Seewölfe Paket 29. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399970
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zu dienen.

      Nachts feierten die Sarden die wüstesten Orgien. Tagsüber ritten sie auf Raubzug aus. Es gab Wochen, da kundschafteten sie einfach nur neue Unternehmungen aus.

      Dann aber schlugen sie zu. Wo sie hinlangten, zeichneten Leichen ihren Weg. Nur ganz selten brachten sie keine Beute in ihr Versteck.

      Dario führte seinen Trupp in den Hof des Gemäuers. Die Hufe der Pferde klapperten auf dem Kopfsteinpflaster. Die Kerle saßen ab. Dario warf sich das Mädchen über die Schulter.

      Sie war unterwegs ohnmächtig geworden. Als er aber die schwere Tür zu ihrem Verlies aufstieß und sie auf den Boden warf, erlangte sie das Bewußtsein wieder.

      „Ich habe jetzt keine Zeit und keine Lust, mich mit dir zu beschäftigen“, sagte er schleppend. „Aber wir sprechen uns noch.“

      Salome schlug die Hände vors Gesicht. Sie schluchzte. Wenn ich doch tot wäre, dachte sie verzweifelt. Die Tür krachte zu, Darios Schritte entfernten sich.

      Dario Porceddu betrat den Raum, in dem sein Bruder sein Allerheiligstes eingerichtet hatte. Grinsend erwartete ihn Silvestro. Er verpaßte der dicken Frau, die auf seinem Schoß hockte, einen derben Klaps. Sie kicherte und eilte davon. Ihre Brüste und ihr Hinterteil wackelten.

      „Na?“ fragte Silvestro. „Hast du deinen Liebling wiedergefunden?“

      „Allerdings.“

      „Und sie lebt noch?“

      „Ja“, erwiderte Dario. „Du weißt, so schnell gebe ich mich nicht geschlagen. Ich kriege sie schon noch weich.“

      „Ich an deiner Stelle würde sie zwingen“, sagte Silvestro ohne sichtbare Regung.

      Im Gegensatz zu seinem schlanken Bruder war er untersetzt und hatte einen Schnauzbart, dessen Enden ihm sichelförmig über die Mundwinkel hingen. Darios Gesicht war glatt, spitz und verkniffen.

      „Ich will, daß sie mitspielt“, entgegnete Dario. „Das finde ich besser. Darüber brauchst du dir aber nicht den Kopf zu zerbrechen.“

      „Jeder hat eben seinen ganz persönlichen Geschmack“, sagte Silvestro höhnisch.

      „Bist du fertig?“

      „Ja“, sagte Silvestro. Seine Stimme wurde kalt und nüchtern. „Reden wir über das Wichtigere. Heute nachmittag geht es los, klar?“

      „Wie besprochen.“

      Silvestro faltete die Hände vor dem Bauch, gab einen grunzenden Laut von sich und sagte: „Dann sollten wir noch etwas essen und ein wenig ruhen. Vor der Arbeit ist es immer richtig, sich zu stärken und frische Kräfte zu schöpfen. Schließlich ist es heute nacht ja wieder sehr spät geworden.“

      Dario grinste. „Weil du das Saufen und Huren nicht lassen kannst.“

      „Was gibt es denn Schöneres im Leben?“

      „Nichts“, erwiderte Dario. „Solange uns niemand an den Kragen will, führen wir hier ein herrliches Leben.“

      „Dabei wird es bleiben“, sagte Silvestro Porceddu, und er glaubte wirklich fest an seine Worte.

       3.

      Nach fünfzehn Meilen Fahrt hatten sich der Seewolf und seine Mannen an die neue Umgebung gewöhnt. Es war angenehm warm, obwohl man den Monat November schrieb. Das Wetter blieb ruhig, der Wind fiel raumschots ein – und nirgends zeigten sich Schnapphähne. Was wollten sie also noch mehr?

      „Ich sehe am Ufer nur Ziegen und Vögel“, sagte Dan O’Flynn. „Von Leuten keine Spur.“

      „Vielleicht geht es den Menschen hier gut“, Sagte Don Juan de Alcazar. „Vielleicht existieren gar keine Banditen oder Piraten.“

      „Das denkt nur einer, der an Märchen und Wunder glaubt“, erklärte Old O’Flynn. „Die Gegend ist nach wie vor für Überraschungen aller Art gut. Das sagt mir nicht nur mein Beinstumpf, sondern auch mein Verstand.“

      „Wie weit mag es noch bis zu diesem Ort Beylerbey sein?“ fragte sich Ben Brighton.

      „Nach dem, was die Fischer erklärt haben, höchstens noch zehn, fünfzehn Meilen“, entgegnete der Seewolf. „Irgendwann müßten die ersten Häuser auftauchen.“

      Der Bosporus verlief nicht linear, sondern wies in seinem Verlauf einige Krümmungen auf. Gerade beschrieb er eine Biegung nach Südsüdost. Hasard rechnete damit, daß sich hinter der nächsten oder übernächsten Landspitze die ersten Häuser zeigten.

      Die Dubas segelte mit etwa fünf Knoten Geschwindigkeit weiter. Hasard und seine Crew blieben weiterhin auf der Hut. Man konnte nicht vorsichtig genug sein.

      Es wurde Mittag. Der Kutscher und Mac Pellew hatten einen Eintopf mit Fleisch und Gemüse zubereitet. Es wurde zum Backen und Banken aufgerufen. Die Zwillinge teilten die Mahlzeit aus. Die Arwenacks aßen mit Appetit, denn wie immer hatten es die beiden Kombüsenmänner verstanden, eine schmackhafte Mahlzeit zu zaubern.

      „Wann haben wir das letzte Mal einen vernünftigen Humpen Bier getrunken?“ fragte Blacky. „Kann sich einer von euch daran erinnern?“

      „Auf Tortuga“, antwortete Smoky.

      „Bei Plymson in der ‚Bloody Mary‘“, sagte Stenmark.

      „Also ungefähr vor zweihundert Jahren“, sagte Blacky. „Ich würde für einen Schluck Bier schon einiges geben.“

      „Ein ganzes Faß müßte es sein“, sagte Al Conroy.

      „Unter einem Faß fangen wir gar nicht erst an“, sagte Higgy feixend.

      „Ihr habt vielleicht eine große Klappe“, sagte Will Thorne. „So hohe Ansprüche stelle ich nicht. Ich bin schon froh, daß ich keine Datteln mehr futtern muß.“

      „Ja, da hast du recht“, pflichtete Gary Andrews ihm bei. „Der Orient liegt ja nun wirklich hinter uns. Aber wie schaffen die Araber das bloß, daß sie sich ihr Leben lang ein solches Zeug einverleiben?“

      „Über Geschmack läßt sich eben streiten“, meinte der Kutscher. „Und jedes Land hat seine Kultur und seine Traditionen.“

      „Halt uns jetzt keinen Vortrag“, sagte der Profos. „Verrate mir lieber, was für heute abend auf dem Speiseplan steht.“

      „Fisch“, erwiderte der Kutscher.

      Carberry blickte argwöhnisch drein. „Frischer?“

      „Natürlich. Bei uns gibt’s nur frischen Fisch“, sagte der Kutscher.

      „Das ist ja wohl Ehrensache“, sagte der Profos. „Weiß der Henker, was ihr uns alles unterjubelt. Ihr laßt euch ja nie in die Kübel schauen. Aber das eine sage ich euch. Wenn der Fisch heute abend stinkt, hau’ ich ihn euch um die Ohren.“

      „Die Zwillinge haben ihn selbst gefangen“, entgegnete Mac mit griesgrämigem Gesicht. „Du kannst sie ja fragen, ob die Biester schon tot waren, als sie sie aus dem Wasser zogen.“

      „Versuche bloß nicht, witzig zu werden, Mister Pellew, sonst schicke ich dich als Kundschafter zu den Nixen, die in diesem Kanal baden“, sagte Carberry.

      Und Sir John, der auf seiner Schulter hockte, plärrte: „Pfeifen und Lunten aus – alle Mann von Bord!“

      Die Zeit verging. Hinter der nächsten Krümmung der Meerenge entdeckte Bill, der Ausguck, ein paar Bauten am östlichen Ufer. Bald waren auch Menschen zu sehen, die auf einem Bootssteg zusammenliefen. Nur Männer. Sie schirmten ihre Augen mit den Händen gegen die Sonne ab und spähten zu der Dubas.

      Hasard ließ etwas näher unter Land gehen. Kurze Zeit darauf waren die Mannen mit dem Zweimaster auf Rufweite an die Siedlung herangesegelt. Der Seewolf gab seinen Söhnen ein Zeichen. Sie sollten sich mit den Einheimischen verständigen.

      „He,