Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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Strakuweits Augen leuchtete plötzlich blanker Haß.

      „Ich habe diese Steine nicht in Polen aufgesammelt, sondern in meiner eigenen Heimat!“ rief er. „Sie gehören den Menschen, die hier wohnen und darben und oft nicht wissen, wie sie ihre Frauen und Kinder ernähren sollen. Ihr aber würdet am liebsten noch den Nackten die Kleider ausziehen!“

      Die Kerle lachten erneut.

      „Hört, hört!“ rief der Hagere. „Der Kerl spuckt Töne, als wäre er selber ein König. Ich bin mal gespannt, ob er auch noch so eine große Lippe riskiert, wenn er erst in Fischhausen am Galgen zappelt. Hoffentlich zieht man ihm dort den Hals hübsch lang, damit er die Früchte seiner Arbeit auch richtig genießen kann!“

      Fritz Strakuweit sah plötzlich rot.

      „Ihr verdammten Schweinehunde!“ brüllte er. Dann senkte er den Kopf und warf sich dem Hageren entgegen. Seine Rechte umklammerte noch immer den großen Bernstein, den er jetzt als Waffe einzusetzen gedachte. Schließlich hatte er nichts mehr zu verlieren – außer seinem Leben, und das war ohnehin verwirkt.

      Die Polen ließen ihm jedoch keine Chance.

      Noch bevor er den Hageren erreichte, versetzte ihm der Soldat, der rechts von ihm gestanden hatte, einen brutalen Kolbenstoß in den Nakken.

      Er brach mit einem Aufstöhnen zusammen und fiel bäuchlings auf den nassen und glitschigen Seetang. Vor seinen Augen begann sich ein Rad aus feurigen Sternen zu drehen, unter seiner Schädeldecke klopfte und hämmerte es, als würde man ihn mit Schmiedehämmern bearbeiten. Doch er wurde nicht besinnungslos, sondern blieb wie gelähmt auf dem Gemisch von Tang und Sand liegen.

      Die Stimmen der Polen drangen wie aus weiter Ferne an Strakuweits Ohren. Die Kerle unterhielten sich in ihrer Muttersprache, doch der niedergeschlagene Deutsche konnte sie verstehen. Trotz seiner Benommenheit registrierte er jedes Wort.

      „Der hält uns tatsächlich für so blöd und glaubt, daß wir die Steine abliefern“, hörte er den Hageren sagen.

      „Soll er doch glauben, was er will“, entgegnete ein anderer. „Ich für meinen Teil denke nicht daran, das Zeug der Krone in den Rachen zu stopfen. Fetten Gänsen soll man schließlich nicht die Ärsche schmieren!“ Er lachte meckernd.

      „Der Meinung bin ich auch“, ließ sich der dritte im Bunde vernehmen. „Am besten, wir teilen das Zeug und pusten dem Kerl eine Kugel zwischen die Rippen. So haben wir wenigstens etwas davon. Wenn sie ihn in Fischhausen aufhängen, nutzt uns das wenig.“

      „Wir sind uns also nach wie vor einig“, sagte der Hagere. „Auf was warten wir dann noch? Los, laßt uns die hübschen Steinchen brüderlich teilen, danach servieren wir den Lumpenkerl ab. Wir sind hier allein auf weiter Flur, es gibt keine Zeugen, und niemand kann uns was anhaben.“

      Fritz Strakuweit krampfte die Fäuste zusammen. So langsam fühlte er, wie seine Bewegungsfähigkeit in ihn zurückkehrte. Sein Nacken schmerzte nach wie vor, aber das dumpfe Hämmern im Kopf hatte merklich nachgelassen.

      Diese verdammten Schweinehunde! dachte er. Die hatten von Anfang an vor, sich selbst zu bereichern!

      Eine ohnmächtige Wut strömte durch seinen Körper. Was konnte er tun? Die Kerle waren zu dritt und außerdem schwer bewaffnet. Er aber lag mit heftigen Schmerzen am Boden, fast so wehrlos wie ein neugeborenes Kind. Daß er nun doch nicht am Galgen enden sollte, war nur ein schwacher Trost für ihn, wenn er dafür eine Musketenkugel in Kauf nehmen sollte. Das Sterben bereitete weder auf die eine noch auf die andere Weise Spaß.

      Hinter Strakuweits Stirn jagten sich die Gedanken. Er mußte auf jeden Fall versuchen, sein Leben zu retten, auch wenn seine Chancen sehr gering waren. Er wollte nicht einfach hilflos von den Halunken abgeschossen werden. Vielleicht gelang es ihm, sich wenigstens einen dieser Kerle zu schnappen und ihm die Muskete zu entreißen, während sich die anderen damit beschäftigten, den Sack voller Bernsteine unter sich aufzuteilen.

      Ja, er mußte es versuchen, und zwar sofort.

      Vorsichtig öffnete er die Augen eine Spaltbreite, um die Lage zu peilen.

      Einer der Polen stand nur wenige Schritte von ihm entfernt. Es war derjenige, der ihn niedergeschlagen hatte. Die beiden anderen, darunter der Hagere, stützten sich, auf ihre Musketen und schickten sich gerade an, den Sack auszuleeren.

      Jetzt oder nie! sagte sich Fritz Strakuweit und warf sich trotz der aussichtslosen Lage und der stechenden Nackenschmerzen blitzschnell herum. Es gelang ihm, aufzuspringen. Dann warf er sich mit dem Mut der Verzweiflung auf den Soldaten, der ihm am nächsten stand.

      Dieser bemerkte den überraschenden Angriff des Deutschen verhältnismäßig früh und versuchte, seine Muskete herumzureißen und abzufeuern. Doch Strakuweits Hände hatten die Waffe bereits gepackt.

      Während ein erbittertes „Tauziehen“ begann, wirbelten die beiden anderen Soldaten herum und brachten ihre Musketen in Anschlag. Aber sie konnten nicht schießen, ohne dabei ihren Genossen zu treffen.

      Der Hagere schätzte die Lage sofort richtig ein. Er drehte seine Waffe um und packte sie am Lauf.

      „Wir schlagen den Hund tot!“ zischte er wütend. Gleichzeitig stürmte er auf Strakuweit zu, der seinem Gegner gerade einen heftigen Tritt gegen das Schienbein verpasste.

      Der Soldat stieß einen lauten Schmerzensschrei aus, verzog sein Gesicht zu einer haßvollen Grimasse und ließ die Muskete reflexartig los.

      Doch dieser Sieg nutzte dem Deutschen nichts mehr.

      Die beiden anderen Polen erreichten ihn fast gleichzeitig. Dann schlugen sie hart mit den Kolben ihrer Waffen zu.

      Strakuweits Hände wurden schlaff und ließen die erbeutete Muskete in den Sand fallen. Aus seinem Mund drang ein gurgelnder Laut, dann sank er blutüberströmt zu Boden. Die beiden Soldaten hatten ihn mit mehreren wuchtigen Hieben am Schädel erwischt, aus einer Platzwunde schoß Blut.

      Fritz Strakuweit rührte sich nicht mehr. Sein Körper lag seltsam verkrümmt im Sand, die Augen waren geschlossen.

      „Der hat genug“, sagte der Hagere. „Hätte gar nicht gedacht, daß der Kerl so gefährlich ist. Am besten, wir schnappen uns jetzt den Sack und verschwinden von hier. Teilen können wir auch noch woanders.“

      „Soll ich ihm noch eine Kugel verpassen?“ fragte derjenige, der von Strakuweit angegriffen worden war.

      „Nicht nötig“, erwiderte der Hagere, der noch einen raschen Blick auf den blutüberströmten Deutschen warf. „Der ist mausetot und klaut bestimmt keine Bernsteine mehr!“

      Diese Feststellung des beutelüsternen Halunken sollte sich jedoch schon recht bald als folgenschwerer Irrtum erweisen.

      5.

      Die Ausläufer des nächtlichen Sturms hatten die „Isabella IX.“ und die „Wappen von Kolberg“ stark an die Küste versetzt. Ein Beidrehen der Galeonen war jedoch nicht notwendig geworden, weil man die Segel stark verkürzt hatte, damit sie nicht von den tobenden Naturgewalten in Fetzen gerissen wurden.

      Jetzt, am Morgen des 2. April, klüsten die beiden Schiffe wieder unter vollem Zeug an der Küste südwärts und entschieden sich schließlich dafür, bei dem herrschenden Westwind auf Kreuzkurs zu gehen, um quer über die Danziger Bucht zu segeln.

      In der Höhe von Palmnicken, einem kleinen, gottverlassenen Küstennest, gingen die Segler auf ihren ersten Kreuzschlag.

      Die „Isabella“ hatte gerade mit dem Anluven begonnen und drehte das Heck dem Land zu, da begann sich Gary Andrews, der im Hauptmars Ausguck hielt, zu rühren.

      „Deck!“ rief er und drehte mit hastigen Bewegungen an der Optik seines Spektivs. „Am Strand liegt jemand! Sieht aus wie eine Leiche, die angetrieben worden ist. Um ein Haar hätte ich die Gestalt nicht gesehen.“

      „Täuschst du dich auch nicht?“ fragte Ben Brighton zurück. „Vielleicht