Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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Gefühl wieder loszukriegen. Ob das eine Krankheit ist, was, wie?“

      „Wie man’s nimmt, Ed“, entgegnete Hasard hinterhältig. „Die stinkende, schwarze Salbe, die der Kutscher zubereitet hat, soll dagegen schon geholfen haben. Man muß nur beide Hände bis an die Ellbogen hineinstecken.“

      „Gott bewahre mich!“ entfuhr es dem Profos. „Von dieser Stinkschmiere dampft mir jetzt noch die Nase, wenn ich nur an die Zeit in der Krankenkammer zurückdenke. Du wirst mich doch nicht dem Kutscher ausliefern wollen, was, wie?“

      „Das hängt ganz davon ab, wie lange das Kribbeln anhält, Ed. Aber vielleicht finden wir auch noch eine andere Möglichkeit, es wieder loszuwerden.“

      Edwin Carberry atmete auf.

      „Ganz bestimmt, Sir, davon bin ich überzeugt!“ Er rieb sich unternehmungslustig die riesigen Pranken.

      Der Seewolf hatte durchaus Verständnis dafür, daß seinen Männern die Wut hochstieg, wenn sie das brutale, menschenunwürdige Treiben am Strand beobachteten. Schließlich empfand er das auch nicht anders. Aber sie konnten deshalb nicht einfach die Kanonen ausrennen und einige Kugeln in die Menge donnern. Das würde mit Sicherheit unschuldige Menschen, Frauen und Kinder erwischen. Also mußte zunächst die weitere Entwicklung der Dinge abgewartet werden. Zum Glück wurde ja niemand umgebracht, sondern man trieb die Menschenmenge lediglich zur Arbeit an. Zur Zwangsarbeit, versteht sich.

      Von der „Wappen von Kolberg“ löste sich ein Boot, Arne von Manteuffel ließ sich zur „Isabella“ übersetzen. Offenbar hatte auch er angesichts dieser Machenschaften das Bedürfnis, sich mit seinem Vetter zu besprechen.

      Kurze Zeit später enterte er an Bord und eilte zum Achterdeck. Sein Gesicht wirkte kantig vor Wut.

      „Mir juckt es gewaltig in den Fingern“, sagte er und Nils übersetzte.

      „So was Ähnliches habe ich heute schon mal gehört“, erwiderte Hasard und warf einen vielsagenden Blick auf seinen Profos.

      Dieser nickte eifrig.

      „Siehst du, Sir“, sagte er, „diese Krankheit ist sogar ansteckend!“

      Arne deutete zum Strand hinüber.

      „Das sind polnische Soldaten“, erklärte er, „und der Bernstein, der dort gefunden wird, wandert in die Schatzkammer der polnischen Krone. Die armen Küstenbewohner kriegen nicht den geringsten Lohn für das Einsammeln, sondern werden mit Fußtritten, Peitschenhieben und Knüffen abgespeist.“

      Damit übertrieb Arne von Manteuffel nicht, denn auch die Seewölfe beobachteten, wie die Frauen sogar ins Wasser waten mußten, um die noch schwimmenden Tanginseln mit langen Haken an Land zu ziehen. Der Strand wurde regelrecht abgegrast. Bei den Bewachern handelte es sich offensichtlich um brutale, verrohte Kerle, denen es eine sadistische Freude bereitete, Gewalt auszuüben und die ihnen hilflos ausgelieferten Leute zu schikanieren.

      Zwei Offiziere ritten lässig hinter dem Haufen her. Ihre Aufgabe war es, darüber zu wachen, daß keiner der armen Menschen heimlich ein Stück Bernstein verschwinden ließ. Die Funde wanderten fein säuberlich in Ledersäcke, mit denen Lastpferde behangen waren.

      „Das Bild ist typisch“, knurrte Arne. „Was ihr hier seht, ist ein Teil des sogenannten Bernsteinregals, das der polnische König Sigismund III. für sich beansprucht.“

      „Ich verstehe das nicht ganz“, sagte Hasard. „Dieses Land ist doch nicht polnisch, was haben also die Polen hier zu suchen?“

      Arne lächelte erbittert.

      „Deine Frage ist berechtigt“, erwiderte er. „Doch es gibt da einige Zusammenhänge und Hintergründe, die uns das Treiben dort drüben zumindest in politischer Hinsicht erklären. Das Herzogtum Preußen, zu dem auch das Samland gehört, ist ein Lehen der polnischen Krone an die Herzöge von Preußen. Demnach hat Sigismund III. das Sagen, und wenn er das Bernsteinregal für sich beansprucht, dann hat der Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg, der das Herzogtum zur Zeit anstelle seines blödsinnig gewordenen Vetters Albrecht Friedrich von Preußen regiert, nichts dagegen zu vermelden. Würde er gegen diese Machenschaften aufmucken, könnte er schnell das Lehen verlieren. Und das wird er wegen des Bernsteins wohl kaum riskieren wollen.“

      „So ist es überall“, sagte Hasard. „Wer die Macht hat, kann die Puppen tanzen lassen!“

      Arne nickte. Die Wut in seinem Gesicht war unverkennbar. Er hatte beide Hände zur Fäusten geballt.

      „Am liebsten würde ich das Soldatenpack in Grund und Boden schießen!“ stieß er hervor. „Aber leider geht das nicht, wenn wir die Samländer nicht in Gefahr bringen wollen.“

      Die beiden Galeonen, die in Strandnähe vor Anker lagen, waren natürlich längst von den polnischen Soldaten gesichtet worden. Nur konnte sich offenbar noch niemand einen Reim darauf bilden, was die fremden Schiffe hier wollten. Waren die Besatzungen vielleicht auch hinter dem kostbaren Bernstein her? Was anderes gab es hier schließlich nicht zu holen.

      Einer der beiden Offiziere jagte nach kurzer Besprechung voraus. Er schien es plötzlich sehr eilig zu haben, denn er dachte nicht daran, seine Richtung zu ändern, als es ein älterer Mann nicht mehr schaffte, ihm rechtzeitig auszuweichen. Er ritt ihn einfach über den Haufen und zügelte sein Pferd erst in der Nähe jener Stelle, wo die Seewölfe den schwerverletzten Mann gefunden hatten.

      Der Offizier dirigierte sein Pferd sogar noch einige Schritte ins seichte Wasser, dann stellte er sich in die Steigbügel.

      „Was wollt ihr hier?“ brüllte er zu den beiden Galeonen hinüber. „Seht zu, daß ihr verschwindet, und das ein bißchen plötzlich!“

      Ein richtiger Schreihals war das – aufgeblasen, wichtigtuerisch und arrogant.

      Die Seewölfe spuckten ob des lächerlichen Reiterleins verächtlich ins Wasser.

      „Dieser Eierkopf bildet sich wohl ein, daß wir vor lauter Angst über Bord springen und davonschwimmen, was, wie?“ sagte Carberry. „Der soll lieber aufpassen, daß niemand von uns husten muß, sonst wird er von seinem verlausten Ziegenbock geblasen!“

      „Eine Flaschenbombe sollte man diesem Kerl vor die Füße werfen“, meinte Ferris Tucker. „Nur so zum Erschrecken!“

      Edwin Carberry grinste.

      „Dem geht doch der Schreck glatt in die Hose“, sagte er sachkundig. „Dann stinkt sein alter Ackergaul noch mehr!“

      Bis jetzt hatte sich niemand bequemt, dem gespreizten Gockel von einem Offizier eine offizielle Antwort zu geben. Das schien ihn erst richtig in Fahrt zu bringen.

      „Wollt ihr endlich eure verdammten Mäuler aufreißen?“ brüllte er. „Ich habe euch gefragt, was ihr hier zu suchen habt!“

      Nun ergriff Arne von Manteuffel, der die polnische Sprache beherrschte, das Wort.

      „Warum so neugierig, Freund?“ brüllte er zurück. „Wir haben hier nur geankert, weil der Kapitän dieses Schiffes den plötzlichen Drang verspürte, an dieser wunderschönen Küste Eier zu legen!“

      Infernalisches Gelächter donnerte über das Wasser. Die Seewölfe hieben sich auf die Schenkel, und Arnes Männer auf der „Wappen von Kolberg“ hingen lachend am Schanzkleid.

      Der polnische Offizier fiel vor Wut fast vom Pferd, als er merkte, daß er verulkt wurde. Das Tier begann zu tänzeln, bis das Wasser an seine Stiefel hochspritzte. Der arrogante Kerl stieß einige Flüche aus, schwang drohend eine Faust und gab dann seinem Pferd die Hacken.

      Er jagte südwärts – vorbei an dem jämmerlichen Haufen, aus dessen Reihen trotz der Peitschenhiebe einiger Soldaten ebenfalls Gelächter drang. Nicht einmal bei seinem Offizierskollegen zügelte er sein Pferd. Die Wut über die schmachvolle Abfuhr, die man ihm erteilt hatte, ließ ihn wie ein Wilder davonpreschen.

      „Das wird noch ein Nachspiel haben“, sagte Hasard. „Aber bitte sehr – wir sind darauf eingerichtet, unseren Standpunkt zu vertreten!“

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