Seewölfe Paket 28. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399963
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auf die Männer von der „Santa Barbara“ zu feuern.

      Alles Weitere spielte sich innerhalb von Sekundenbruchteilen ab. Einer der Musketenschützen verharrte, während die anderen weiterliefen.

      Hasard war im Begriff, mit einer Scheinattacke auf den Bulligen loszugehen. Der Mann duckte sich und hob den Krummsäbel zur Abwehr.

      „Komm schon!“ rief er. „Gleich bist du sowieso erledigt!“

      Hasard sah den Musketenschützen wie eine von Flammen umhüllte Statue. Der Lauf der Waffe glänzte matt, und die großkalibrige Mündung war deutlich zu erkennen.

      Mitten in der Bewegung ließ sich der Seewolf fallen.

      Haargenau im richtigen Moment.

      Die Muskete krachte.

      Hasard rollte sich auf dem Boden nach links weg, um dem Krummsäbel des Bulligen zu entgehen. Aber da tauchte keine blitzende Klinge über ihm auf. Und auf einmal wußte Hasard auch, warum er nicht den sengenden Luftzug der Musketenkugel verspürt hatte. Er warf sich herum, den Säbel nahe vor dem Gesicht, und blickte auf.

      Der Bullige stand noch immer am selben Fleck.

      Musketen und Pistolen der Heranstürmenden krachten jetzt. Viel zu früh, denn die Arwenacks waren im Dunkel ihrer Deckung kaum zu sehen.

      Der Bullige schwankte und kippte vornüber.

      Zwei Schüsse peitschten nacheinander aus der Deckung der Arwenacks. Dan O’Flynn und Don Juan de Alcazar, die ihre Waffen noch nicht abgefeuert hatten.

      Auch Hasard griff zur Pistole.

      Rechtzeitig.

      Der Mann, der seine Muskete auf ihn abgefeuert hatte, zog eine Pistole und bewegte sich lauernd voran. Er mußte begriffen haben, daß er seinen eigenen Kumpan erschossen hatte. Eine schlecht gezielte Kugel, und der Bullige hatte zu nahe an der Visierlinie gestanden.

      Hasard brachte die Pistole in Anschlag, stützte die Ellenbogen auf und hielt die schwere Waffe mit beiden Fäusten.

      Der Türke hatte seine Muskete einfach fallenlassen. Und er hatte sich die Stelle eingeprägt, an der sich der ehemalige Gefangene Üzürgüls zu Boden geworfen hatte.

      Der Mann war nur zehn Yards von Hasard entfernt, als er sein Ziel erfaßte.

      Rechter Hand waren die Arwenacks aus ihren Deckungen aufgesprungen. Mit Gebrüll warfen sie sich den Türken entgegen, die nun auf ihre Blankwaffen angewiesen waren.

      Hasard sah das Weiße in den Augen seines Gegners, wie er seine Schritte stoppte und die Pistole in Anschlag brachte.

      Der Seewolf zog durch.

      Klickend traf der Flint auf den Reibstahl. Funken sprühten. Einen winzigen Sekundenbruchteil lang schien es, als würde das Zündkraut nicht zünden. Dann jedoch puffte es hell wölkend aus der Pulverpfanne, und der Schuß löste sich krachend.

      Die Mündungsflamme zuckte auf den Türken zu. Er schaffte es noch, den Abzug durchzureißen. Aber im nächsten Moment wurde er von der ungeheuren Wucht des Einschusses schon zurückgeschleudert. Die Kugel aus dem Lauf seiner Pistole raste in den Nachthimmel.

      Gleich darauf war Stille.

      Nur noch das Prasseln der Flammen, die jetzt wie um die hölzernen Zeltgerüste leckten, war zu hören.

      Die Arwenacks hatten die zweite Welle der Türken besiegt. Es gab niemanden mehr, der noch in der Lage gewesen wäre, Widerstand zu leisten.

      Hasard rief zum Sammeln. Die Gruppe von Bord der Dhau war vollzählig. Vorsorglich luden die Männer ihre Waffen nach, wenn es auch nicht so aussah, als ob aus dem brennenden Lager noch ernsthafter Widerstand zu erwarten sei.

      Schwerwiegende Verwundungen hatte keiner der Männer davongetragen. Stenmark blutete aus einer leichten Schnittwunde am rechten Unterarm. Luke Morgan, der ganz ohne Kratzer davongekommen war, legte dem Schweden einen Notverband an.

      Carberry betastete eine Schwellung am Kinn, und Ferris Tucker winkte ab, als Hasard auf einen blutigen Striemen deutete, der im offenen Hemdausschnitt auf dem Brustkasten des Schiffszimmermanns zu sehen war. Die anderen hatten nur ein paar Schrammen empfangen, die für sie alles andere als nennenswert waren.

      Hasard verschaffte sich einen raschen Überblick. Unter den Toten befand sich Üzürgül nicht. Es war aber ebensowenig anzunehmen, daß der Anführer der Küstenhaie seelenruhig darauf wartete, daß man ihn aus seinem Zelt holte.

      Die Antwort stellte sich von selbst heraus – in jenem Augenblick, in dem Hasard Befehl gab, in den brennenden Schlupfwinkel vorzudringen.

      Hufgetrappel wurde plötzlich am südlichen Ende des Lagers laut. Der Seewolf erinnerte sich daran, daß die Türken über Pferde verfügten. Die Hufgeräusche entfernten sich rasch. In der Dunkelheit waren nicht einmal Silhouetten zu erkennen.

      Für Hasard gab es dennoch kein Rätselraten. Niemand anders als Ahmet Üzürgül war es, der da das Weite suchte. Unklar blieb lediglich, wie viele Kerle er bei sich hatte.

      Doch das spielte keine Rolle mehr. Die Arwenacks hatten den Seewolf unversehrt in ihrer Mitte. Im Lager, das nun vollends ein Raub der Flammen wurde, befand sich keine Menschenseele mehr. Alle Frauen hatten rechtzeitig die Flucht ergriffen. Sicher war es ihnen damit auch gelungen, sich der Herrschaft Üzürgüls zu entziehen.

      Hasard und seine Gefährten wandten sich ab. Sie begaben sich an Bord der Dhau, wo alles seine Ordnung hatte.

      „Auftrag ordnungsgemäß ausgeführt!“ meldete Batuti stolz. „Lebensretterin Hasards wirksam beschützt!“

      „Angeber!“ rief Carberry dröhnend. „Was gab es denn da zu beschützen, was, wie? Die Arbeit haben wir dir ja wohl abgenommen!“

      Big Old Shane grinste nur.

      „Was ist mit Gökhüyük?“ fragte der Seewolf, bevor er sich zum Schott wandte, um Günel heraufzuholen.

      „Wir mußten ihn zum Schweigen bringen, als er plötzlich anfing, zu schreien“, sagte Ferris Tucker. „Dabei ist er über Bord gekippt.“

      Günel war blaß, aber sie lächelte, als sie auf dem Hauptdeck der Dhau stand und nacheinander in die freudestrahlenden Gesichter der Männer blickte.

      Der Seewolf erklärte ihnen, was geschehen war. Und er fügte hinzu, daß sie Günel nach Kuweit mitnehmen würden, um sie dort zu ihren Freunden zu bringen.

      Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden.

      Die Männer bugsierten die Dhau in die Außenbucht und auf den Fluß hinaus und setzten Segel. Während sie gegen den Ostwind kreuzten, zog über dem Horizont das erste Grau der beginnenden Morgendämmerung herauf.

      8.

      Der Hafen von Kuweit lag in strahlendem Sonnenschein, als die „Santa Barbara“ an einer der Piers vertäute. Es war ein lärmender orientalischer Hafen mit jener bunten Vielfalt, wie sie die Arwenacks nun schon sooft beobachtet hatten.

      Gerüche von Gewürzen und auch von Gesottenem und Gedünstetem auf offenen Feuern in Hafennähe lagen in der Luft. Appetitanregend für die Seefahrer, die nach Tagen und Wochen an Bord endlich einmal etwas anderes zwischen die Zähne kriegen wollten als das, was sie aus der Kombüse gewohnt waren.

      Aus dem nahen Bazar klangen die lauten Stimmen von Händlern und Käufern herüber, die offenbar imstande waren, stundenlang miteinander zu feilschen. Auf einer Werft wurde gehämmert und gesägt. Fuhrwerke rollten Frachten auf den Kai. Gehilfen der Kaufleute und Lagerhalter schleppten Ballen, Säcke und Kisten zu den Gebäuden, in denen Faktoreien untergebracht waren.

      Hasard hatte beschlossen, Günel gemeinsam mit Don Juan in die Stadt zu bringen. Die junge Türkin verabschiedete sich von den Männern an Bord und folgte dem Seewolf und dem Spanier auf die Pier.

      Günel verharrte noch einen Moment und blickte zum