Seewölfe Paket 28. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399963
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Form herein, die dem Seewolf nun schon vertraut war und sich je nach Stand der Sonne länger oder kürzer abzeichnete.

      „Ihr bleibt draußen“, sagte Üzürgül, als noch lediglich seine Beine zu sehen waren. „Wir wollen unseren Gast nicht unnötig einschüchtern.“ Dann erst bückte er sich und schlüpfte ins Zelt. Die Leibwächter, die ihn begleitet hatten, schlugen das Fell zu.

      Üzürgül richtete sich zu voller Größe auf und blinzelte, bis sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Er verschränkte die Arme vor der Brust.

      Hasard blieb, wo er war. Er hatte sich Decken und Kissen so zurechtgelegt, daß sie ihm am Boden eine sitzende Haltung ermöglichten. Er konnte nicht den ganzen Tag herumliegen oder stehen.

      In diesem Augenblick dachte er nicht daran, sich etwa vor dem Türken zu erheben, wie es bei dessen Gefolgsleuten der Respekt geboten hätte.

      Üzürgül schien seine Gedanken zu ahnen. Der Anführer der Küstenhaie ging in die Hocke, drei Schritte von dem Seewolf entfernt.

      „Da wir miteinander sprechen wollen, halte ich es für sinnvoll, daß wir uns auf einer Ebene befinden, Mister Killigrew.“

      Hasard lächelte kaum merklich.

      „Die Absicht ist einseitig, Üzürgül. Wer gibt Ihnen die Gewißheit, daß ich an einer Unterhaltung mit Ihnen interessiert bin?“

      „Niemand braucht mir die Gewißheit zu geben“, entgegnete der Türke stolz. „Ich habe sie. Oder interessiert es Sie etwa nicht, daß ein Suchkommando Ihrer Crew zweimal an unserem Stützpunkt vorbeigesegelt ist – flußaufwärts – und -abwärts?“

      Hasard zog die Brauen hoch, er konnte nichts dagegen tun. In diesem Fall konnte er seine Überraschung nicht verbergen.

      „Sehr gut“, sagte er. „Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann meine Freunde mich finden.“

      Üzürgül grinste herablassend.

      „Das glaube ich nicht. Sie sind vorbeigesegelt wie Blindfische. Da sie nichts gesehen haben, was ihren Verdacht erregt hat, werden sie hierher auch nicht zurückkehren.“

      Hasard dachte an den hervorragend getarnten Eingang zur Nebenbucht. Der Schlupfwinkel war von der Wasserseite her praktisch unaufspürbar. Es war also durchaus möglich, daß die Männer von der „Santa Barbara“, nichts gesehen hatten. Denkbar war aber auch, daß sie eine taktische List angewendet hatten.

      Falls sie doch etwas von dem Schlupfwinkel bemerkt hatten, konnten sie die Ahnungslosigkeit nur gespielt haben, um die Galgenstricke in Sicherheit zu wiegen. Folgerung daraus war, daß bald ein größerer Trupp von der „Santa Barbara“ erscheinen würde, um Üzürgüls Hauptquartier auseinanderzunehmen.

      „Schenken wir uns gegenseitige Prophezeiungen“, sagte der Seewolf. „Die allernächste Zukunft wird zeigen, wer von uns beiden recht hat.“

      „Für Sie wird es eine trübe Zukunft werden“, sagte Üzürgül und nickte. „Davon bin ich fest überzeugt. Muß kein schönes Gefühl sein, mit seinen Leuten zu rechnen und dann von ihnen im Stich gelassen zu werden. Aber wer weiß …“ Er hob die Arme und kehrte seinem Gefangenen die Handflächen zu. „Vielleicht sehen Sie Ihre Mannschaft und Ihr Schiff rascher wieder, als Sie glauben.“

      Hasard stützte sein Kinn in die linke Hand und sah den Türken forschend an.

      „Das klingt nach einer gut eingespielten Prozedur“, sagte er gedehnt. „Ich nehme an, ich bin nicht der erste Kapitän, der Ihre – hm – Gastfreundschaft genießt.“

      „Oh, keineswegs!“ rief Üzürgül und lachte. „Ich verhehle nicht, daß uns die Nebelzone dieses Küstengebiets außerordentlich reiche Erträge beschert. Vom indischen Kaufmann bis zum portugiesischen Generalkapitän haben wir uns schon so ziemlich alles geschnappt, was einen prächtigen Profit versprach.“

      „Und das selbstgesetzte Versprechen wurde erfüllt?“

      „In fast allen Fällen. Dieser besagte Generalkapitän war ein Narr. Hat es doch tatsächlich vorgezogen, sich selbst umzubringen, bevor wir einen Handel abschließen konnten. Es muß eine verschrobene Art von Ehrgefühl sein, die einen Mann zu solchem Handeln treibt.“

      „Nur ein bißchen von solchem Ehrgefühl würde Ihnen zweifellos gut zu Gesicht stehen“, sagte Hasard unverblümt.

      Ahmet Üzürgül lachte schallend.

      „Ich bewundere Ihren mutigen Humor, Mister Killigrew. Ehre sieht für mich anders aus. Zum Beispiel, daß ich mich an vereinbarte Bedingungen halte. Alle, mit denen ich einen Handel abgeschlossen habe, sind unbeschadet auf ihr Schiff zurückgekehrt.“

      „Was für ein Handel?“

      „Ich bin an Schiffsladungen interessiert. Ausschließlich. Einen kompletten Segler zu kapern, ist für mich abwegig. Wir könnten damit für unsere Zwecke nichts anfangen. Nein, wir haben genügend kleine Fahrzeuge, mit denen wir einen Groß Segler leichtern können. Die Ware wird dann auf dem Landweg weiterveräußert. Eigentlich habe ich Ihnen schon zuviel erzählt, Mister Killigrew.“

      „Nichts, was ich mir nicht selbst zusammengereimt hätte. Und nun?“

      „Was meinen Sie damit?“

      „Sind Sie nur deshalb hier, um mir Ihre Machenschaften zu schildern?“

      „Aber nein, keineswegs.“ Üzürgül grinste wieder. „Zunächst einmal mußte ich herausfinden, wie es mit Ihrer Bereitwilligkeit zur Zusammenarbeit aussieht. Ich denke, wir beide kommen gut miteinander zurecht.“

      „Davon würde ich nicht überzeugt sein.“

      „Ich bin es, ich bin es!“ erwiderte Üzürgül lachend. Mit einem kurzen Pfiff rief er einen seiner Leibwächter herein.

      Der Mann brachte Papier und Schreibutensilien und stellte die Sachen vor dem Seewolf auf den Teppich.

      „Ich verstehe“, sagte Hasard. „Sie denken, ich fange jetzt an, zu hoffen.“

      „Weil Sie ihren Freunden eine Nachricht schreiben werden?“ Üzürgül schüttelte den Kopf. „Kein Grund zur Hoffnung, sage ich. Ich beherrsche Ihre Sprache. Das dürfen Sie nicht vergessen. Jede versteckte Mitteilung werde ich sofort erkennen.

      „Ich hatte gedacht, ich könnte auf spanisch schreiben“, entgegnete Hasard spöttisch.

      Üzürgül faßte es als ernstgemeint auf.

      „Da muß ich Sie leider enttäuschen. Sie werden auf englisch schreiben. Und zwar nur ein paar Worte: Ich bin am Leben und unverwundet. Mir geht es gut. Bitte erfüllt alle Bedingungen, die die Überbringer dieses Briefes euch stellen.“

      Hasard wiederholte den Text und griff zum Federkiel. Für das Papier hatte der Leibwächter eine hölzerne Unterlage mitgebracht. Der Seewolf begann zu schreiben. Dann hob er noch einmal den Kopf.

      „Ich könnte ein geheimes Zeichen einbauen“, sagte er und sah den Türken blinzelnd an.

      Üzürgül schüttelte den Kopf.

      „Sie verwenden nur völlig normale Buchstaben. Wenn nicht, schreiben Sie alles noch einmal.“

      Hasard setzte eine zerknirschte Miene auf und nickte. Die Buchstaben, die er schrieb, waren geradlinig und ohne Schnörkel. Nichts davon konnte den Verdacht Üzürgüls erwecken. Er unterzeichnete mit „Hasard“. Üzürgül konnte nicht ahnen, daß die Schreibweise des „H“, in einem bestimmten Winkel schräggeneigt, eine eigenständige Bedeutung hatte, die nur die Mitglieder des Bundes der Korsaren kannten.

      Die Stunden flossen träge dahin.

      Obwohl die Männer an Bord der „Santa Barbara“ mit neuen Vorbereitungen beschäftigt waren, konnten sie die niedergeschlagene Stimmung nicht vermeiden. Ben Brighton hatte entschieden, daß neue Trupps zur gründlicheren Suche noch an diesem Tag aufbrechen sollten.

      Dan O’Flynn war in den Großmars