Seewölfe Paket 28. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399963
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an der Innenbucht zuckte zusammen. Sein Geschrei blieb ihm im Hals stecken.

      „Ar – we – nack!“ brüllte der Seewolf im Sprung.

      Grenzenloses Entsetzen war für den Posten die letzte Empfindung seines Lebens. Es konnte keine Gnade geben, darüber war sich Hasard im klaren. Üzürgül und seine Kerle kannten vergleichbare Empfindungen nicht. Das kleinste Maß an Fairneß konnte bedeuten, daß man ihren Dank in Form einer tödlichen Hinterlist erhielt.

      „Ar – we – nack!“ brüllte der Seewolf noch einmal.

      Und nun antworteten die Männer von der Dhau. Ihr Kampfruf ging in Jubelgebrüll über. Sie hatten die Stimme des Seewolfs erkannt, und sie wußten nun, daß sie zum Direktangriff übergehen konnten.

      Landeinwärts entfernte sich das Alarmgeschrei des flüchtenden Postens. Im Lager wurden bereits Stimmen laut.

      Die Dhau hatte die Durchfahrt zur Innenbucht erreicht. Eine zischende Flammenspur stieg durch das Gebüsch in den Nachthimmel auf. Hoch hinauf. Weit oben schien das feurige Geschoß zu zögern, stehenzubleiben, ehe es sich abwärts senkte und auf das Lager hinabraste.

      Gleich darauf, als die Flammenspur wegen des Buschwerks an der Landseite nicht mehr zu sehen war, erfolgte die Detonation. Hell und peitschend explodierte der Pulverpfeil irgendwo im Lager. Schreie zeigten es an.

      Hasard lief zu Günel.

      An Bord der Dhau ging es Schlag auf Schlag. Pulverpfeile und Brandpfeile stiegen abwechselnd in rascher Folge auf. Big Old Shane mußte an Bord sein. Oder Batuti. Oder beide.

      Günel zitterte. Hasard legte den Arm um ihre Schulter. Er erklärte ihr, was sich abspielte und führte sie zu dem freien Anleger, auf den die Dhau nun mit geborgenem Segel zuglitt.

      An Deck hatten sie Fackeln entfacht.

      „Arwenack!“ rief Hasard noch einmal, und jetzt sahen sie ihn und die junge Türkin.

      Freudiges Johlen setzte ein.

      Carberry und Ferris Tucker standen sprungbereit auf dem Vordeck des Seglers. Hinter ihnen Stenmark, Luke Morgan, Paddy Rogers, Smoky, Blacky, Matt Davies und Jeff Bowie. Dan O’Flynn und Don Juan de Alcazar befanden sich auf dem Achterdeck bei Batuti und Shane, die dort Pfeil um Pfeil von den Sehnen ihrer englischen Langbogen abschossen.

      Die Männer nahmen sich nicht die Zeit für eine lange Begrüßung. Während Carberry, Ferris Tucker und die anderen bereits losstürmten, brachte Hasard seine Begleiterin in aller Eile an Bord. Vom Achterdeck zischten noch immer die flammenden Pfeile in den Nachthimmel. Die hörbare Wuhling in Üzürgüls Lager ließ erkennen, was für eine hervorragende Angriffsvorbereitung dies war.

      Jenseits des Buschgürtels ertönte bereits der Kampfruf der Männer unter der Führung von Carberry.

      Hasard einigte sich mit den anderen im Handumdrehen. Batuti und Shane würden noch etwa zwei Minuten lang Brand- und Pulverpfeile abfeuern. Dann würde es ihre Aufgabe sein, Günel und das Schiff zu bewachen. Es durfte nicht in die Hand der Küstenhaie fallen.

      „Und Günel hat mir das Leben gerettet“, fügte der Seewolf hinzu. „Bringt sie unter Deck und paßt auf, daß sie sich nicht blicken läßt.“

      „Worauf du dich verlassen kannst, Sir“, antwortete der riesenhafte Gambianeger und schickte einen weiteren Pfeil auf die Reise.

      Dan brachte Günel unter Deck, während sich Hasard mit Entersäbel und Pistole ausrüstete.

      Immer noch zischten die Pfeile.

      „Es ist zum Verrücktwerden“, sagte Don Juan, „weißt du, daß ich bei der ersten Suche schon einmal an dieser Bucht vorbeigesegelt bin?“

      „Ich kann es mir vorstellen“, erwiderte Hasard. „Deswegen brauchst du dir nichts vorzuwerfen. Es wäre jedem anderen genauso ergangen. Die Bucht ist vom Fluß her nicht zu sehen, wenn man sie nicht kennt.“

      Dan O’Flynn war wieder zur Stelle, und sie stürmten los.

      In Üzürgüls Lager herrschte totales Chaos. Einige Zelte standen bereits in hellen Flammen. Hastende, stolpernde und stürzende Gestalten waren im Feuerschein zu erkennen. Frauen flohen in Richtung Süden.

      Eine Gruppe von Türken warf sich den angreifenden Arwenacks entgegen. Üzürgüls Männer mußten schlagartig nüchtern geworden sein. Schüsse von Musketen und Pistolen krachten. Als grellrote waagerechte Blitze stand das Mündungsfeuer für Sekundenbruchteile in der Dunkelheit vor dem Flammenschein.

      Die Männer von der „Santa Barbara“ drangen vor. Ihre Säbel verursachten schwirrende Reflexe, hell klirrten die schweren Klingen, wenn sie auf die Krummsäbel der Türken trafen. Und Ferris Tucker, dessen rotes Haar in der feurigen Helligkeit intensiv schimmerte, schwang seine mörderische Axt.

      Im Laufen zogen Hasard, Dan und Don Juan blank. Der Seewolf dirigierte seine beiden Gefährten nach links, in die Richtung, in der er das Zelt Üzürgüls wußte. Sie verzichteten darauf, ihre Pistolen einzusetzen. Der Haufen der zurückweichenden Türken war bereits so sehr zusammengeschmolzen, daß man sie ohne heißes Blei bezwingen würde.

      Noch zwei Brandpfeile zischten vom Himmel herab. Aus einem weiteren Zelt, ganz nahe, wo einer der Pfeile eingeschlagen war, loderten hohe Flammen. Die Helligkeit verstärkte sich.

      Und immer noch klirrten die Klingen, sanken die Unterlegenen mit seltsam gurgelnden Lauten zu Boden. Nur wenige waren noch in der Lage, ihre Schmerzen hinauszuschreien.

      Weiter entfernt im Schlupfwinkel hasteten Gestalten in panikartiger Flucht durch die Gassen zwischen brennenden Zelten. Hasard sah es, denn er erreichte eine Bodenerhöhung, nachdem sein Gegner, ein bulliger Kerl, zurückgewichen war.

      Floh der ganze Rest der Horde? War dieses schon fast aufgeriebene Häuflein von Verteidigern alles, was Üzürgül noch aufzubieten hatte? Alles, was seinen Befehlen noch gehorchte?

      Der Bullige ließ sich weiter zurücktreiben. Hasard erkannte seine Absicht ohne Mühe. Der Mann hatte den Geländevorteil auf seiner Seite. Er kannte jeden Quadratyard Bodens, und er würde versuchen, seinen Gegner in eine Falle zu locken – eine plötzliche Vertiefung, eine Rinne oder dergleichen.

      Hasard raubte dem Mann den heimlichen Triumph. Er brach seinen Angriff ab. Der Bullige wich noch zwei Schritte zurück und verharrte dann ebenfalls. Staunen zeigte sich auf seinem glatten, breitflächigen Gesicht. Er achtete nicht auf das Säbelklirren und die Laute der Sterbenden in unmittelbarer Nähe.

      „Auf einmal feige geworden?“ knurrte er. „Traust dich nicht weiter vor, wie? Bist deiner Sache nicht mehr sicher?“

      Hasard hielt den Cutlass mit aufrechter Klinge. Er sah den Mann an, und plötzlich wußte er, was es war. Keine Falle, die in der Beschaffenheit des Geländes bestand. Schritte waren durch das Prasseln der Flammen zu hören. Da formierte sich etwas hinter den brennenden Zelten.

      „Wahrschau!“ brüllte der Seewolf. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, daß seine Gefährten sofort begriffen.

      Die letzten Gegner sanken unter ihren Säbeln zu Boden.

      Der Bullige wollte sich herumwerfen und kurzerhand die Flucht ergreifen. Der Seewolf war schneller. Mit drei, vier federnden Sätzen holte er den Kerl ein, versperrte ihm den Weg und zwang ihn zum Kampf. Das Gesicht des Mannes war verzerrt, wie er die wuchtigen Hiebe mit der Klinge seines Krummsäbels zu parieren versuchte.

      „Deckung!“ ertönte in diesem Moment Dan O’Flynns warnende Stimme.

      Hasard sah, daß die Warnung verdammt begründet war.

      Zwischen den brennenden Zelten brachen sie hervor. Zwanzig, dreißig Mann, alle mit Pistolen und Musketen bewaffnet. Und sie mußten sehr genau beobachtet haben, daß die Arwenacks ihre Lang- und Kurzwaffen bereits abgefeuert und noch nicht nachgeladen hatten.

      Hasards bulliger Gegner kriegte Oberwasser. Das breitflächige Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. Hasard wußte, in welche Klemme er geriet. Er war der einzige, der noch