht Monaten hatte er die Erde verlassen. Damals war die Beziehung zwischen ihm und Susanne fast zerbrochen. Kurz vor dem Start hatte er wegen ihr beinahe den Flug abgesagt, nur um ihr zu beweisen, wie sehr er sie liebte. Inzwischen hatte sich die Situation geändert und der regelmäßige Videokontakt mit ihr war ihm wichtiger, als alle anderen Botschaften von der Erde.

      Trotz seiner Vorfreude, Susanne wiederzusehen, gingen ihm die seltsamen Vorkommnisse der letzten Stunden nicht aus dem Kopf. Auf dem Stützpunkt glaubten inzwischen die meisten Stationsmitglieder an das Wirken von außerirdischer Technologie. Juri wurde jedoch nicht so richtig warm mit dieser Vorstellung. Warum sollte eine Alienzivilisation Flugkörper konstruieren, die sie dann auf einem fremden Planeten zum Absturz brachte? Wurde in den Einschlagpunkten eine Armee von mechanischen Spinnen herangezüchtet, oder würden sich irgendwann mächtige Fabriken und Gebäude aus den Tiefen der Krater erheben, voll von bizarrer und fremdartiger Technologie? Juri hielt eigentlich nichts dergleichen für wahrscheinlich. Er glaubte vielmehr, dass die Einschlagkrater einem völlig anderen Zweck dienten.

      Plötzlich durchzuckte ihn ein Gedanke. Erschreckend klar und simpel in seiner Logik. Die von den Einschlagstellen abgegebenen Emissionen waren der Schlüssel zu allem. Das, was die Menschheit auf dem Mars mühsam und über viele Jahrzehnte lang mit kümmerlichen Algenkulturen zu erreichen versuchte, wurde hier viel effizienter umgesetzt: eine außerirdische Planeten-Umgestaltungs-Technologie, die um den jeweiligen Himmelskörper eine Atmosphäre entstehen ließ, und die sicher auch Temperaturveränderungen herbeiführte. Berücksichtigte man die momentanen Emissionswerte, würde die entstehende Atmosphäre für menschliche Bedürfnisse denkbar ungeeignet sein. Je länger er darüber nachdachte, um so plausibler erschien ihm seine Hypothese. Juri musste seine Überlegungen so schnell wie möglich Greg mitteilen. Die daraus folgenden Konsequenzen waren ungeheuerlich.

      Die Tür zum Kommunikationsraum öffnete sich und Max trat heraus. »Sie wartet schon auf dich«, sagte er mit einem breitem Lächeln auf dem Gesicht.

      Juri zwängte sich in den beengten Raum. Der Monitor zeigte Susannes Gesicht. Sie wirkte seltsam aufgewühlt. Juri begrüßte sie herzlich und sprach dann über eher belanglose Ereignisse der letzten Tage. Es war ihm untersagt, über die Einschläge und die geplante Evakuierung in sieben Stunden zu reden.

      Nachdem er seine Nachricht abgeschlossen hatte, wartete er und beobachtete Susanne dabei, wie sie unruhig auf ihrem Stuhl hin- und her rutschte. Sie strich sich dabei gedankenverloren ihre tiefschwarzen Haare aus dem Gesicht. Dann konnte er sehen, wie seine Botschaft Susanne erreichte. Glücklicherweise lagen Erde und Mars zurzeit recht nah beieinander, sonst wären die Abstände zwischen den Übertragungen noch wesentlich größer.

      »Hallo, Juri«, sagte sie nach Beendigung der Übertragung. »Du wirst kaum glauben, was die Nachrichtensender vor knapp einer Stunde berichteten. Sechs außerirdische Artefakte sind auf verschiedenen Stellen der Erde niedergegangen. Bei den gezeigten Aufzeichnungen waren kleine schwarze Kugeln zu erkennen, die im Mittelpunkt des jeweiligen Einschlagkraters lagen.

      Von offizieller Seite gibt es noch keine Stellungnahme. Einige Wissenschaftler sprechen aber schon vom ersten Kontakt mit Außerirdischen.

      Ich bin so aufgeregt, Juri. Du müsstest das gesehen haben … Ich liebe dich … ich liebe dich …«

      Handlungsreisende

      Das Raumschiff besaß die Form einer Gurke und flog sich auch so. Als Martin den Fisch auf den Labortisch knallte, strahlte das blaue Licht des kosmischen Nebels, den er gerade durchquerte, durchs Bullauge. Er schnitt den Fisch mit einem schartigen Küchenmesser der Länge nach auf. Ein Skalpell wäre ihm lieber gewesen – das hätte einfach professioneller ausgesehen. Chirurgenbesteck zählte jedoch nicht zur Grundausstattung von Kleinraumschiffen.

      Im Innern des Fisches, der leider schon über der Zeit war und zu stinken anfing, befand sich eine Art verzierte Akupunkturnadel – die üblichen Datenspeicher auf Ross249. Die Übergabe des Fischs war auf einem zwielichtigen Hyperraummarkt über die Bühne gegangen. Er hatte die in altes Zeitungspapier eingewickelte Sendung von einem grünlippigen Alien erhalten, der wegen seines transparenten Körpers kaum auszumachen war. Obwohl das Papier stark vom Öl durchtränkt war, konnte man den Text noch gut entziffern. Statt die Nachrichten vom Display abzulesen, informierten sich die meisten Menschen (und inzwischen auch ein größer werdender Anteil Außerirdischer) noch immer auf diese altmodische Art.

      Martin hielt einen Augenblick inne und stach sich schließlich die Nadel in die Oberlippe. Sofort strömten unzählige Informationen durch seine aufnahmebereiten Synapsen. Geistige Verschnaufpausen boten allein gelegentlich eingestreute Werbeblocks. Für ihn als alten Hasen im Geschäft stellte es normalerweise keine Herausforderung dar, die zu übermittelnde Botschaft vom unnützen Datenmüll zu trennen. Er benötigte dennoch fast eine halbe Stunde, um herauszufinden, dass sich hinter den Mengenangaben eines speziellen Kochrezepts (er hatte diese Informationen zuerst als Werbung abgetan) der Dechiffrierungscode für die eigentliche Hauptnachricht auf dem Einwickelpapier versteckte.

      Verzweifelt blickte Martin aus dem Bullauge. Zwischen den Tausenden Lichtpunkten der Sterne glaubte er, gerade noch den winzigen Reflexionspunkt eines trudelnden Papierbällchens auszumachen. Er hatte die penetrant nach Fisch stinkenden Zeitungsreste vor zehn Minuten mit der Abfallschleuder entsorgt.

      Die Apparatur stammte noch aus den Anfängen der interstellaren Raumfahrt. Müll, den man einfach so ins Weltall kippte, trieb für die Zeit des Flugs, und das waren oft mehrere Monate, einfach neben dem Schiff her. Ein bisweilen recht unappetitlicher Anblick! Um dieser Problematik zu entgehen, installierte man irgendwann in allen Raumschiffen die Abfallschleuder. Unglücklicherweise beging man bei ihrem ersten Einsatz den Fehler, den anfallenden Müll direkt hinter dem Schiff hinauszuschießen. Als das Schiff einige Tage später abbremste, war die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Kurz vor Erreichen des Zielsystems brach die Funkverbindung ab. Ein tragischer Unfall, über den die BBC einen spektakulären Tatsachenbericht ausstrahlte.

      Da sich Martin mit seinem Raumanzug nicht allzu weit vom Schiff entfernen konnte (mal davon abgesehen, dass ihm schon von der Vorstellung, das Schiff zu verlassen, ganz anders wurde), gab es nur noch eine Möglichkeit, wieder an das verlorene Zeitungspapier zu gelangen.

      Kurz entschlossen schlüpfte er in den neuesten Schrei ingenieurtechnischer Hightechentwicklung, den er sich vor wenigen Terzines geleistet hatte: einen nagelneuen, chromblitzenden Zeitreiseanzug, der dennoch irgendwie an einen altmodischen Taucheranzug erinnerte. Eine nur auf den Randwelten erhältliche Kostbarkeit – Benutzung auf eigene