Seewölfe Paket 28. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399963
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Tür und achtete darauf, daß von dort niemand dem Seewolf in den Rücken fallen konnte.

      „Üzürgül?“ rief Hasard scharf. „Üzürgül, hörst du mich? Ich weiß, daß du da drin bist! Es gibt keinen Weg auf die andere Seite. Komm heraus!“

      Es blieb still.

      „Ich gebe dir noch eine Minute Zeit!“ fuhr der Seewolf mit lauter Stimme fort. „Du erhältst die Chance für einen fairen Zweikampf. Da kannst du zeigen, was du mit dem Säbel leistest! Nimmst du mein Angebot nicht an, bin ich sofort zur Stelle und hole dich!“

      Wieder rührte sich nichts, und die Frist verstrich nahezu.

      Doch dann, unvermittelt, ertönte eine hohlklingende Stimme aus dem Gebäude.

      „Gut, gut, ich bin einverstanden! Aber wer gibt mir die Gewähr, daß ihr nicht auf mich schießt, sobald ich mich blicken lasse?“

      „Du hast mein Wort“, erwiderte Hasard. „Ein Wort, das gilt. Wir sind nicht gewohnt, auf jemanden zu schießen, der sich kaum wehren kann.“

      „Aufschneiderei!“ schrie Üzürgül. „Aber warte nur, Killigrew, du wirst deinen Hochmut mit dem Leben bezahlen!“

      Hallende, schnelle Schritte waren aus dem Haus zu vernehmen.

      Sekunden später stürmte Üzürgül aus einer offenen Tür in der Mitte der Gebäudewand. Sein Gesicht war gerötet und verzerrt. Den Krummsäbel hielt er hoch erhoben. Mit langen Sätzen schnellte er auf den Seewolf los, der ihn gelassen lächelnd erwartete.

      Dem ersten, viel zu ungestümen Hieb, wich Hasard geradezu mühelos aus.

      Üzürgül wurde vom eigenen Schwung vorwärts gerissen. Er stolperte auf die Außenmauer zu und schaffte es mit knapper Not, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

      Hasard hatte sich lächelnd umgedreht. Seinen Drehling hatte er wieder am Gurt verstaut. Der Entersäbel lag schwer und ruhig in seiner Rechten.

      „Mit blinder Wut richtet man selten etwas aus“, sagte er ruhig. „Ich empfehle dir dringend, dich zusammenzureißen, Üzürgül, sonst stehst du dies keine zwei Minuten lang durch.“

      Das Gesicht des Türken wurde zur haßerfüllten Fratze. Er stieß sich von der Außenmauer ab und bewegte sich auf seinen Todfeind zu – langsamer jetzt.

      „Du hast alles für mich zerstört!“ zischte Üzürgül mit bebender Stimme. „Das Werk meines Lebens hast du zerstört. Dafür wirst du sterben, verfluchter Bastard!“

      Hasard lächelte herausfordernd spöttisch.

      „Was du als Werk deines Lebens bezeichnest, war auf Unrecht aufgebaut. Du mußtest damit eines Tages Schiffbruch erleiden. Das passiert allen Halunken von deiner Sorte. Früher oder später gehen sie vor die Hunde. Du siehst es an dir selbst. Ein jämmerliches Häufchen Elend bist du, und das ist alles, was von deiner hinterhältigen Streitmacht übriggeblieben ist. Du solltest dich sehen. Himmel, vielleicht müßte ich Mitleid mit dir haben!“

      Die sarkastischen Worte des Seewolfs steigerten den Haß Üzürgüls in einem Maße, das für ihn unerträglich wurde. Etwas, das ihn bis eben noch zur Vorsicht gemahnt hatte, zerriß in seinem Innern.

      Mit einem gellenden Schrei stürmte er abermals auf den Seewolf los.

      Hasards Bewegung war elegant, als er der sausenden Klinge auswich. Wieder ließ er Üzürgül leerlaufen.

      Doch jetzt nahm er sich für Geplänkel keine Zeit mehr. Er setzte nach und stellte den Türken an der Hauswand.

      Die Säbelklingen klirrten aufeinander. Üzürgül keuchte und führte seine Attacken mit zunehmend verzweifelter Willenskraft. Seine Hiebe wurden ungenauer, und mit jeder Parade, die dem Seewolf scheinbar wie von selbst glückte, steigerten sich Panik und Haß in Üzürgül.

      Er versuchte einen wahnwitzigen Ausfall. Seine Bewegung war zu heftig, zu schlecht kontrolliert. Hasard konnte sich nur durch eine Gegenattacke vor dem zischenden Krummsäbel bewahren.

      Der Cutlass tötete Üzürgül auf der Stelle.

      Es war schon kein Leben mehr in ihm, als er zu Boden sank, und neben einem seiner heimtückischen Pistolenschützen liegenblieb.

      Hasard und Don Juan verschwendeten keine Zeit an dem Ort, der ihnen fast zum tödlichen Hinterhalt geworden wäre. Eine Rechnung war beglichen.

      Außer der Übernahme von Proviant und Trinkwasser gab es nichts mehr, was sie noch in Kuweit hielt.

      Am frühen Nachmittag desselben Tages segelte die „Santa Barbara“ bereits aus dem Hafen in den Persischen Golf hinaus.

      Kurs Abadan lag an …

      ENDE

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       1.

      Zornig spuckte der Bandenhäuptling ins Feuer. „Fraß“, murmelte er. „Nichts als Dreck. Lieber hungre ich. Seit Wochen keine gute Beute mehr – beim Scheitan, das geht nicht mit rechten Dingen zu!“

      Datteln, nur Datteln – mehr gab die Natur für die Kerle nicht her. Sogar beim Angeln hatten sie in den letzten Tagen unglaubliches Pech gehabt. Es war, als habe sie ein Fluch getroffen, als wollten die Götter sie langsam verrecken lassen.

      Daher stellte sich Ebel, der bärtige Hüne, die prinzipielle Frage: hatte es einen Wert, als Schnapphahn sein Fell zu riskieren? Was brachte es ihm ein? Praktisch nagte er am Hungertuch. Die goldenen Zeiten, in denen man ein Handelsschiff nach dem anderen überfallen konnte, waren vorbei.

      Viele Kauffahrer, die früher mit ihren Schiffen den Tigris hinaufgesegelt waren, hatten jetzt andere Ziele. Die Flußfahrt war ihnen zu beschwerlich geworden, und Städte wie Bagdad boten nicht mehr die Gewinne von einst, wenn man dort auf dem Bazar seine Waren verkaufte.

      Ausländische Handelsleute hatten sich deswegen neuen, besseren Absatzmärkten zugewandt. Im übrigen hatten sie Angst vor der Bedrohung durch die Galgenstricke an der Piratenküste. Die Überfälle hatten dort überhandgenommen, so daß viele Segler den Golf von Persien ohnehin mieden.

      Zumindest war dies die Vorstellung, die Ebel Schachnam hatte. Verdammte Giaurs, dachte er, ungläubige Hunde, der Scheitan soll euch alle holen. Wieder spuckte er aufgebracht aus.

      Seine Kerle rückten vorsichtshalber von ihm ab. Sie wollten nicht ähnlichen Ärger wie Haschira bekommen. Der Grinser hatte sich derweil wieder aufgerappelt und schüttelte die Schmerzen ab. Er konnte schon wieder grinsen.

      Hat ein dickes Fell, der Bastard, dachte Güner, der Kurde. Güner war ein schlanker Mann mit langen, sehnigen Armen – einer der kühnsten und wendigsten Kämpfer der Meute. Ebel Schachnam schätzte ihn, und im Grunde war Güner so etwas wie ein Berater, eine rechte Hand für ihn.

      Aber Ebel, der Häuptling, wußte auch, daß er sich vor dem Kurden in acht zu nehmen hatte. Nicht immer stand der Kerl auf seiner Seite. In Augenblicken wie diesem hätte Güner, seinem Anführer liebend gern ein Messer zwischen die Rippen gestoßen, denn er haßte Ausbrüche wie den, dessen Zeuge sie eben gewesen waren.

      Ebel Schachnam schien sich zu einem Entschluß durchgerungen zu haben. Er fuhr zu seinen Kerlen herum.

      „Los, macht die Guffas klar!“ herrschte er sie an. „Wir versuchen es noch einmal!“

      „Jetzt?“ fragte einer der Kerle verdutzt.

      „Hast du Datteln in den Ohren?“ fauchte Ebel ihn an.

      „Los, beeilt euch“, sagte Güner. „Vielleicht stoßen wir weiter flußabwärts auf einen Kahn, den wir ausplündern können.“

      Die Kerle fügten sich. Es war ihnen nicht ganz geheuer, um diese Stunde auf Beutezug zu gehen. So grausam und skrupellos sie auch waren