Seewölfe Paket 18. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397761
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mit ihrer Galeone lag, die gefährlicher, entschlossener und gerissener war, als jeder Gegner, der zuvor die Schlangeninsel bedroht hatte.

      Als Mister Boyd mit seinem Bericht fertig war, starrte der Boston-Mann eine Weile schweigend vor sich hin.

      „Es hilft nichts, wir müssen zur Insel zurück“, sagte er dann. „Die Sonne hat längst ihren höchsten Punkt am Himmel überschritten. Ich bin überzeugt, daß diese verfluchte Black Queen und dieser Caligula ihre Drohung wahrmachen werden. Aber was wir tun sollen, um dieser Schwarzen Bestie da drüben die Gefangenen wieder zu entreißen, ohne auf ihre Forderungen einzugehen, das weiß ich noch nicht. Und ich fürchte, wir haben auch nicht die geringste Chance …“

      Die donnernde Breitseite war nicht ungehört verhallt. Schwach, sehr schwach und fern nahm sie der Wikinger auf seinem Schwarzen Segler wahr. Und auch Karl von Hutten, der sich bei ihm an Bord befand, hörte sie.

      „Das war Kanonendonner!“ konstatierte der Wikinger und kratzte sich einer alten Gewohnheit folgend verblüfft am Helm.

      „Kanonendonner“, echote der Stör, der sich in seiner unmittelbaren Nähe befand, und handelte sich damit sofort einen wütenden Blick des Wikingers ein. Denn der konnte es nicht ausstehen, daß der Stör oft bruchstückweise wiederholte, was er sagte.

      „Ich habe es auch gehört, Thorfin“, stimmte Karl von Hutten ihm zu. „Und er kam genau von dort, wo die Schlangeninsel liegt …“

      „Schlangeninsel liegt, jawohl …“, echote der Stör, brachte sich aber schleunigst in Sicherheit, als der Wikinger wütend herumfuhr und ihn packen wollte.

      Aber dann lenkte ihn die „Le Vengeur III.“ Jean Ribaults ab, die von Luv herangesegelt und dann auf Rufweite verblieb.

      „Da hat jemand eine Breitseite abgefeuert!“ schrie der schlanke und für seine Wildheit berüchtigte Franzose. „Verdammt, wenn mich, nicht alles täuscht, Wikinger, dann ist bei der Schlangeninsel der Teufel los! Setz jeden Lappen, den du hast, ich laufe voraus. Wenn das die Queen sein sollte, dann wird sie der Teufel lotweise holen!“

      Jean Ribault brüllte ein paar Befehle, und die „Le Vengeur III.“, ranker und schneller als der mächtige Schwarze Segler, ging noch höher an den Wind und zog davon. Jerry Reves, der alles verstanden hatte, folgte ihr mit der „Tortuga“, die nahezu baugleich und ein Schwesterschiff der „Le Vengeur III.“ war.

      Der Wikinger fluchte, daß sogar Karl von Hutten und die vier Wikinger, die sich ebenfalls auf dem Achterdeck befanden, erbleichten.

      „Ramsgate wird das ändern!“ brüllte er voller Wut, und weckte damit seine junge Frau Gotlinde auf, die sich in ihre gemeinsame Kammer zurückgezogen hatte. Sie fuhr aus der breiten Koje empor, und eine steile Falte erschien über ihrer Nasenwurzel. „Das wäre ja gelacht“, hörte sie ihren Thorfin brüllen, „wenn mir in Zukunft jede lausige Nußschale auf und davon segeln würde. Beim großen Chan und bei allen seinen verdammten Zopfmännern, ich werde mit Ramsgate ein ernstes Wörtchen darüber reden!“

      Doch dann fuhr er herum.

      „Verdammt, was steht ihr da herum?“ fuhr er seine Wikinger an. „Sorgt dafür, daß jeder verdammte Lappen, den die Masten und Rahen tragen, gesetzt wird. Oder glaubt ihr, ich will erst bei der Schlangeninsel auftauchen, wenn die ‚Le Vengeur III.‘ und die ‚Tortuga‘ alles kurz und klein geschossen haben!“

      Die Wikinger sausten los. Es war nicht gut, dem Wikinger bei einer solchen Laune zu widersprechen.

      „Kurz und klein …“, wiederholte der Stör, und sprang kurzerhand über die Schmuckbalustrade aufs Hauptdeck hinab.

      Langsam beruhigte Thorfin sich wieder, und als seine Gotlinde endlich an Deck erschien, verzog er sein bärtiges Gesicht sogar zu einem freundlichen Lächeln. Aber das gelang ihm nicht so recht, denn die Sorge um die Schlangeninsel plagte ihn weit mehr, als er zuzugeben bereit war. Denn was er auf Tortuga alles erfahren hatte, das war keineswegs dazu angetan, ihn zu beruhigen.

      Auch der Schwarze Segler ging hoch an den Wind, und er schob eine gischtende, gewaltige Bugwelle vor sich her.

      Unterdessen wartete die Black Queen. Und sie wurde immer ungeduldiger, denn auf der Schlangeninsel rührte sich nichts.

      Eine Stunde nach der anderen verging – und schließlich kochte sie über.

      Mit einem Satz war sie auf dem Hauptdeck. Sie sprang genau wie der Stör einfach über die Schmuckbalustrade.

      „Packt sie!“ brüllte sie unbeherrscht, denn tief im Innern spürte sie, daß irgend etwas nicht mehr stimmte, daß man versuchte, sie hereinzulegen. Sie zeigte auf Arkana, und sofort waren zwei ihrer finsteren Gesellen da und rissen die Schlangenpriesterin von den Decksplanken hoch.

      „Bindet sie ans Großwant, aber so, daß man es auf der Schlangeninsel sieht. Nein – halt, legt ihr eine Schlinge um die Füße und zieht sie an der Großrah hoch. Und dann peitscht sie solange aus, bis sich da drüben etwas rührt. Das wollen wir doch mal sehen, ob die nicht zu Kreuze kriechen!“

      Caligula stand plötzlich neben der Queen.

      „Nein, Queen, nicht sie. Die Rote Korsarin, nimm die Rote Korsarin, diese Araukanerin …“

      Die Black Queen fuhr herum.

      „Ich gebe hier an Bord die Befehle, Caligula. Und wenn ich sage, zieht diese da hoch, dann wird sie hochgezogen. Sie und keine andere, verstanden …“

      Die Piraten hatten Arkana schon die Schlinge um die Füße gelegt. Aber einer der Kerle konnte es nicht lassen. Er packte den Lendenschurz und wollte ihn Arkana vom Körper reißen.

      Er kam nicht mehr dazu. Mitten in der Bewegung erstarrte er. Die Augen traten ihm aus den Höhlen, sein Herz begann zu jagen, und dann brach er plötzlich, wie vom Blitz gefällt zusammen.

      Gleich darauf packte dieselbe unheimliche Kraft die Black Queen. Sie spürte, wie ihr Herz sich im Brustkorb plötzlich zusammenkrampfte, wie ihr der Schweiß ausbrach und wie ihr die Augen aus den Höhlen quollen.

      Ächzend sank sie auf die Planken des Hauptdecks, und ihr Körper verfiel in wilde Zuckungen.

      Die Piraten brüllten, wichen zurück. Einer behinderte den anderen, sie fielen zum Teil übereinander.

      Caligula traute seinen Augen nicht. Und als er endlich begriff, was sich da vor seinen Augen abspielte, war es für ihn zu spät. Araua war heran. Mit dem Belegnagel schlug sie zu, ihre Fesseln hatte sie wie durch ein Wunder plötzlich abgestreift.

      In Caligulas Schädel explodierte etwas – und er dachte plötzlich wieder an den grellen Blitz, der die „Mocha“ zerrissen hatte, nachdem er mit seinen Brandpfeilen die Pulverfässer gezündet hatte, zu denen die breite, ausgestreute Pulverspur gelegt worden war. Dann wußte er nichts mehr – ganz im Gegensatz zur Black Queen.

      Sie sah die böse glühenden grünen Augen des Schlangengottes, und sie hörte seine Stimme, die schrecklicher war als jeder Donner, als jedes Unwetter und jede Seeschlacht, die sie erlebt hatte.

      „Ich verfluche dich, Black Queen. Mein Fluch wird dir überallhin folgen! Du hast es gewagt, dich an meiner Hohepriesterin zu vergreifen, dafür wirst du sterben … sterben … sterben …“

      Wie ein schauriges Echo klang dieses letzte Wort in ihr nach, und die Queen sackte ächzend zusammen. Wieder wand sich ihr Körper auf den Planken in wilden Krämpfen. Schaum trat ihr auf die Lippen.

      Immer noch brüllten und schrien die Piraten wild durcheinander, und das Gebrüll steigerte sich zum infernalischen Geheul, als Araua jetzt mit ein paar Schnitten ihrer Mutter die Fesseln durchtrennte. Aber das brachte die Piraten auch wieder zu sich, und sie stürmten vor, Schiffshauer, Entermesser und Belegnägel in den Fäusten.

      Araua und Arkana hatten keine Wahl – sie jagten über das Hauptdeck und hechteten über das Steuerbordschanzkleid ins Meer.

      Als ob alle tausend Teufel der Hölle losgelassen worden seien, so brüllten die Piraten vor Wut auf; Sie stürzten